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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Auf einmal spürte ich Wesleys Arm neben mir, der mich ganz leicht berührte, und während ich mich auf diese Berührung konzentrierte, nahm ich den Geruch seiner von der Sonne erwärmten Wolljacke wahr, stellte mir die langen Finger an seinen gepflegten Händen vor, die mich an Klavierspiel denken ließen, an Füllfederhalter und Cognacschwenker am Kaminfeuer.
    Ich glaube, genau an diesem Punkt wurde mir bewußt, daß ich mich in Benton Wesley verliebt hatte. Die Tatsache, daß ich alle Männer, die ich vor ihm geliebt hatte, wieder verloren hatte, wollte ich wenigstens ein paar kostbare Minuten lang noch verdrängen, und so öffnete ich die Augen erst wieder, als die Stewardeß uns bat, zur Landung die Sitzlehnen aufrecht zu stellen.
    »Werden wir abgeholt?« fragte ich Wesley, als hätte ich während der Stunde im Flugzeug allein daran gedacht.
    Er sah mich lange an. Seine Augen glänzten wie Bernstein, wenn Sonnenstrahlen sie in einem bestimmten Winkel trafen, und haselnußbraun mit goldenen Flecken, wenn schwere Gedanken sie verdüsterten. Wurden diese Gedanken unerträglich, sah er einfach weg.
    »Wir gehen wohl wieder ins Travel-Eze?« war meine nächste Frage.
    Wesley nahm seine Aktentasche vom Boden auf und öffnete den Sicherheitsgurt, bevor die Leuchtanzeige es erlaubte, doch die Stewardeß tat, als bemerke sie es nicht, denn Wesley hatte eine Art an sich, die den meisten Leuten ein wenig Furcht einjagte.
    »Du hast in Charlotte sehr lange mit Lucy gesprochen«, sagte er.
    »Ja.« Wir rollten an einem Windsack vorbei, der schlaff an seinem Pfosten hing.
    »Und?« Seine Augen wurden wieder hell, als er sie der Sonne zuwandte.
    »Ja, sie glaubt zu wissen, wer hinter der ganzen Sache steckt.«
    »Was heißt das, wer dahinter steckt?« Er runzelte die Stirn.
    »Ich meine, das liegt auf der Hand«, sagte ich. »Zumindest solange man nicht von vorneherein schon davon ausgeht, daß nur Lucy die Schuldige sein kann.«
    »Ihr Daumenabdruck wurde um drei Uhr morgens vom Scanner registriert, Kay.«
    »Das ist klar.«
    »Und genau so klar ist, daß der Scanner ihren Daumenabdruck nicht ohne ihre physische Präsenz nehmen konnte, nicht ohne ihre Hand, ihren Arm und den ganzen Rest, der zu der Zeit physisch anwesend war, die der Computer aufgezeichnet hat.«
    »Ich bin mir durchaus bewußt, welch einen Eindruck das macht«, sagte ich.
    Wesley setzte die Sonnenbrille auf. Wir standen auf. »Und genau daran möchte ich dich erinnern«, sagte er mir ins Ohr, während wir durch den Mittelgang gingen.
    Wir hätten in Asheville statt des Travel-Eze ein luxuriöseres Quartier beziehen können. Aber wo wir uns aufhielten, schien uns beiden nicht wichtig, bis zu dem Augenblick, als wir Marino im Coach House trafen, einem Restaurant, für dessen Berühmtheit wir im übrigen keinen rechten Grund entdecken konnten.
    Bereits als uns der Polizeibeamte aus Black Mountain, der uns vom Flughafen abgeholt hatte, auf dem Parkplatz des Restaurants aussteigen ließ und schweigend davonfuhr, überkam mich ein eigentümliches Gefühl. Marinos hypermoderner Chevrolet stand nahe am Eingang, und Marino selbst saß allein an einem Ecktisch mit Blick auf die Kasse, wie es wohl jeder tut, der im Dienst von Recht und Ordnung steht.
    Marino stand nicht auf, als wir eintraten, sondern musterte uns kühl und rührte in einem hohen Glas Eistee. Ich hatte den deutlichen Eindruck, daß sich der Marino, mit dem ich seit Jahren zusammengearbeitet hatte, dieser sonst so patente und alerte Verächter aller Wichtigtuer und aller Förmlichkeiten, anschickte, uns eine Audienz zu gewähren. Auch Wesleys kühle Zurückhaltung signalisierte mir, daß etwas Außergewöhnliches in der Luft lag. Und dann trug Marino auch noch einen dunklen, sichtlich neuen Anzug.
    »Pete«, sagte Wesley und nahm sich einen Stuhl.
    »Hallo«, sagte ich und nahm einen anderen.
    »Es gibt hier wirklich gute gebratene Hähnchenbrust«, sagte Marino, ohne einen von uns anzusehen. »Außerdem Chefsalat, falls Sie nichts zu Schweres wollen«, fügte er hinzu, was offensichtlich an meine Adresse ging.
    Die Kellnerin schenkte uns Wasser ein, reichte die Speisekarte und ratterte bereits die Spezialangebote herunter, bevor jemand auch nur die Chance hatte, den Mund aufzumachen. Als sie mit unseren beiläufig genannten Bestellungen davonzog, war die Spannung an unserem Tisch fast unerträglich geworden.
    »Wir haben ein ganzes Paket Informationen aus der Gerichtsmedizin, die sicher interessant

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