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Böse Dinge geschehen

Böse Dinge geschehen

Titel: Böse Dinge geschehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dolan
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Der Mörder könnte ihn mitgenommen haben. Das war vielleicht leichter, als die Fingerabdrücke abzuwischen.«
    »Und wenn er ihn mitgenommen hat, hatte er auch genügend Zeit, um ihn loszuwerden«, sagte McCaleb. »Also, wo führt uns das alles nun hin? Tully hat gelogen. Wollen Sie noch einmal mit ihm sprechen?«
    »Das haben wir uns jedenfalls überlegt«, sagte Shan. »Wir erzählen ihm, dass wir eine Zeugin haben, die ihn Freitagabend gesehen hat. Wir erzählen ihm nicht, wo die Zeugin ihn gesehen hat. Wir lassen ihn rätseln. Der Punkt ist, wir wissen, dass er uns angelogen hat. Wir sehen ja, ob er seine Geschichte ändert.«
    »Elizabeth?«
    »Es ist einen Versuch wert. Ich würde gern sehen, was er sagt.«
    McCaleb nickte. »Also gut.«
     
    Auf dem Bürgersteig gegenüber von Adrian Tullys Wohnhaus hüpften zwei Tauben um einen Brotkrumen herum. Eine der beiden pickte ihn mit dem Schnabel auf, und dann hüpfte die andere flügelschlagend auf sie zu, bis die erste ihn wieder fallen ließ.
    Elizabeth sah ihnen vom Auto aus zu, neben ihr auf dem |106| Fahrersitz saß Shan. Sie waren hinaufgegangen und hatten an Tullys Tür geklopft, aber niemand hatte reagiert.
    Shan hatte sein Handy herausgeholt. Seine Daumen bewegten sich blitzschnell über die Tasten. Er hatte eine Exfrau und einen Sohn, die in einem Vorort Detroits wohnten, und er hielt mittels SMS engen Kontakt mit ihnen. Elizabeth hatte den Jungen, einen Zwölfjährigen mit der schmalen Statur seines Vaters, einmal kennengelernt. Die Mutter des Kindes unterrichtete Stimmbildung, und im Dezernat hielt sich das Gerücht, dass Shan und sie einmal zusammen in einer Band aufgetreten waren – sie als Sängerin und er als Schlagzeuger. Es war ein Gerücht, das Shan weder bestätigte noch dementierte.
    Elizabeth sah ihn über irgendetwas auf seinem Handydisplay grinsen. Dann tippte er noch eine letzte Nachricht, steckte das Handy weg und stellte im Autoradio einen Nachrichtensender ein. Elizabeth richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Tauben auf dem Bürgersteig. Die beiden hüpften über den Beton und schleppten den Brotkrumen gemeinsam weg. An der Ecke tauchte ein Hund auf, ein Terrier, der an seiner Leine zerrte. Die Tauben flogen auf. Der Terrier schnappte im Vorüberlaufen nach dem Brot. Elizabeth blickte sich suchend nach den Tauben um, aber sie kehrten nicht zurück.
    »Es ist der dritte Weg«, sagte sie.
    Shan machte das Radio leiser. »Was hast du gesagt?«
    »So wird das hier laufen«, sagte Elizabeth. »Der dritte Weg.«
    »Was meinst du?«
    »Das ist mir nur so aufgefallen«, sagte sie. »Man wartet darauf, dass etwas passiert, und man glaubt, dass es so oder so passiert. Aber man irrt sich, weil es immer noch einen dritten Weg gibt.«
    Die Luft im Auto war stickig geworden. Elizabeth drückte an ihrer Seite auf einen Knopf, und die Fensterscheibe senkte sich herab.
    »Sagen wir mal, du hast dich für einen Job beworben«, sagte sie, »und du wartest jetzt darauf, dass du erfährst, ob du ihn |107| bekommen hast. Dann kommt der Anruf, und du glaubst, jetzt hörst du ein Ja oder ein Nein, aber es stellt sich heraus, dass die Person, mit der du das Vorstellungsgespräch geführt hattest, im Koma liegt, der Vorstand ist zurückgetreten, und die neue Führung möchte, dass du noch einmal kommst und ein Vorstellungsgespräch für einen völlig anderen Job führst, von dem du vorher noch gar nichts gewusst hast. Das ist der dritte Weg.«
    Shan ließ auf seiner Seite auch das Fenster herunter. »Und du glaubst, so wird das auch mit Tully laufen?«, sagte er. »Wir erzählen ihm, dass wir wissen, dass er lügt, und erwarten, dass er entweder mit einer neuen Geschichte ankommt oder dass er zusammenbricht und den Mord an Tom Kristoll gesteht   –«
    »Es wird eben weder das eine noch das andere sein.«
    »Und was ist dann der dritte Weg?«
    »Das ist es ja. Man weiß es nie.« Sie deutete mit einem Nicken auf einen Wagen, der die Straße herunterkam. »Aber wir werden es herausfinden. Ist er das nicht?«
    »Das ist er«, sagte Shan. »Das ist seine kleine Mistkarre. Da fährt er schon auf den Parkplatz von seinem Mistwohnhaus. Sollen wir ihn erst mal hinauffahren lassen?«
    »Klar. Wir wollen nicht zu eifrig erscheinen.«
    Ein paar Minuten später standen sie im Korridor vor Tullys Wohnungstür. Shan hatte eine freundliche, etwas zerstreute Miene aufgesetzt – reine Show, wie Elizabeth wusste   –, für den Fall, dass Tully durch den Türspion

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