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Böse Dinge geschehen

Böse Dinge geschehen

Titel: Böse Dinge geschehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dolan
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Oberhand. Beim dritten Läuten war sie dran.
    »Mr Loogan«, sagte sie. »Wo sind Sie?«
    »Ich höre es so gern, wie Sie das sagen«, neckte er sie. »Es gibt mir das sichere Gefühl, dass Sie mich noch nicht erwischt haben. Sonst müsste ich annehmen, dass Sie mich umstellt haben.«
    »Sie sind nicht umstellt. Warum sagen Sie mir nicht, wo Sie sind?«
    Er öffnete seine Wagentür und stieg aus, um sich die Beine zu vertreten. »Ich stehe auf einem Parkplatz«, sagte er, »auf einem ganz gewöhnlichen Parkplatz in einer stinknormalen Stadt.«
    »Sehen Sie irgendwo in Ihrer Nähe Blaulicht?«
    »Noch nicht.«
    |295| »Dann sind Sie einstweilen in Sicherheit.«
    Er lief um den Wagen herum.
    »Sie haben mich zweimal angerufen«, sagte er. »Sie arbeiten offenbar sehr lang.«
    »Ich konnte nicht einschlafen. Sagen Sie mir, was Sie heute in Ann Arbor zu tun hatten.«
    »Ich habe Ihnen bereits erzählt, dass ich auf dem Friedhof war. Ich habe Toms Grab besucht. Ist alles in Ordnung bei Ihnen?«
    »Sicher. Warum?«
    »Sie sagten, Sie konnten nicht einschlafen. Ist irgendetwas passiert?«
    »Nichts ist passiert«, sagte sie. »Warum haben Sie Toms Grab besucht?«
    »Toms Beerdigung ist jetzt eine Woche her. Ich bin ein sentimentaler Mensch. Wussten Sie, dass da schon ein Grabstein steht? Ein schwerer Granitbrocken. Ich weiß nicht, warum mich das so überrascht hat, aber es war so.«
    »Sie haben also eine Fahrt nach Ann Arbor riskiert, bloß um Toms Grab zu besuchen«, sagte sie. »Weil Sie sentimental sind.«
    »Genau.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie mir die Wahrheit sagen«, entgegnete sie.
    »Ich glaube nicht, dass Sie die Wahrheit sagen, wenn Sie mir erzählen wollen, dass nichts passiert ist.«
    Er starrte auf das Vordach des Cineplex und lauschte auf ihr Schweigen.
    Schließlich atmete sie tief aus. »Ich habe heute beinahe einen Sechzehnjährigen erschossen.«
     
    Elizabeth ging mit dem Handy am Ohr in ihrem Schlafzimmer auf und ab. Sie blieb am Fenster stehen und presste ihre Finger ans Glas. Hinter einer Wolke brach das Mondlicht hervor.
    »Was ist passiert?«, hörte sie Loogan fragen.
    Das Glas kühlte ihre Fingerspitzen. »Er ist ein Freund von |296| Sarah«, sagte sie. »Ihr Freund, besser gesagt, obwohl ich das bis heute gar nicht so genau wusste. Ich kam heute Abend nach Hause und sah, wie sie auf der Veranda herummachten. Er wurde ein bisschen aggressiv dabei.«
    »Geht es ihr gut?«, erkundigte sich Loogan. Entschieden, entschlossen.
    »Absolut. Sie hat das sehr wohl im Griff gehabt – sagte nein zu ihm, schob ihn weg. Er hat die Botschaft nur ein bisschen zu spät verstanden, und ich habe überreagiert. Bevor ich überhaupt begriff, was ich tat, hatte ich ihn an einen Baumstamm gedrückt und meine Neun-Millimeter in der Hand. Das war sehr knapp.«
    Es war knapper gewesen, als Elizabeth recht sein konnte. Sarah war diejenige gewesen, die das Ganze beendet hatte. Sie hätte panisch reagieren können, Grund genug hätte sie gehabt, aber sie wurde nicht einmal laut. Sie kam von der Veranda herunter und legte ihrer Mutter die Hand auf den Rücken. Elizabeth spürte sie, eine leichte Berührung zwischen ihren Schulterblättern. Sie hörte, wie ihre Tochter sagte: »Okay. Alles in Ordnung. Lass ihn los.«
    Und sie steckte die Waffe weg, ließ Billy Rydell los und schickte ihn nach Hause.
    Dann ging sie mit Sarah hinein und fasste sich so weit, dass sie reden konnte. Das Gespräch beruhigte sie. Billy hatte noch nie so etwas getan, erzählte Sarah ihr. Er hatte nie versucht, sie zu irgendetwas zu zwingen.
    Sie hatten eine Stunde lang miteinander geredet und sich dann ein Abendessen zubereitet. Danach war Sarah ins Bett gegangen. Elizabeth hatte nicht einschlafen können. Und nun stand sie in einem T-Shirt und Jogginghose in ihrem Zimmer am Fenster, ihr rabenschwarzes Haar hatte sie hochgebunden. »Ich wollte ihn erschießen«, sagte sie zu David Loogan.
    »Ich weiß«, sagte er.
    »Das wäre nicht gut ausgegangen. Unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt nennt man sowas.«
    »Sie haben ihn nicht erschossen«, sagte Loogan.
    |297| »Wenn ich auf ihn geschossen hätte, wäre es vielleicht nicht bei einer Kugel geblieben.«
    »Jetzt ist es vorbei.«
    Sie trat vom Fenster zurück und ging im Zimmer auf und ab. »Das sage ich mir auch immer wieder, und es tröstet mich auch. Aber wirklich vorbei ist es nicht, oder? Weil ich weiß, wie nahe ich dran war. Dieses Mal ist nichts passiert. Ich hatte mich im Griff. Aber

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