Böse Dinge geschehen
Büchern –
Dreh dich um
, mit der Kunsthändlerin Linda Lorenger und ihrem Golden Retriever als Hauptpersonen – hatte Wrentmore eine zweizeilige Kritik beigesteuert:
Den Hund erschießen. Mit Linda abhauen.
In einem von Casimir Hifflyns Kendel-Krimis standen auf den ersten Seiten eine Reihe von Kurzkritiken. Ein Rezensent des
Boston Globe
hatte geschrieben:
Packt einen förmlich am Kragen und lässt einen nicht mehr los
. Wrentmore hatte das durchgestrichen und ersetzt durch:
Schlägt einem ins Gesicht und schmeißt einen aus einem fahrenden Zug.
In anderen Büchern fanden sich ähnliche Kommentare. Loogan suchte noch mehr von ihnen zusammen, hörte aber auf, als er merkte, dass er auf diese Weise nur Zeit vertrödelte. Er hatte das bekommen, was der Grund für sein Kommen gewesen war – ein Gefühl für Sean Wrentmore. Es war unwahrscheinlich, dass er noch wesentlich mehr erfahren würde, indem er die Bücher des Mannes durchschnüffelte.
Er warf einen letzten Blick in die Runde und ging dann durch die Wohnungstür nach draußen, so wie er auch schon gekommen war, hinaus in das kühle Grau eines Oktobernachmittags. Er schloss die Haustür zu und streifte die Plastikhandschuhe ab, die er getragen hatte, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. |155| Da bemerkte er auf dem Bürgersteig eine Frau, die auf ihn zukam – jung, Afroamerikanerin. Sie trug eine Uniform, in der Art wie sie bei Altenpflegerinnen zu sehen ist, und über ihrer Schulter hing eine Handtasche. Vielleicht kam sie gerade von der Arbeit nach Hause.
Loogan stopfte die Handschuhe in seine Jacketttasche und hoffte, dass sie nichts bemerkt hatte. Er lächelte verlegen und winkte.
Sie blieb ein paar Meter vor ihm stehen, wirkte unsicher. »Sind Sie ein Freund von Sean?«
»Ich bin sein Cousin«, sagte Loogan. »Ted Carmady.«
»Delia Ross.« Sie nickte zur Begrüßung und kam näher heran. »Ich wohne nebenan.«
»Ich bin aus Dayton geschäftlich hierhergekommen«, sagte Loogan, »und wollte mal reinschauen. Aber Sean ist nicht zu Hause.« Wrentmores biografische Notiz in
Gray Streets
besagte, dass er in Dayton aufgewachsen war.
»Ich habe ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen«, sagte Delia Ross. »Ich frage mich allmählich, wo er ist.«
»Wir haben seit einem Monat oder so nichts mehr von ihm gehört«, sagte Loogan. »Das ist natürlich gar nicht so lang, aber seine Mutter macht sich Sorgen. Sonst wäre ich nicht in die Wohnung gegangen.« Sie hatte gesehen, wie er herausgekommen war, dachte Loogan. Es hatte keinen Sinn, es zu leugnen.
»Sie hatten glücklicherweise einen Schlüssel?«, stellte sie halb fragend fest.
Er hielt ihn für sie hoch. »Sean hat immer einen Zweitschlüssel draußen unter einem Stein versteckt.« Er fügte augenzwinkernd hinzu: »Ich sollte das wahrscheinlich gar nicht verraten.«
Das entlockte ihr ein vorsichtiges Lächeln. »Sein Geheimnis ist sicher verwahrt«, sagte sie.
»Kennen Sie Sean gut?«, erkundigte er sich.
»Ich frage mich, ob das überhaupt irgendjemand tut«, sagte sie.
|156| »Er war schon ein Eigenbrötler, als er noch klein war. Lebt immer noch allein, so wie das da drinnen aussieht«, fügte Loogan hinzu und deutete mit einem Kopfnicken auf die Tür. »Hält aber alles sehr ordentlich. Ich frage mich, ob er eine Putzfrau hat oder so.«
»Ich habe nie jemanden gesehen«, sagte sie. »Ich glaube, der hat selbst so einen Ordnungsfimmel.«
Loogan verlieh seiner Stimme jetzt etwas Neckisches. »Irgendwelche Freundinnen? Ich würde ja nicht fragen, aber das ist das Erste, wonach seine Mutter fragen wird, wenn ich sie sehe.«
»Das kann ich nicht mit Sicherheit beantworten. Aber gesehen habe ich keine.«
»Er schreibt immer noch, nehme ich an.«
»Ja. Das kann ich bestätigen.«
»Ich habe einige seiner Geschichten gelesen«, sagte Loogan. »Sie sind ziemlich abgefahren. Voller Gewalt. Aber das wollen die Leute wohl lesen.«
»Haben Sie mal von seinem Roman gehört?«
Loogan hielt kurz inne. »Ich weiß, dass er davon gesprochen hat, dass er einen schreibt. Ist er denn fertig?«
»Ja. Er überarbeitet ihn zwar immer noch. Aber ich durfte ihn schon mal lesen.«
Loogan lächelte. »Dann muss er Sie aber mögen.«
»Ich musste ihn drei- oder viermal fragen, bevor ich ihn lesen durfte«, sagte sie. »Er ist schüchtern. Ich weiß nicht, was er tun würde, wenn der Roman je veröffentlicht werden würde, wenn es ein Erfolg würde. Ich weiß nicht, wie er damit zurechtkäme, berühmt
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