Böse Dinge geschehen
Wald marschiert. Nach einer Weile stieß er auf einen Weg, an den er sich erinnerte – Tom und er waren ihn einmal gegangen, um an den Fluss zu gelangen. Er folgte ihm, bis er von vorn aufs Haus sehen konnte.
Er hatte jetzt schon länger als zwei Stunden gewartet, er war sich nicht sicher, wie lange sie wohl bleiben würden. Ein entspanntes Brunch, dachte er, und dann eine Diskussion über das, was bei
Gray Streets
anlag. Er ließ das Blatt los und sah zu, wie es zu Boden segelte. Gähnend stellte er sich auf die Zehenspitzen und streckte die Arme über den Kopf.
|301| In der Pension in Okemos hatte er nicht gut geschlafen. Seine Träume waren unruhig gewesen. In einem davon stand er bis zu den Schultern in Sean Wrentmores Grab und hielt Wrentmores Waffe ins Mondlicht.
Jetzt lehnte er sich mit dem Rücken an den Birkenstamm und sah zu, wie sich die Eingangstür vom Haus der Kristolls öffnete. Er hatte vermutet und gehofft, dass Sandy Vogel die Erste wäre, die wieder fuhr. Sie war die Außenseiterin, die Angestellte. Die anderen vier waren alte Freunde.
Und er hatte recht. Sandy kam heraus. Laura winkte ihr zum Abschied zu und ging wieder hinein. Sandy lief in ihrem marineblauen Mantel den Schotterweg entlang und stieg in ihren Minivan.
Loogan beobachtete, wie sie abfuhr, und lief dann schnell zur Eingangstür des Hauses. Der Türknauf drehte sich, und er schlüpfte hinein, durch die Diele ins Wohnzimmer. Er hörte Stimmen im hinteren Teil des Hauses. Er ging an Toms Arbeitszimmer vorbei – leer. An der Treppe nach rechts, und da lag das Esszimmer. Casimir Hifflyn kam durch die Tür. Er sah Loogan und blieb abrupt stehen.
Loogan setzte ein freundliches Lächeln auf. »Sie wollen doch noch nicht gehen, oder, Cass?«, sagte er. »Sie können jetzt nicht weg. Ich bin gerade erst gekommen.«
Die Vorhänge im Wohnzimmer waren zurückgezogen, und die Fenster waren wie die Glasscheiben vor Gemälden mit Herbstlaub – Punkte und Striche aus Orange, Gelb und Rot. Die Teller vom Brunch waren auf eine Kommode geräumt worden, und auf dem Esstisch lagen Manuskripte und Exemplare der letzten Ausgabe von
Gray Streets
in einem wilden Durcheinander
.
»Sie brauchen nicht aufzustehen«, sagte Loogan, aber schon erhoben sich alle. Laura eilte auf ihn zu, um ihn zu umarmen. Er spürte ihre Finger auf seiner bloßen Kopfhaut.
»David, ist alles in Ordnung?«, flüsterte sie.
|302| Nathan Hideaway klopfte ihm auf die Schulter. »Der bemerkenswerte Mr Loogan«, sagte er.
»Wir haben gerade über Sie gesprochen«, sagte Hifflyn. »Wo ist David Loogan?, haben wir uns gefragt. Und wie finden wir einen Ersatz für ihn?«
»Jetzt sag doch nicht so was«, fuhr Bridget Shellcross ihn an. »Er ist ja wieder da. Wir müssen ihn doch gar nicht ersetzen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen. »Wir haben hauptsächlich darüber gesprochen, wie lächerlich es ist – dass irgendjemand ernsthaft annehmen könnte, dass Sie Michael Beccanti erstochen haben.«
»Natürlich ist das lächerlich«, sagte Laura.
»Aber jetzt sind Sie wieder da«, sagte Bridget. »Ich hoffe, das bedeutet, dass Sie entlastet sind.«
»Ich fürchte nicht.«
»Also, das ist doch ein Haufen Unsinn«, sagte Hideaway. »Wir müssen Ihnen einen guten Anwalt besorgen, jemanden, der weiß, wie man mit der Polizei redet.«
»Nate hat recht«, sagte Hifflyn. »Laura, ruf doch mal Rex Chatterjee an.«
»Ich bin nicht wegen eines Anwalts hierhergekommen«, sagte Loogan. »Nehmen Sie doch bitte wieder Platz.«
Laura schob ihre Hand in seine. »David, ich rufe ihn gern an.«
»Ich habe nicht viel Zeit«, sagte Loogan. »Mein Wagen steht nicht allzu weit entfernt. Falls die Polizei ihn entdeckt, werden sie sich denken können, wo ich bin. Aber da gibt es etwas –«
Hideaway unterbrach ihn. »Das ist doch noch blödsinniger: dass Sie wie ein Krimineller herumschleichen müssen.«
»Es gibt da etwas, das ich Ihnen sagen muss«, fuhr Loogan fort. »Der einzige Grund, warum ich hierhergekommen bin, ist, um Sie zu warnen.«
Er zog einen der Holzstühle vom Tisch und nahm darauf Platz. Die anderen folgten seinem Beispiel und kehrten an ihre Plätze zurück.
|303| »Wovor wollen Sie uns denn warnen?«, fragte Casimir Hifflyn. »Wovon reden Sie?«
»Ich rede darüber, was vor unser aller Augen in den letzten beiden Wochen geschehen ist. Tom, Adrian Tully und Michael Beccanti. Jemand bringt Leute um, die mit
Gray Streets
in
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