Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
mache Acker aus der schönen Wiese. Langsam kann ich mich nicht mehr damit herausreden, dass es einfach meine erste Stunde war. Mein Golflehrer meint dazu nur, die ersten 10 Jahre Golf seien halt die schwierigsten.
Mein Bekenntnis zum Golfspiel hat aber auch einen unerwartet erfreulichen Nebeneffekt: Lukas witterte die Gelegenheit, seine Spielsachen aufzustocken, sprich einen Golfwagen zu kaufen. In Dainfern sieht man diese Gefährte nicht nur auf dem Golfplatz, sondern im ganzen Estate herumkurven. Die direkt an Dainfern angrenzende Privatschule hat sogar einen speziellen Parkplatz nur für Golfwagen, weil sich viele Kinder damit zur Schule chauffieren. Das Fahren ist denkbar einfach, es hat ein Gaspedal, eine Bremse und einen Schalter für Vorwärts- oder Rückwärtsgang. Nebst einem Lenkrad.
Lukas wollte natürlich nicht hinter den Teenagern zurückstehen. So mutierte meine Küche über Nacht zu einer Golfwagen-Ausstellung, mit Prospekten am Kühlschrank, über dem Herd, ans Fenster gelehnt... Golfwagen in weiss, in rot, in grün, in schwarz, auf dem Golfplatz vor dem Berg, auf dem Golfplatz vor dem Meer, vor einem blendend weissen Clubhaus... Ich musste damit rechnen, dass ich eines Morgens schlaftrunken aus dem Fenster schauen und eine Auswahl verschiedener Golfwagen mit darauf drapierten Blondinen in kurzen Kleidchen und mit überlangen pinkfarbenen Fingernägeln in meinem Garten finden würde. Also schicke ich Lukas am nächsten Samstag auf den Weg, sich das Modell seiner Wahl zu sichern. Wenn möglich in rot. Alles andere kann er nach Herzenslust wählen. Ja, genau, wir sind ein konservatives Ehepaar mit genau definierten Rollen.
Ein paar Wochen später wird dann das Gefährt eines Morgens zu uns nach Hause geliefert. Zum Glück habe ich es gleich an die Steckdose gehängt und die Batterie aufgeladen, denn als die Jungs von der Krippe heimkommen, muss ich sie natürlich gleich auf eine Spritzfahrt mitnehmen. Tim ist erwartungsgemäss Hin und Weg von seiner schicken Version eines Traktors, und sogar Max lässt sich angesichts des vierrädrigen Vehikels zu einem langdauernden Vortrag von Kehllauten hinreissen. Wir fahren also einmal ums Quartier, und der Golfwagen hat schon gewonnen. Auch mich.
Es macht einfach Spass! Das Wägelchen schnurrt und ist fähig, einen zu transportieren, aber man fühlt sich doch ein bisschen wie auf dem Rummelplatz, wie im Spiel. Und in der frischen Natur. Für jede Besorgung und jeden Besuch, wo es möglich ist, benütze ich jetzt unser neues Vehikel. Und mindestens jeden zweiten Tag kurven die Jungs und ich einfach so ein bisschen durch die Gegend. Endlich doch noch ein neues Hobby, das uneingeschränkt Spass macht!
Was für ein Glückspilz ich doch bin, seufze ich behaglich. Gibt es im Leben etwas, das spannender und erholsamer ist, als die Natur zu beobachten? In diesem Augenblick fällt mir nichts ein. Absolut nichts. Uneingeschränkt glücklich sitze ich im offenen Landrover und beobachte zwei Zebra-Hengste, die sich zähnebleckend neben ihrer Herde zanken. Weiter hinten grast eine Herde Gnus, immer wieder hebt eins den Kopf und beäugt uns misstrauisch.
Nach rund vierstündiger Fahrt sind wir heute Mittag in der Madikwe Safari Lodge eingetroffen. Die Lodge liegt im privaten Madikwe Game Park , wobei das Wort „privat“ vielleicht einen falschen Eindruck hinterlässt: Der Park ist etwa achtmal so gross wie die Insel Sylt.
Die Lodge-Managerin Susie empfängt uns sehr herzlich, und dienstbare Geister begannen gleich, den Inhalt unseres Kofferraums in ein Gästehäuschen zu transportieren, während wir unseren Willkommenstrunk geniessen. Zur Beruhigung von Susie versichert Lukas, dass wir nicht gleich für immer bleiben werden, sondern dass dieser gewaltige Berg an Gepäck halt einfach die paar Kleinigkeiten sind, die eine Familie mit zwei kleinen Kindern mit sich herumschleppt.
Von unserem Gästehäuschen in der Madikwe Safari Lodge bin ich gleich begeistert: Es steht ausser Sichtweite von den beiden benachbarten Häuschen mitten im Busch und ist vollständig aus natürlichen Materialien gebaut. Kaum eine Gerade scheint es am Haus zu geben, und diese organischen krummen Linien geben ihm einen ganz eigenen, halt afrikanischen Charme. Es passt perfekt in die Wildnis. Afrikanisch ist auch der Gegensatz, dass unser Gästehäuschen von aussen in einen Zulu- kraal passen würde, von innen jedoch mit jedem Fünfstern-Hotel in Europa mithalten kann: In der Sitzecke vor der
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