Böse Dinge geschehen
zu sein.«
»Taugt er etwas?«, fragte Loogan. »Wovon handelt er?«
»Er ist wundervoll, aber schwer zu beschreiben«, sagte sie. »Die Hauptfigur ist ein Künstler. Er hat die Schule abgebrochen und lebt wieder in der Stadt, in der er aufgewachsen ist. Er verliebt sich in eine Frau, die Kinderbücher schreibt. Aber es gibt |157| auch noch einen Taschendieb, und der Taschendieb hat sich auf einen korrupten Polizisten eingelassen. Der Polizist erpresst ihn – droht ihm, ein Verbrechen, das er begangen hat, an die Öffentlichkeit zu bringen. Dabei hat er es gar nicht begangen – das findet man dann am Ende heraus.«
Sie schloss, wie zur Erinnerung, die Augen. »Der Künstler und der Taschendieb freunden sich jedenfalls an, und gemeinsam stehlen sie das Manuskript der Kinderbuchautorin, damit der Künstler es illustrieren kann. Ich weiß, es hört sich lächerlich an, aber im Buch ergibt alles seinen Sinn. Außerdem gibt es eine Menge anderer Geschichten. Der Vater des Künstlers ist gerade gestorben, und man findet heraus, dass er Alkoholiker war, und dann gibt es all diese Szenen, die in die Kindheit des Künstlers zurückführen und in die Zeit, als er ein Teenager war. Und es gibt eine wunderbare Liebesgeschichte, über den Künstler und seine große Highschool-Liebe, aber irgendwie kommen sie nie zusammen.«
»Das hört sich kompliziert an«, sagte Loogan.
»Das ist es. Das Manuskript hat zwölfhundert Seiten.«
»Wow.«
»Und es gibt auch einige Gewaltszenen, auch wenn man es nicht einen Krimi nennen würde. Ich weiß nicht, wie man es einordnen würde. Ich glaube, das ist ein Teil des Problems. Sean hat mir die Absage einer Agentin gezeigt. Sie schreibt, dass sie seine Sprache liebe, aber dass sie nicht wüsste, wie sie das Manuskript verkaufen soll.«
»Es hört sich trotzdem wie ein faszinierendes Buch an«, sagte Loogan. »Wie heißt es denn?«
»
Lügner
und irgendwas«, sagte Delia Ross. »Lassen Sie mich nachdenken …
Lügner, Diebe und unschuldige Menschen
.«
»Ich würde es gern lesen. Haben Sie das Manuskript immer noch?«
»Ich habe es auf Diskette.« Sie zögerte. »Die Sache ist die, Sean hat mich schwören lassen, dass ich es niemand anderem |158| zeige. Ich hätte kein gutes Gefühl, wenn ich es Ihnen ohne seine Erlaubnis geben würde.«
»Das kann ich verstehen. Ich möchte Sie nicht zu irgendetwas verleiten, bei dem Sie sich nicht wohlfühlen.« Loogan blickte auf seine Uhr. »Nun ja, ich komme dann wohl ein anderes Mal wieder. Es wäre schön, wenn ich wüsste, wo ich nach ihm suchen soll. Wissen Sie, ob er derzeit arbeitet? Ich meine, tagsüber. Er muss doch irgendetwas tun, um seine Schreiberei zu finanzieren.«
»Er hat mir erzählt, dass er Dinge übers Internet verkauft«, sagte sie. »Gebrauchte Bücher, solche Sachen. Verdient offenbar ganz gut damit. Ich habe allerdings immer vermutet, dass er von irgendeinem Erbe lebt oder so – dass seine Familie sehr reich ist, ohne dass jemand davon weiß.«
»Nicht, dass ich wüsste«, sagte Loogan. Obwohl das, so wenig wie ihm bekannt war, durchaus der Fall sein konnte.
Sie wurde still und trat einen Schritt zurück, als wollte sie gehen, wandte dann den Kopf und starrte auf die Tür von Sean Wrentmores Eigentumswohnung.
Loogan sagte: »Gibt’s noch was?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie langsam. »Es ist bloß – na ja, Sean ist irgendwie ein seltsamer Mensch. Das muss ich Ihnen wohl nicht sagen.«
»Wohl nicht, nein.«
»Sie sagen, Sie haben seit einem Monat nichts mehr von ihm gehört«, sagte sie, »und ich glaube, es ist fast genauso lange her, dass ich ihn nicht mehr gesehen habe. Glauben Sie, er ist verreist?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wenn er im Urlaub ist, dann hat er vergessen, seine Post lagern zu lassen. Sein Briefkasten quoll über, und neulich habe ich ihn mal geleert. Ich habe einen ziemlichen Stapel auf meinem Esstisch.«
»Das ist nett von Ihnen.«
|159| »Ich will ja den Teufel nicht an die Wand malen, aber … Sie denken doch nicht, dass ihm etwas passiert ist, oder?«
Loogan hob seine Augenbrauen. »Also, ich möchte den Teufel auch nicht an die Wand malen.«
»Ich will nicht paranoid erscheinen. Andererseits – ich weiß nicht, ob Ihnen das an ihm aufgefallen ist, aber Sean ist ein bisschen paranoid.«
»Ja?«
»Ich weiß nur nicht, weshalb er eigentlich so paranoid ist.« Sie nahm ihre Handtasche von der Schulter, griff hinein und holte einen Schlüsselbund heraus. Einen Schlüssel
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