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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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eine Frage der Zeit, bis er eins und eins zusammengezählt hatte. Aber wie konnte ich denn wissen, daß es ihm so unter die Haut gehen würde?«
    »Ich gehe ins Bett«, sagte ich noch einmal und tat es auch. Ich schlief eine Weile, doch dann war ich plötzlich hellwach, starrte ins Dunkel und dachte an Marino und an meine eigene Situation. Ich hatte eine Affäre mit einem verheirateten Mann und machte mir seltsamerweise keine Sorgen deswegen. Marino wußte von der Affäre und war maßlos eifersüchtig. Daß ich ihm niemals irgendwelche Gefühle entgegenbringen könnte, mußte ich ihm wohl irgendwann sagen, aber bei welcher Gelegenheit ein solches Gespräch stattfinden könnte, war mir schleierhaft.
    Um vier Uhr stand ich auf, setzte mich auf die Veranda in die Kälte und sah zu den Sternen hinauf. Der Große Bär, den wir in Amerika auch den Großen Schöpflöffel nennen, war fast ge nau über mir, und ich dachte daran, wie Lucy als kleines Kind Angst hatte, er könne Wasser auf sie herabgießen, wenn sie allzulange unter ihm stehe. Ich dachte an ihren wunderbaren Körperbau, ihre makellose Haut und die unglaublich grünen Augen. Ich dachte daran, wie sie Carrie Grethen angesehen hatte, und ich war sicher, daß das ein Teil dessen war, was schiefgelaufen war.

14
    Lucy lag mit anderen Frauen in einem Zimmer, und ich lief zuerst an ihrem Bett vorbei. Ich hatte sie einfach nicht erkannt. Ihr Haar war dunkelrot von Blut und stand strähnig vom Kopf ab, ihre Augen waren schwarzblau unterlaufen. Sie lag von Kissen gestützt im Bett und stand ganz offensichtlich unter dem Einfluß von Schmerzmitteln. Ich trat näher und nahm ihre Hand.
    »Lucy?«
    Sie konnte kaum die Augen öffnen. »Hi«, sagte sie schwach.
    »Wie geht es dir?«
    »Ganz gut. Es tut mir leid, Tante Kay. Wie bist du hergekommen?«
    »Ich habe mir einen Wagen geliehen.«
    »Was für einen?«
    »Einen Lincoln.«
    »Ich wette, einen mit Seiten-Airbags.« Sie lächelte matt.
    »Lucy, was ist passiert?«
    »Ich erinnere mich nur noch, daß ich in dem Restaurant war. Dann hat mir jemand in der Notaufnahme den Kopf genäht.«
    »Du hast eine Gehirnerschütterung.«
    »Man nimmt an, daß ich mit dem Kopf gegen das Wagendach geschlagen bin, als das Auto sich überschlug. Es tut mir so leid um deinen Wagen.« Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Mach dir darum keine Sorgen. Das ist unwichtig. Hast du irgendeine Erinnerung an den Unfall?« Sie schüttelte den Kopf und griff nach einem Taschentuch. »Hast du irgendeine Erinnerung an das Dinner im Outback oder an deinen Besuch im Green Top?«
    »Woher weißt du das? Ach, ja.« Sie sackte für einen Augenblick weg. Ihre Lider wurden schwer. »Ich bin gegen vier beim Restaurant angekommen.«
    »Mit wem warst du verabredet?«
    »Nur mit einer Freundin. Um sieben bin ich aufgebrochen und dann hier gelandet.«
    »Du hast viel getrunken«, sagte ich.
    »Ich glaube, so viel war das gar nicht. Ich weiß nicht, warum ich von der Straße abgekommen bin, aber irgend etwas muß passiert sein.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern, aber mir scheint, irgend etwas ist passiert.«
    »Was ist mit dem Waffenladen? Erinnerst du dich, daß du dort warst?«
    »Ich erinnere mich nicht, wieder weggefahren zu sein.«
    »Du hast dir eine halbautomatische Pistole gekauft, eine .38er. Erinnerst du dich daran?«
    »Ich weiß, daß ich deswegen da war.«
    »Du bist also in einen Waffenladen gefahren, nachdem du etwas getrunken hattest? Kannst du mir sagen, was da in deinem Kopf vorging?«
    »Ich wollte nicht ohne einen Schutz in deinem Haus wohnen. Pete hat mir die Waffe empfohlen.«
    »Marino?« fragte ich erschrocken.
    »Ich habe ihn neulich angerufen. Er sagte, ich soll mir eine Sig kaufen und daß er immer ins Green Top in Hanover geht.«
    »Er ist in North Carolina«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht, wo er sich aufhielt. Ich habe seinen Piepser angewählt, und er hat zurückgerufen.«
    »Ich besitze doch auch Waffen. Warum hast du nicht mich gefragt?«
    »Ich will meine eigene haben, und ich bin alt genug.« Lucy konnte ihre Augen nicht länger offenhalten.
    Als ich fortging, begegnete ich auf derselben Etage ihrem Stationsarzt. Er war sehr jung und sprach mit mir wie mit einer besorgten Tante oder Mutter, die nicht die geringste Ahnung von medizinischen Zusammenhängen hat. Er erklärte mir ziemlich kurz angebunden, eine Gehirnerschütterung sei quasi eine Prellung des Gehirns, die Folge eines schweren

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