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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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durchgehen, und in neunzig Sekunden hätte ich eine Antwort. Aber Kalifornien hat zweiunddreißig Millionen Einwohner. Es ist einer der schwierigsten Staaten. Könnte sein, daß ich da eine Sonderanfrage durchgeben muß. Komm, ich begleite dich hinaus. Das ist dann mein heutiger Trainingslauf.«
    »Sitzt das Hauptstandesamt in Sacramento?« Wir kämpften uns durch einen trostlosen Gang mit langen Schlangen verzweifelter Bürger, die auf soziale Unterstützung angewiesen waren.
    »Ja. Ich rufe den Kollegen dort an, sobald ich oben bin.«
    »Du kennst ihn also?«
    »Ja, sicher.« Sie lachte. »Wir sind im ganzen nur fünfzig und haben sonst niemanden, an den wir uns wenden müssen.«
    Am Abend führte ich Lucy ins La Petite France aus, wo wir uns genüßlich den Ratschlägen Pauls, des Küchenchefs, beugten, der uns zu einem köstlichen Lammspieß in Fruchtmarinade und einem 1986er Chäteau Gruaud Larose verurteilte. Für zu Hause versprach ich Lucy eine crema al cioccolato, eine herrliche Schokoladenmousse mit Pistazien und Marsala. Die hatte ich für kulinarische Notfälle immer im Gefrierfach.
    Vorher fuhren wir jedoch noch nach Shocko Bottom, einem Stadtbezirk, in dessen Nähe ich mich vor noch nicht allzu langer Zeit nie gewagt hätte, und wanderten beim milden Schein von altmodischen Laternen durch kopfsteingepflasterte Straßen. Man befand sich hier ganz in der Nähe des Flusses, und der mitternachtsblaue Himmel war mit Sternen übersät. Ich dachte an Benton und dann, jedoch aus völlig anderen Gründen, an Marino.
    »Tante Kay«, sagte Lucy, als wir auf einen Cappuccino bei Chetti's vorbeischauten, »kann ich einen Anwalt bekommen?«
    »Wozu?« fragte ich, obwohl ich es wußte.
    »Selbst wenn das FBI die Vorwürfe gegen mich nicht beweisen kann, bin ich für den Rest meines Leben unten durch.« Ihre Stimme klang entschlossen, doch ihren Schmerz konnte sie nicht verbergen.
    »Sag mir, was du möchtest.«
    »Einen einflußreichen Menschen, der mir hilft.«
    »Ich besorge dir einen«, sagte ich.
    Eigentlich wollte ich am Montag nach North Carolina zurückkehren, statt dessen flog ich nach Washington. Ich hatte ein paar Runden im FBI-Hauptquartier zu absolvieren, doch vor allem mußte ich dringend einen alten Freund sprechen. Senator Frank Lord und ich hatten dieselbe katholische High-School in Miami besucht, wenn auch nicht zur selben Zeit. Er war um einiges älter als ich. Unsere Freundschaft rührte aus der Zeit, als ich im Medical Examiner's Office im Dade County arbeitete und er dort Bezirksstaatsanwalt war. Als er dann Gouverneur und später Senator wurde, hatte ich meine Heimatstadt im Süden längst verlassen. Wir begegneten uns erst wieder, als er Vorsitzender des Rechtsausschusses im Senat wurde. Lord hatte mich als Beraterin hinzugezogen, als er für die bedeutungsvollste Strafgesetzvorlage in der Geschichte dieses Landes kämpfte, und auch ich hatte ihn schon einmal um Hilfe gebeten. Lucy wußte nicht, daß er seine Hand über sie gehalten hatte, denn ohne seine Intervention hätte sie wahrscheinlich nicht die Erlaubnis und auch nicht das positive akademische Gutachten für ihr Praktikum in diesem Herbst bekommen. Wie ich ihm nun die neueste Entwicklung beibringen sollte, war mir absolut schleierhaft. Kurz vor zwölf Uhr saß ich in einem Empfangszimmer mit roten Wänden, Perserteppichen und einem prächtigen Kristallüster auf einer Couch aus gechintztem Baumwollstoff und wartete auf ihn. Draußen auf dem mit Marmor ausgelegten Korridor hallten Stimmen, und ab und zu wagte ein Tourist einen Blick herein, in der Hoffnung, einen Blick auf einen Politiker oder eine andere wichtige Persönlichkeit im Senatsspeisesaal werfen zu können. Lord erschien pünktlich. Er wirkte energiegeladen und umarmte mich schnell und steif. Er war immer schon ein freundlicher und bescheidener Mensch gewesen, der eine deutliche Scheu hatte, Gefühle zu zeigen.
    »Jetzt haben Sie Lippenstift abbekommen.« Ich wischte die Spur von seinem Kinn.
    »Ach, lassen Sie ihn drauf, dann haben meine Kollegen was zu reden.«
    »Ich nehme an, das haben sie auch so reichlich.«
    »Schön, Sie zu sehen, Kay«, sagte er und führte mich in den Speisesaal.
    »Na, so schön vielleicht auch wieder nicht«, sagte ich.
    »Doch, ganz bestimmt.«
    Wir suchten uns einen Tisch an einem Fenster mit Glasmalerei, das George Washington auf einem Pferd zeigte. Die Speisekarte sah ich mir gar nicht erst an, denn sie änderte sich ohnehin nie.
    Senator Lord

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