Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
habe eine Fachausbildung in Pathologie mit besonderer Berücksichtigung der Gerichtsmedizin, wie Sie ja auch selbst bereits erwähnten, Mr. Coldwell. Deswegen würde ich es begrüßen, wenn Sie mich Dr. Scarpetta und nicht Mrs. Scarpetta nennen würden.«
    »Ja, Ma'am.«
    »Würden Sie bitte Ihre Frage wiederholen?«
    »Könnten Sie dem Gericht erklären, was es heißt, wenn jemand Kokain« - er sah auf seine Notizen - »und Benzoylecgonin im Blut hat?«
    »Benzoylecgonin ist das Abfallprodukt von Kokain. Das heißt, wenn das Opfer beides im Blut hatte, dann war ein Teil des Kokains bereits metabolisiert und ein Teil nicht«, erwiderte ich und entdeckte Lucy hinten in einer Ecke, das Gesicht zum Teil von einer Säule verdeckt. Sie sah jammervoll aus.
    »Was darauf hinweist, daß er chronisch rauschgiftsüchtig war, was auch die zahlreichen Einstiche bestätigen. Hieraus läßt sich folgern, daß mein Mandant in der Nacht zum 3. Juli einem äußerst gereizten, erregten und gewalttätigen Menschen gegenüberstand und ihm gar keine andere Wahl blieb, als sich selbst zu verteidigen.« Coldwell ging auf und ab, und sein geschniegelter Mandant beobachtete mich wie eine Katze vor dem Sprung.
    »Mr. Coldwell«, sagte ich, »das Opfer - Jonah Jones - wurde von sechzehn Kugeln aus einer sechsunddreißigschüssigen Neun-Millimeter- Tec-Nine durchsiebt. Sieben Schüsse haben ihn im Rücken getroffen, drei aus nächster Nähe, beziehungsweise aus aufgesetztem Lauf in den Hinterkopf. Meiner Meinung nach widerspricht das der Einlassung des Angeklagten, er habe zur Selbstverteidigung geschossen, zumal Mr. Jones auch noch einen Blutalkoholgehalt von 2,9 Promille hatte, beinahe das Dreifache des in Virginia gesetzlich zulässigen Wertes. Mit anderen Worten, die Motorik des Opfers und seine Einsichtsfähigkeit waren stark beeinträchtigt, als es angegriffen wurde. Offen gesagt wundert es mich, daß Mr. Jones sich überhaupt noch auf den Beinen halten konnte.«
    Coldwell drehte sich zu Richter Poe um. Man nannte ihn den »Raben«, und diesen Spitznamen hatte er schon, als ich nach Richmond kam. Auf seine alten Tage war er sie ziemlich leid, die Drogenhändler, die sich gegenseitig umlegten, die Kinder, die mit Waffen zur Schule gingen und im Bus aufeinander schossen.
    »Euer Ehren«, sagte Coldwell dramatisch, »ich beantrage, Mrs. Scarpettas letzte Bemerkung aus dem Protokoll zu streichen. Sie ist sowohl spekulativ als auch dazu angetan, die Jury negativ zu beeinflussen. Zudem liegt sie ohne Zweifel außerhalb ihrer Kompetenz.«
    »Also, Mr. Coldwell, ich weiß nicht, ob das, was Dr. Scarpetta vorzutragen hat, außerhalb ihrer Kompetenz liegt. Außerdem hat sie Sie höflich gebeten, sie angemessen und korrekt Dr. Scarpetta zu nennen. Übrigens rauben mir Ihre Tricks und Spitzfindigkeiten langsam die Geduld...«
    »Aber, Euer Ehren -«
    »Tatsache ist, daß Dr. Scarpetta schon häufig in von mir geleiteten Verfahren ausgesagt hat und mir das Ausmaß ihrer Erfahrung durchaus bekannt ist«, fuhr der Richter in seinem weich gedehnten Südstaatenakzent fort.
    »Euer Ehren -«
    »Ich habe den Eindruck, daß diese Dinge Alltagsaufgaben für sie sind.«
    » Euer Ehren?«
    »Mr. Coldwell«, donnerte der Rabe, und seine Glatze lief rot an, »wenn Sie mich auch nur noch ein einziges Mal unterbrechen, verurteile ich Sie wegen Mißachtung des Gerichts. Dann können Sie ein paar Nächte in unserem gottverdammten Staatsgefängnis zubringen! Haben wir uns verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    Ich sah, wie Lucy den Hals verdrehte, um etwas zu sehen, und die Geschworenen waren allesamt hellwach. »Ich verfüge, daß die Einlassungen von Dr. Scarpetta exakt ins Protokoll aufgenommen werden«, fuhr der Richter fort.
    »Keine weiteren Fragen«, sagte Coldwell knapp. Richter Poe beendete die Sitzung mit einem gewaltigen Hammerschlag, und weckte damit eine alte Frau in der letzten Reihe, die fast den ganzen Vormittag unter ihrem schwarzen Strohhut verschlafen hatte. Sie schreckte hoch und saß kerzengerade auf ihrem Platz.
    »Was ist?« stieß sie hervor. Dann fiel ihr ein, wo sie war, und sie fing an zu weinen.
    »Ist schon in Ordnung, Mama«, hörte ich eine andere Frau zu ihr sagen. Indessen wurde die Sitzung bis nach der Lunchpause vertagt.
    Bevor ich in Richtung Innenstadt fuhr - Lucy ging ihrer eigenen Wege -, schaute ich bei der Gesundheitsabteilung im Standesamt vorbei. Eine alte Freundin und Kollegin führte dort das Register. Ohne Gloria Lovings

Weitere Kostenlose Bücher