Böse Dinge geschehen
als sie antwortete, nichts anmerken.
»Wir sehen immer in den Hosentaschen nach, Mr Loogan. Das gehört zu unserem Job.«
»Haben Sie eine CD gefunden oder einen Brief, der an Tom Kristoll adressiert war?«
»Nein. Was hat es damit auf sich?«
»Wenn ich das bloß wüsste. Schauen Sie, ich war nicht ganz ehrlich zu Ihnen.«
»Ach, ja?«
»Ich habe Ihnen gesagt, ich hätte aufgehört, nach Michael Beccanti zu suchen, und das stimmt auch. Aber ich musste gar nicht mehr suchen, denn er hat mich gefunden. Er ist in der Nacht nach Toms Begräbnis zu mir gekommen.«
Sie stand jetzt aufrecht und hellwach da. »Erzählen Sie weiter.«
»Er ist in der Nacht durchs Fenster eingestiegen. Dabei ist das Fenstergitter aufgeschlitzt worden. Er wusste, dass ich auf der Suche nach ihm war. Ich glaube, er wollte zu seinen Bedingungen Kontakt zu mir aufnehmen. Wir waren beide Freunde von Tom. Er fand, wir sollten etwas wegen Toms Tod unternehmen.«
»Das ist keine Geschichte aus
Gray Streets
, Mr Loogan.«
»Das sagen Sie mir schon die ganze Zeit. Aber alles sieht mehr und mehr danach aus. Beccanti ist am Samstag zu Toms Büro in die Stadt gefahren. Nur, um sich mal umzuschauen. Er hat nichts zutage gefördert. Dann ist er gestern Nacht in Toms Haus eingedrungen. Er entdeckte einen Brief und eine CD und hat sie vorbeigebracht, um sie mir zu zeigen. Ich war im Bett. Er |223| ist wieder durchs Fenster eingestiegen. Ich glaube, er fand das amüsant. Wir haben oben miteinander geredet. Er wollte unsere nächsten Schritte planen. Er ist wieder nach unten gegangen, und ich sollte mich anziehen und dann zu ihm nach unten kommen.
Und da muss es geschehen sein. Entweder hat jemand das Haus beobachtet oder jemand ist ihm gefolgt. Und wer auch immer das war, er hat gesehen, wie Beccanti durchs Fenster hineingeklettert ist. Er muss auf dem gleichen Weg eingestiegen sein. Er blieb unten, während Beccanti und ich geredet haben. Und als Beccanti wieder herunterkam, wartete er schon mit dem Messer auf ihn.«
Allmählich verlor Loogans Stimme an Kraft. »Als ich nach unten kam, war er schon wieder fort. Beccanti saß blutend auf dem Sofa. Ich habe nicht daran gedacht, seine Hosentaschen zu überprüfen, meine Gedanken waren ganz woanders. Aber wenn Sie keine CD und keinen Brief gefunden haben, dann muss der Mörder sie mitgenommen haben.«
Dann hörte Elizabeth eine Weile gar nichts. Das Schweigen wurde auch nicht von irgendwelchem Straßenlärm ausgefüllt. Sie stellte sich vor, wie er in einem kargen Hotelzimmer auf und ab ging.
»Er hat übrigens nichts gesagt«, fuhr Loogan schließlich fort. »Beccanti. Ich glaube, er stand unter Schock. Ich weiß noch, dass er mich ein paarmal angesehen hat. Ich glaube, er wusste, dass er sterben würde.« Sie hörte, wie er tief durchatmete. »Es tut mir leid. Ich bin müde. Ich bin letzte Nacht sehr weit gefahren.«
Er verstummte wieder, und sie merkte, wie sie auf die Blätter auf dem Foto über dem Kamin starrte.
»David«, sagte sie. »Sie sollten herkommen. Nehmen Sie sich einen Anwalt. Schaffen Sie Klarheit.«
»Können Sie mir garantieren, dass ich nicht festgenommen werde, wenn ich komme?«
Sie zögerte. »Das könnte ich, wenn es nach mir ginge.«
|224| »Aber es geht nicht nach Ihnen«, sagte er. »Das habe ich mir schon gedacht. Ich weiß, in welcher Lage ich bin. Beccanti ist tot, und ich bin ein Verdächtiger. Wenn das eine Geschichte aus
Gray Streets
wäre, müsste ich das Verbrechen auf eigene Faust lösen. Ich müsste den Mörder finden und damit alle Verdächtigungen entkräften.«
Sie schloss die Augen. »David, das ist aber keine Geschichte aus
Gray Streets
.«
»Das sagen Sie. Schauen Sie, es gibt noch mehr, das ich Ihnen erzählen muss, aber es ist kompliziert. Es fängt mit der CD und dem Brief an. Auf der CD ist ein Manuskript. Der Brief stammt von einem Erpresser. Haben Sie einen Kuli zur Hand? Sie werden vermutlich das eine oder andere aufschreiben wollen.«
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Elizabeth öffnete die Augen. »Haben Sie ›Erpresser‹ gesagt?«
»Ich kann mich nicht mehr an den genauen Wortlaut des Briefes erinnern, aber er fing an mit dem Satz: ›Lieber Mr Kristoll, ich weiß Bescheid über Sean Wrentmore.‹ Dann folgte eine Forderung über fünfzigtausend Dollar sowie eine Adresse in Chicago, an die man das Geld schicken sollte. Der Brief war unterschrieben, aber das wird Ihnen nicht weiterhelfen. Derjenige, der ihn geschrieben hat, hat ein Pseudonym gebraucht: M. L.
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