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Böse Dinge geschehen

Böse Dinge geschehen

Titel: Böse Dinge geschehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dolan
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wahr. Nathan Hideaways Haltung, die Neigung seiner Hüften, das eine Bein gestreckt, das andere gebeugt. Die Knöchel seiner Hand, die die Waffe umklammerte. Den Lauf des Revolvers, der auf sie gerichtet war, in perspektivischer Verkürzung. Der stählerne Ring der Mündung.
    David Loogans Gesicht, die Schatten unter seinen Augen. Die langsame Drehung seines Kopfes, als wollte er sich nach dem weggeworfenen Spaten hinter sich umsehen. Etwas, das aus ihm wich, als er realisierte, dass der Spaten ihm nichts nützen würde. Seine rechte Hand, die langsam, mit gespreizten Fingern, hochkam. Elizabeth dachte, sie würde sich seinem Kinn nähern, seinen |385| Hals reiben wollen. Sie blieb in der Luft. Seine Augen waren aufgerissen, starrten auf die eigene Handfläche.
    Elizabeth dachte, sie sähe die Hand zittern, aber im dämmrigen Licht war sie sich nicht sicher.
    Eine Anspannung um Loogans Mund herum. Seine Lippen öffneten sich.
    Sein Atem, der im Augenblick der Entscheidung stockte. Als er Hideaways Frage beantwortete, wusste sie, dass er die Wahrheit sagte.
    »In meinem Haus, im Wohnzimmer«, begann Loogan, »hängt über dem Kamin eine gerahmte Fotografie. Eine Fotografie mit Papierblättern und bunten Glassplittern. Der Stick klebt an der Rückseite.«
    Seine Stimme klang ruhig, aber er fiel sichtlich in sich zusammen. Sein Körper zuckte, als wollte er vor Nathan Hideaway zurückweichen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und senkte den Kopf.
    Der Mündungsring verschwand, als Hideaway den Revolver auf Loogan richtete.
    »Gut«, sagte Hideaway sanft. »Ich glaube Ihnen.«
    Elizabeth versuchte aufzustehen, indem sie ihren Rücken am Stamm der Birke zentimeterweise hochschob. Warnend richtete Hideaway einen Moment lang die Waffe auf sie, und sie glitt wieder zu Boden.
    Jetzt war der Revolverlauf im Profil zu sehen, auf Loogans Herz zielend. Sie sah, wie Loogan zuckte, und dann gaben seine Knie nach. Er verschwand im Grab.
    Der Revolver blieb, wo er war. Hideaway runzelte die Stirn.
    »Mr Loogan, das bringt doch nichts.«
    Hideaway machte vorsichtig einen Schritt nach vorn, seine Schuhsohle glitt über Grashalme.
    »Stehen Sie auf«, rief er. »Es ist besser, sich zu stellen, als sich zu verstecken.«
    Der Rand des Grabes verdeckt seine Schusslinie, dachte Elizabeth. |386| Sie beobachtete, wie er vorsichtig voranschritt, misstrauisch die Waffe vor sich.
    »Ich kann Sie sehen, Mr Loogan.«
    Dann bewegte sich Hideaway beherzter vorwärts. Er war nur noch einen halben Meter vom Grab entfernt, als der Boden unter ihm nachgab.

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    Als Hideaway fiel, ging ein Schuss ab.
    Elizabeth nahm den orangefarbenen Funken des Mündungsfeuers und den dumpfen scharfen Klang, laut wie Kanonendonner auf der Lichtung, wahr. Sie zog die Füße an und schob sich an der Birkenrinde hoch. Vier schnelle Schritte brachten sie ans offene Grab. Sie erblickte Nathan Hideaway, der im Dreck an der gegenüberliegenden Wand herumwühlte, den Revolver immer noch in der Hand. Er war auf den Knien – und Loogan war unter ihm halb eingeklemmt.
    Ein Blick genügte, und schon sprang sie hinunter, landete mit den Füßen auf Hideaways Schultern. Wegen ihrer gefesselten Hände hatte sie keine Chance, das Gleichgewicht zu halten, und sie stürzte hart nach hinten. Sie hörte ein Knacken, zu leise für einen Schuss: Ihre linke Schulter war ausgekugelt. Quälender Schmerz durchfuhr sie.
    Einen Moment lang herrschte schwärzeste Dunkelheit in der Grube, dann konnte sie wieder sehen. Da war Nathan Hideaway unter ihren Füßen, der sich in den Boden krallte und versuchte, sich mit den Armen hochzustemmen, um den Revolver einsetzen zu können. Er drehte sich um, sah nach ihr. In diesem Moment zog Elizabeth den rechten Fuß an und trat ihm ins Gesicht, er zuckte zurück, versuchte erneut, sich aufzurichten. Und noch einmal hob sie den Fuß und trat ihm gegen den frostweißen Hinterkopf. Sein Gesicht prallte gegen eine Wand des Grabes.
    Der Revolver fiel auf den Boden, und gedämpft löste sich erneut ein Schuss. Hideaways breiter Rücken begann sich zu heben, |388| Elizabeth trat ihm noch mal gegen den Hinterkopf. Loogan, der sich unter ihm abmühte, bekam ein Bein frei und trat ihm in die Rippen. Elizabeth stampfte mit beiden Füßen auf Hideaways breitem Nacken herum, bis hinauf zu seinem Schädel. Sie grub sein Gesicht in die Erde hinein, und sein Körper wand sich und zuckte. Sie hörte nicht auf zu treten, und sein Gesicht versank im schwarzen Boden.

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