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Böse Dinge geschehen

Böse Dinge geschehen

Titel: Böse Dinge geschehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dolan
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die Novemberkälte. Seinen Ledermantel hatte er im Wald gelassen.
    Die neue Kleidung war ein Geschenk von Bridget Shellcross, die ihn am Tag zuvor besucht hatte. Sie hatten über Cass Hifflyn und Michael Beccanti gesprochen, an dessen Beerdigung sie Anfang der Woche teilgenommen hatte.
    Sie hatte Loogan ihre Telefonnummer gegeben und ihm das Versprechen abgenommen, dass er sie anrufen würde, wenn er aus dem Krankenhaus entlassen würde. Sie würde ihn nach Hause fahren. Die Nummer stand auf einem Zettel in seiner Tasche. Er nahm sich ein Taxi.
    Der Fahrer setzte ihn vor seinem gemieteten Haus ab. An der Haustür klebte gelbes Band. Er riss es ab, ging hinein und öffnete alle Fenster. Im ersten Stock bezog er das Bett mit frischen Laken und frischer Bettwäsche und schlief bis zum späten Nachmittag.
    Hungrig wachte er irgendwann auf, wusch sich und schloss die Fenster. Dann schloss er auch die Tür hinter sich und ging die Stufen hinunter, wobei er mit den Autoschlüsseln rasselte. In diesem Moment fiel ihm ein, dass er seinen Wagen zuletzt auf dem Parkplatz des Restaurants hinter Sean Wrentmores Wohnung gesehen hatte.
    Er ging die zwölf Blocks in die Stadt zu Fuß, ließ sich Zeit. In einem Restaurant, in dem er einmal mit Tom Kristoll gewesen war, nahm er ein frühes Abendessen ein. Dann sah er sich einen Film an, etwas Französisches und angeblich eine Komödie.
    Kurz nach neun kam er aus dem Kino. Auf dem Bürgersteig standen lauter Studenten. Er schlenderte die Liberty Street in westlicher Richtung entlang. Banken, Restaurants, Galerien. Er erreichte die Main, überquerte sie an der Ampel. Er müsste sich nach Süden wenden, wenn er nach Hause wollte. Er ging in nördlicher Richtung.
    |394| Vor dem Café gegenüber des
Gray
Streets
-Gebäudes lungerte eine Gruppe Studenten. Gepiercte Nasen, gefärbte Haare, Wolken von Zigarettenrauch. Loogan ging an ihnen vorbei, hielt sich vom Rauch fern und lehnte sich an einen Fensterrahmen des Cafés. Er sah auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite, auf ein Fenster im fünften Stock. Ein Rechteck von Licht. Eine Minute später huschte kurz ein Schatten daran vorbei. Auf Loogan wirkte er wie von einem Mann, der einen Filzhut trug.
    Loogan stürmte auf die Straße, wand sich zwischen den Autos hindurch und kramte seine Schlüssel hervor. Als er den Aufzug im Gebäude erreichte und auf den Knopf hämmerte, hatte er immer noch das laute Gehupe im Ohr. Er rannte den Flur im fünften Stock entlang und schlug so fest gegen die Eingangstür der Redaktion, dass das Milchglas vibrierte. Er schloss auf und sah als Erstes, dass die Tür zu Tom Kristolls Büro offen stand. Die Tischlampe schien auf die Unterlage, und hinter der Lampe erhob sich eine Gestalt aus dem Stuhl. Laura Kristoll.
    Sie nahm Toms Hut ab, als sie um den Schreibtisch herumkam. Seinen Trenchcoat behielt sie an. Der Mantel machte ihre Schultern breiter.
    »David, ist alles in Ordnung?«
    Sie kam ihm im Empfangszimmer entgegen, legte ihm die Hand an die Brust, ganz leicht, als könnte ihre Berührung ihn zerreißen.
    »Mir geht’s gut.«
    »Deine Atmung gefällt mir nicht«, sagte sie.
    »Manchmal mache ich mir selbst Sorgen.«
    »Ich dachte, du bist im Krankenhaus. Was machst du hier?«
    »Ich habe gerade deinen Schatten von der Straße aus gesehen, und ich dachte   –«
    »Was?«
    »Ich weiß nicht.«
    Sie blickte an ihrem Trenchcoat hinunter und dann auf den |395| Filzhut, den sie auf den Schreibtisch der Sekretärin geworfen hatte. »David«, sagte sie.
    »Es ist nicht das erste Mal, dass ich das gedacht habe«, gab er zu. »Ich meine, was habe ich denn eigentlich an Beweisen bekommen? Was habe ich wirklich mit eigenen Augen gesehen? Die Leiche eines Mannes auf dem Bürgersteig, die mit einem Tuch bedeckt war. Ein verschlossener Sarg, der in die Erde gelassen wurde. Wenn dies eine Geschichte wäre aus   –«
    »David   –«
    »Wenn dies eine Geschichte wäre, würde Tom in der Schlussszene auftauchen. Er würde alles erklären. Wir würden zusammen in aller Ruhe einen trinken gehen, und er würde mir erklären   –«
    Ihre Finger krallten sich in den Kragen seiner Jeansjacke.
    »David, hör auf.« Ihre Stimme wurde leiser. »David, Tom ist tot.«
     
    Er begleitete sie nach Hause. Beide schwiegen im Auto, als sie am Fluss entlangfuhr. Schließlich bogen sie in die lange Einfahrt zum Haus ein und stiegen aus. Er folgte ihr über den Schotterweg zur Haustür, trat hinter ihr ein. Sie bot ihm etwas zu

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