Böse Dinge geschehen
hielt sie hoch.
»Wollen Sie mal raten, wofür der hier ist?«
Loogan lächelte und zuckte mit den Schultern. »Wofür?«
»Ich bin ziemlich sicher, der ist für ein Vorhängeschloss«, sagte sie. »Vor ein paar Monaten hat Sean ihn mir gegeben, nachdem wir uns angefreundet hatten. Außerdem hat er mir die Nummer eines Lagerraums und eine Adresse gegeben – von einer dieser Lagerhallen, die man am Highway sieht, wo man sich Räume mieten kann. Er sagte, falls ihm je etwas zustößt, dann sollte ich hinfahren und nachschauen, und ich wüsste schon, was ich zu tun hätte.«
»Das ist aber … rätselhaft«, sagte Loogan. »Haben Sie ihn nicht gebeten, Ihnen das zu erklären?«
»Doch, natürlich. Er hat es mir aber nicht erklärt. Wie ich schon sagte, ein seltsamer Mensch.«
»Waren Sie nie in Versuchung, einfach mal hinzufahren und nachzusehen?«
»Doch, ein- oder zweimal«, sagte sie. »Aber ich fand es nicht richtig. Es ist albern, aber ich dachte, er würde es irgendwie merken und sich dann verraten fühlen. Andere Male habe ich gedacht, vielleicht gibt es ja gar keinen Lagerraum. Vielleicht ist das seine Vorstellung von einem Streich.«
Loogan neigte den Kopf. »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.«
|160| Delia Ross sah ihn voller Zweifel an. »Meinen Sie, wir sollten das tun?«
»Ich sehe nicht, dass das irgendjemandem schaden könnte.«
Sie fuhr in ihrem eigenen Wagen, und Loogan folgte ihr. Sie nahmen die Autobahn, verließen sie aber nach kurzer Zeit wieder. Sie kamen an einem Holzlager und an einer Druckerei vorbei und erreichten schließlich die Lagerhalle, die von einem Maschendrahtzaun umgeben war. Das Tor stand offen. Die Gebäude waren lange Betonklötze, zwischen denen Kieswege verliefen.
Der Schlüssel passte in das Vorhängeschloss von Raum 401. Delia Ross trat zurück, und Loogan schob die Schiebetür hoch. Nach einem halben Meter blieb sie stecken. Loogan zog sie etwas herunter und schob sie noch einmal hoch, und als sie schließlich ganz offen stand, wirkte alles völlig undramatisch auf sie.
»Wissen Sie, ich habe fast erwartet, auf eine Leiche zu stoßen«, sagte Delia.
Da stand ein alter Porzellanschrank mit einer zerbrochenen Glastür. Mehrere hölzerne Stühle mit gerader Lehne. Eine Reihe von Pappkartons mit der Aufschrift BÜCHER.
Die Kartons standen ganz vorne. Loogan öffnete einen davon und entdeckte, dass »Bücher« ein Euphemismus war. Drinnen lagen lauter Männermagazine: Exemplare des
Playboy
und von
Penthouse
, die fünf Jahre alt waren. Delia sah ihm über die Schulter, sagte aber nichts. Er versuchte es mit einem anderen Karton und wurde mit echten Büchern belohnt. Philosophie-Lehrbücher –
Einführung in die Ethik
,
Eine Theorie der Gerechtigkeit
.
»Das sind meine«, sagte sie. »Ich habe sie Sean schon vor einer ganzen Weile gegeben, weil ich dachte, er könnte sie vielleicht verkaufen. Das hat er dann wohl nicht.«
»Sie haben Philosophie studiert?«, sagte Loogan.
»Tu ich immer noch«, sagte sie. »Medizinethik. Nächsten Monat |161| habe ich die Disputation für meine Doktorarbeit, und dann bekomme ich mit etwas Glück hoffentlich einen Lehrerjob. Und dann sage ich dem Pflegedienst Auf Wiedersehen.«
Loogan schaute in jeden einzelnen Karton, zog sie auf den Kies hinaus, um an die anderen, die weiter hinten standen, zu gelangen. Es gab noch einen Karton mit Zeitschriften, aber in den restlichen waren Bücher, und zwar uninteressante. Lehrbücher, Taschenbücher und Buchclub-Ausgaben. Kaum der ganzen Mühe wert.
»Also, jetzt bin ich hier«, sagte Delia, als Loogan den letzten Karton wieder hineingeschoben hatte. »Und ich habe mich umgesehen. Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, was ich nun tun soll.«
»Vielleicht war das ja wirklich ein Streich. Ich könnte mir das schon vorstellen«, wandte Loogan ein.
»Das könnte ich auch«, sagte sie. »Aber ist Ihnen die Stelle da drüben aufgefallen?«
Loogan war sie aufgefallen. Vorn im Raum, ganz rechts, war eine leere Stelle von etwa einem halben Quadratmeter.
»Was glauben Sie, was das war?«, sagte er.
»Da hat wohl mal was gestanden. Wahrscheinlich noch ein Karton.« Sie hockte sich hin. »Man kann im Staub fast die Umrisse sehen.«
Sie erhob sich wieder. »Vielleicht stand da
wirklich
etwas – das Ding, wegen dem ich herkommen und nachschauen sollte. Vielleicht hat Sean es weggeräumt.«
Das war möglich, dachte Loogan. Oder es hat vielleicht jemand anderes
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