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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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gut.«
    »Psychopathen hast du dein Leben lang studiert«, sagte ich. »Nicht aber weibliche Gerichtsmediziner, die auf der richtigen Seite des Gesetzes stehen und nach einem langen, arbeitsreichen Tag, an dem sie sich hauptsächlich mit ermordeten Kindern beschäftigt haben, bloß ein bißchen relaxen wollen.«
    »Ist ziemlich schwer, in diesem Restaurant einen Platz zu bekommen.«
    »Das sehe ich. Danke, daß du dir solche Mühe gemacht hast.«
    »Ich mußte meinen Einfluß geltend machen.«
    »Natürlich.«
    »Trinken wir Wein zum Dinner. Erfreulicherweise haben sie einen Opus One auf der Karte. Vielleicht fühlst du dich danach besser.«
    »Der Preis dafür ist überhöht, finde ich, und außerdem ähnelt er einem Bordeaux, was mir für jetzt zu schwer ist. Ich wußte auch nicht, daß wir hier zu Abend essen. In weniger als zwei Stunden muß ich in meinem Flugzeug sitzen. Ich trinke nur ein Glas Cabernet.«
    »Ganz, wie du magst.«
    Ich wußte im Moment überhaupt nicht, was ich mochte oder wollte.
    »Ich bin morgen wieder in Asheville«, fuhr Wesley fort. »Wenn du heute nacht hierbleibst, könnten wir zusammen fliegen.«
    »Warum mußt du wieder hin?«
    »Wir wurden schon vor Fergusons Tod und Motes Herzattacke um Unterstützung gebeten. Glaub mir, die Polizei von Black Mountain ist uns aufrichtig dankbar und wirklich in Panik. Ich habe ihnen erklärt, daß wir für sie tun, was wir können. Sollte sich herausstellen, daß wir noch mehr Beamte brauchen, dann werde ich dafür sorgen.«
    Wesley hatte die Angewohnhe it, sich den Namen des Kellners zu merken und ihn damit anzusprechen, wenn er uns bediente. Unserer hieß Stan, und so ging es die ganze Zeit: Stan hier und Stan da, als Wesley sich mit ihm über Weine und Extras verständigte. Es war wirklich Wesleys einzige dumme Angewohnheit, die einzige Verschrobenheit, die ich bisher an ihm entdeckt hatte, aber an diesem Abend ging sie mir verdammt auf die Nerven.
    »Weißt du, Benton, für den Kellner bedeutet das keineswegs, daß er sich von dir akzeptiert fühlt. Es wirkt eher ein bißchen von oben herab, so, wie das jemand vom Radio mit seinen Interviewpartnern macht.«
    »Wie wer was macht?« Er hatte nichts kapiert.
    »Sie beim Namen nennen. Immer wieder, meine ich.« Er sah mich an.
    »Na ja, ich will dich gar nicht kritisieren«, sagte ich und machte die Sache damit nur noch schlimmer. »Ich sage dir das nur aus Freundschaft, und das weißt du auch. Unter Freunden muß man so ehrlich sein, meine ich. Unter wirklichen Freunden.«
    »Bist du jetzt fertig?« fragte er.
    »In etwa.« Ich zwang mir ein Lächeln ab.
    »Möchtest du mir nicht sagen, was dir wirklich im Magen liegt, oder soll ich mich mutig in dieses Rätsel stürzen?«
    »Mir liegt absolut nichts im Magen«, sagte ich und fing an zu weinen.
    »Mein Güte, Kay.« Er reichte mir seine Serviette.
    »Ich habe selber eine.« Ich trocknete mir die Augen.
    »Es ist wegen neulich nacht, nicht?«
    »Vielleicht sagst du mir mal, was du mit >neulich nacht< meinst. Vielleicht gibt es dieses neulich nacht ja pausenlos bei dir.«
    Wesley bemühte sich, ein Lachen zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Beide konnten wir minutenlang nichts sagen, denn er lachte, und ich schwankte zwischen Lachen und Weinen.
    Der Kellner brachte uns die Drinks, und ich nahm ein paar Schlucke, bevor ich wieder sprach.
    »Hör mal«, sagte ich schließlich. »Es tut mir leid, aber ich bin furchtbar müde. Dieser Fall reibt mich auf, Marino und ich kommen nicht zurecht miteinander, und Lucy sitzt in der Klemme.«
    »Das reicht, um jedem die Tränen in die Augen zu treiben«, sagte Wesley, und offenbar beunruhigte es ihn, nicht auch auf der Negativliste zu stehen. Perverserweise freute mich das.
    »Ja, und zudem beschäftigt es mich, was in North Carolina passiert ist«, setzte ich hinzu.
    »Bedauerst du es?«
    »Wozu soll es gut sein, wenn ich ja oder nein sage?«
    »Gut für mich, wenn ich höre, du bedauerst es nicht.«
    »Ich kann es nicht sagen«, sagte ich.
    »Dann bedauerst du es.«
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Dann bedauerst du es also nicht.«
    »Verdammt, Benton, laß es gut sein.«
    »Das werde ich nicht«, sagte er. »Ich war schließlich auch dabei.«
    »Wie bitte?« Das verwirrte mich.
    »In der Nacht, in der es passierte. Erinnerst du dich? Genaugenommen war es früher Morgen. Für das, was wir taten, brauchte es zwei. Ich war da. Und du bist nicht der einzige Mensch, der tagelang darüber nachdenken mußte.

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