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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nach ihm suchte. Ihr Verdacht war nicht weit hergeholt, und mir wurde klar, daß er sich noch verstärken würde, wenn sie hörten, was er mir hier erzählte.
    »Ich hab' sie ins Haus gehen sehen.«
    »Hat sie Sie gesehen?«
    »Nee. 'ne Zeitlang hatte ich die Scheinwerfer aus.«
    Großer Gott, dachte ich. »Creed, begreifen Sie, warum Sie wichtig für die Polizei sind?«
    Wieder schwenkte er den Schnaps. Eine Weile starrte er vor sich hin, und ich sah, daß seine Augenfarbe eine ungewöhnliche Mischung aus Braun und Grün war.
    »Ich habe ihr nichts getan«, sagte er.
    Ich glaubte ihm. »Sie hatten nur ein Auge auf sie, weil Sie sahen, daß sie durcheinander war«, sagte ich. »Und Sie haben sie gemocht.«
    »Ich sah, daß sie durcheinander war. Wirklich.« Er nahm einen Schluck aus dem Krug.
    »Wissen Sie, wo man sie gefunden hat? Wo der Angler sie gefunden hat?«
    »Ich weiß es.«
    »Sie waren an der Stelle.« Er gab keine Antwort.
    »Sie waren an der Stelle und haben ihr Süßigkeiten hingelegt. Nachdem sie tot war.«
    »'ne Menge Leute sind da gewesen. Sie haben sich's angeguckt. Nur ihre Verwandtschaft ging nicht hin.«
    »Ihre Verwandtschaft? Meinen Sie ihre Mutter?«
    »Sie war nicht dort.«
    »Hat jemand Sie hingehen gesehen?«
    »Nee.«
    »Sie haben dort Süßigkeiten hingelegt. Ein Geschenk an sie.«
    Die Unterlippe zitterte erneut, und seine Augen wurden feucht. »Ich habe ihr Fireballs hingelegt.«
    »Warum dort? Warum nicht auf ihr Grab?«
    »Ich wollte nicht, daß mich jemand sah.«
    »Warum?«
    Er starrte in den Krug, und ich wußte, warum, er mußte es mir nicht sagen. Ich konnte mir vorstellen, welche Namen ihm die Schulkinder nachriefen, wenn er mit seinem Besen durch die Gänge fuhr. Ich konnte mir die grinsenden Gesichter und das Gelächter vorstellen, die schrecklichen Hänseleien dafür, daß Creed Lindsey zu allen lieb und nett sein wollte. Und er war lieb und nett zu Emily Steiner gewesen, und sie zu Wren.
    Als ich ging, war es völlig dunkel. Deborah folgte mir wie eine leise Katze zu meinem Wagen. Mir tat das Herz physisch weh, als zögen sich die Muskeln in meiner Brust zusammen. Ich wollte ihr Geld geben, aber ich wußte, daß ich das besser nicht tat.
    »Paß auf, daß er vorsichtig ist mit seiner Hand und sie sauberhält«, sagte ich und öffnete die Tür meines Chevrolet. »Und du mußt ihn zu einem Arzt bringen. Gibt es hier einen?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Deine Mutter soll sich darum kümmern. In der Burger Hut kann ihr jemand einen nennen. Kümmerst du dich darum?« Sie sah mich an und griff nach meiner Hand.
    »Deborah, du kannst mich im Travel-Eze anrufen. Ich habe die Nummer nicht, aber sie steht im Telefonbuch. Hier hast du meine Karte, damit du weißt, wie ich heiße.«
    »Ha'm kein Telefon«, sagte sie und sah mich fest an, während sie noch immer meine Hand hielt.
    »Ich weiß. Aber wenn du anrufen mußt, kannst du dir ein Münztelefon suchen, nicht?« Sie nickte.
    Ein Wagen kam den Berg herauf. » Mutter.«
    »Wie alt bist du, Deborah?«
    »Elf.«
    »Gehst du hier in Black Mountain in die Hauptschule?« fragte ich. Daß sie so alt war wie Emily, fiel mir erst jetzt auf. Sie nickte wieder.
    »Kanntest du Emily Steiner?«
    »War weiter als ich.«
    »Ihr wart nicht in derselben Klasse?«
    »Nein.« Sie ließ meine Hand los.
    Der Wagen, ein alter, klappriger Ford mit einem kaputten Scheinwerfer, rumpelte vorbei. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf eine Frau werfen, die zu uns herüberschaute. Nie werde ich den erschöpften Ausdruck in diesem aufgeschwemmten Gesicht vergessen, die heruntergezogenen Mundwinkel. Über dem Haar trug sie ein Netz. Deborah sprang ihrer Mutter nach. Ich schloß meine Tür.
    Im Motel nahm ich ein langes heißes Bad. Danach überlegte ich, ob ich mir etwas zu essen bestellen sollte, und betrachtete abwesend die Speisekarte des Zimmerservice, beschloß dann aber, lieber eine Weile zu lesen. Um halb elf riß mich das Telefon aus dem Schlaf.
    »Ja?«
    »Kay?« Es war Wesley. »Ich muß dich sprechen. Es ist sehr wichtig.«
    »Ich komme in dein Zimmer.«
    Ich ging direkt hin und klopfte an die Tür. »Ich bin's, Kay«, sagte ich.
    »Moment«, hörte ich ihn von drinnen. Eine kleine Pause, dann öffnete er die Tür. Seinem Gesicht war anzusehen, daß etwas Schreckliches passiert war.
    »Was ist?«
    Ich trat ins Zimmer.
    »Es geht um Lucy.«
    Er schloß die Tür. Dem Schreibtisch nach zu urteilen, hatte er den Nachmittag größtenteils am Telefon

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