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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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verbracht. Überall lagen Notizzettel herum. Die Krawatte lag auf dem Bett, sein Hemd stand offen.
    »Sie hatte einen Unfall«, sagte er.
    »Wie bitte?«  Mir gefror das Blut in den Adern. Er schien sehr besorgt.
    »Wie geht es ihr?« Ich konnte keinen vernünftigen Gedanken fassen.
    »Es ist am frühen Abend passiert, nördlich von Richmond auf der 95. Sie war wohl in Quantico gewesen, dann essen gegangen und anschließend zurückgefahren. Gegessen hat sie im Outback, du kennst doch dieses australische Steakhaus in Nordvirginia? Wir wissen, daß sie in Hanover in einem Waffengeschäft war - bei Green Top - und danach den Unfall hatte.« Er ging beim Reden auf und ab.
    »Benton, wie geht es ihr?« Ich war wie angewurzelt.
    »Sie liegt in Richmond auf der Unfallstation des Medical Center of Virginia. Es war ziemlich schlimm, Kay.«
    »O mein Gott.«
    »Offenbar ist sie an der Auffahrt Atlee/Elmon von der Fahrbahn abgekommen und hat zu heftig gegengesteuert. Über das Kennzeichen hat man dich gefunden, die Staatspolizei hat in deinem Büro angerufen, und das FBI hat dann Fielding beauftragt, dich ausfindig zu machen. Er rief mich an, weil er nicht wollte, daß du es am Telefon erfährst. Na ja, und weil er auch Leichenbeschauer ist, fürchtete er deine erste Reaktion, wenn ausgerechnet er dir sagte, daß Lucy gerade einen Unfall hatte - «
    »Benton!«
    »Tut mir leid.« Er legte mir die Hände auf die Schultern. »Herrgott, ich bin alles andere als gut im Überbringen von schlechten Nachrichten, wenn es um jemanden geht, den ich... wenn es um dich geht. Sie hat ein paar Schnittwunden und eine Gehirnerschütterung. Es ist ein verdammtes Wunder, daß sie noch lebt. Der Wagen hat sich ein paarmal überschlagen. Dein Wagen. Er hat einen Totalschaden. Sie mußten sie herausschneiden und mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus fliegen. Ehrlich gesagt, beim Anblick des Wracks glaubte keiner, daß das jemand hätte überleben können. Es ist fast unglaublich, aber sie ist okay.«
    Ich schloß die Augen und setzte mich auf die Bettkante. »Hatte sie getrunken?« fragte ich. »Ja.«
    »Erzähl mir alles.«
    »Die Anklage lautet auf Fahren unter Alkoholeinfluß. Sie haben im Krankenhaus eine Blutprobe genommen, und der Alkoholgehalt war hoch. Ich weiß nicht genau, wie hoch.«
    »Sonst wurde keiner verletzt?«
    »Es war kein anderer Wagen beteiligt.«
    »Gott sei Dank.«
    Er setzte sich neben mich und massierte mir den Nacken. »Es ist ein Wunder, daß sie überhaupt ohne Zwischenfall so weit gekommen ist. Sie hatte wohl eine Menge zum Dinner getrunken.« Er legte den Arm um mich und zog mich an sich. »Ich habe dir schon einen Flug gebucht.«
    »Was hat sie denn im Green Top gesucht?«
    »Sie hat eine Pistole gekauft. Eine Sig Sauer P230. Sie haben sie im Wagen gefunden.«
    »Ich muß sofort zurück nach Richmond.«
    »Vor morgen früh gibt es keine Möglichkeit, Kay. Bis dahin hat es Zeit.«
    »Mir ist kalt«, sagte ich.
    Er nahm sein Jackett und legte es mir über die Schultern. Ich fing an zu zittern. Mein Entsetzen, als ich Wesleys Gesicht gesehen und den angespannten Ton in seiner Stimme gehört hatte, erinnerte mich an die Nacht, in der er mich wegen Mark angerufen hatte.
    Als ich damals Wesleys Stimme am Telefon hörte, wußte ich sofort, daß er eine ganz schlimme Nachricht für mich hatte. Dann hatte er von dem Bombenanschlag in London berichtet und von Mark, der sich genau zum Zeitpunkt der Explosion im Bahnhof aufgehalten hatte. Er hatte nichts damit zu tun gehabt, der Anschlag war nicht gegen ihn gerichtet gewesen, doch er war tot. Der Schmerz, der mit der Nachricht über mich hereinbrach, hatte mich geschüttelt wie ein Sturm. Ich war so kraftlos wie nie zuvor, noch mehr als beim Tod meines Vaters. Damals war ich noch jung gewesen und unfähig, darauf zu reagieren, daß meine Mutter tagelang weinte und alles verloren schien.
    »Es wird alles gut werden«, sagte Wesley. Er stand auf und goß mir einen Drink ein. »Was weißt du sonst noch darüber?«
    »Weiter nichts, Kay. Hier, der wird dir helfen.«
    Er reichte mir einen kräftigen Scotch pur. Hätte ich jetzt eine Zigarette greifbar gehabt, ich hätte sie mir zwischen die Lippen geschoben und angezündet. Ich hätte meiner Abstinenz ganz einfach ein Ende gesetzt und meine guten Vorsätze schlicht vergessen.
    »Weißt du, wer sie behandelt? Wo hat sie die Schnitte? Sind die Airbags aufgegangen?«
    Er knetete wieder meinen Nacken und antwortete nicht.

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