Bodyfinder - Das Echo der Toten
anscheinend waren die drei nicht so ahnungslos, wie Violet es gern gehabt hätte. Claire tätschelte Violet das Bein.
»Im Ernst, wieso ist das so schwer zu verstehen?« Violet schüttelte den Kopf.
Jules konzentrierte sich wieder auf die Straße, Claire zuckte leicht mit den Schultern, während Chelsea sich zu Violet umdrehte und ihr mit einem Blick zu verstehen gab, dass sie ihr nicht glaubte.
Diesmal war Violet froh, als Claire wieder anfing zu plappern und das peinliche Schweigen brach, das sich im Wagen ausgebreitet hatte.
Violet wusste natürlich, dass sie kein Recht hatte, eifersüchtig zu sein, weil Jay mit Elisabeth Adams zum Ball ging. Er hatte Lissy ja erst gefragt, nachdem er erfahren hatte, dass Violet Grady zugesagt hatte, und seitdem verstrich keine Sekunde, ohne dass sie diesen schwachen Moment bereute. Die perfekten Schuhe zu dem perfektenKleid konnten sie da auch nicht aufheitern. Denn letztendlich würde sie auf der Tanzfläche meterweit von dem Jungen entfernt sein, mit dem sie eigentlich da sein wollte, und zuschauen, wie er mit der schönen Lissy tanzte.
Sie schloss die Augen und versuchte, sich auf Claires endlosen Wortschwall zu konzentrieren.
Allmählich machte sie sich Sorgen, worauf sie sich da eingelassen hatte.
Violet hatte nicht mehr viel Zeit, über den Ball nachzudenken und über ihre Enttäuschung, dass sie mit Grady hinging und nicht mit Jay. All ihre Sorgen und Probleme wurden von der Nachricht überschattet, die sie erwartete, als sie am nächsten Morgen nach einer Nacht bei Chelsea zu Hause ankam.
Als sie die Haustür öffnete, waren ihre Eltern beide im Wohnzimmer.
Ihre Mutter ging vor dem Kamin auf und ab, während ihr Vater zusammengesunken auf dem Sofa saß. Seine besorgte Miene verriet, dass irgendetwas nicht stimmte.
Violet war sofort in Alarmbereitschaft. Unwillkürlich stellten sich ihr die Nackenhaare auf. »Was ist?«, fragte sie und machte die Tür hinter sich zu.
Ihre Eltern schauten sich an, verständigten sich wortlos, bevor ihr Vater aufstand und auf sie zukam. Er streckte die Arme aus und drückte ihre Oberarme.
Violet merkte, wie Panik in ihr aufstieg. »Was denn?« Sie schaute an ihrem Vater vorbei zu ihrer Mutter, die es selten schaffte, etwas vor ihr zu verheimlichen. So gut, wie ihr Vater seine Gedanken und Gefühle verbergen konnte, so wenig war ihre Mutter dazu in der Lage.
»Setz dich, Vi. Wir müssen dir etwas sagen.« Ihre Mutter ging schnell an ihrem Vater vorbei und führte Violet zum Sofa.
Violet wehrte sich nicht. »Was ist denn?«, fragte sie wieder. Diesmal war ihre Stimme nur ein heiseres Flüstern.
»Es geht um Hailey McDonald«, sagte ihre Mutter. »Sie ist seit gestern Abend verschwunden.« Sie setzte sich neben Violet und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Ihre Mutter hat Onkel Stephen angerufen, weil Hailey nicht nach Hause gekommen ist. Sie haben überall nachgefragt, bei all ihren Freundinnen, überall, wo sie gewesen sein könnte. Keiner weiß, wo sie ist.«
Violet wurde ganz elend. Ihre Hände fingen in ihrem Schoß an zu zittern, ein unkontrolliertes Zucken wanderte ihre Arme hoch und durchfuhr ihren Körper wie Stromschläge.
Hailey McDonald ging erst in die siebte oder achte Klasse, sie war höchstens dreizehn, viel jünger als die beiden Mädchen, die bisher tot aufgefunden worden waren. Und Violet kannte sie, sie hatte früher mal auf sie aufgepasst,als Hailey noch auf der Grundschule war. Ihr großer Bruder Jacob war ein Jahr jünger als Violet und besuchte zusammen mit ihr die Schule.
»Glauben sie … besteht der Verdacht …« Sie atmete tief durch, um ihre Stimme unter Kontrolle zu bringen. »Glauben sie, dass ihr Verschwinden mit den beiden Morden in Zusammenhang steht?«
Ihr Vater setzte sich zu ihnen. »Ja.« Er räusperte sich, bevor er weitersprach: »Stephen hat gesagt, sie war von ihrer besten Freundin Elena Atkins auf dem Weg nach Hause, aber dort ist sie nicht angekommen. Ihre Eltern haben eine Stunde auf sie gewartet, ehe sie angefangen haben herumzutelefonieren, aber da war es wahrscheinlich schon zu spät.«
»Vielleicht ist sie wegen irgendwas sauer auf ihre Eltern und versteckt sich bei einer Freundin.« Violets Einwand sollte überzeugend klingen, aber sie glaubte selbst nicht daran. Und als ihr nichts anderes einfiel, hielt sie sich eine zitternde Hand vor den Mund und flüsterte: »Mein Gott.«
Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung überkam sie. Genauso war es gewesen,
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