Böse Freundin (German Edition)
sie lieber zu mögen als alle anderen. «Ich würde gern darüber reden, was damals passiert ist», setzte sie an.
Becky nickte. «Ich habe mich oft gefragt, ob es dich verfolgt.» Sie blickte Celia forschend ins Gesicht. «Weißt du eigentlich, dass ich eine Rede geschrieben habe? Eine fulminante Anklage und Rechtfertigung, die ich vorbringen wollte, wenn du mich gefragt hättest, ob wir wieder Freundinnen sein könnten. Ich bin dir in der Mittelstufe nach Kräften aus dem Weg gegangen und hab immer darauf gewartet, dass du auf mich zukommst und mich um Verzeihung bittest. Aber das hast du nie getan.»
«Ich habe es sehr, sehr lange ausgeblendet», sagte Celia.
«Echt? Guter Trick. Ich schäme mich immer noch für unsere Grausamkeit, und dabei habe ich mich vor zwanzig Jahren bei Leanne dafür entschuldigt!»
Zwei Frauen starrten einander über einen Abgrund hinweg an, ohne zu erkennen, was auf der anderen Seite lag.
«Entschuldige», sagte Celia, «aber ich glaube, ich verstehe nicht ganz, was du meinst.»
Becky sah sie ungläubig an. «Ich meine all die fiesen Spielchen, mit denen du und Djuna das arme Mädchen gequält habt! Die täglichen Bewertungen, die Kleiderordnung.» Sie schüttelte den Kopf. «Als Leanne und ich uns schließlich angefreundet haben, richtig angefreundet, da warst du eins unserer Hauptthemen. Falls es dich interessiert, ich habe dich in Schutz genommen. Ich habe zu Leanne gesagt, dass du anders warst, bevor Djuna dazugekommen ist, dass Djuna ein schlechter Einfluss war. Und natürlich war es nicht nur eure Schuld. Josie und ich haben es geschehen lassen. Wir haben nie versucht, euch daran zu hindern.»
Celia erinnerte sich an Gekicher auf der Toilette, an Zettelchen, die von Pult zu Pult wanderten. Es klingelte leise bei ihr, wie eine vertraute Passage aus einer ansonsten vergessenen Melodie.
«Ich denke, es war eine Art Selbstschutz», sagte Becky. «Ich hatte Angst, dass ich als Nächste dran wäre, wenn ich versuchen würde, Leanne zu verteidigen. An dem Tag, an dem mir klar wurde, dass ich etwas sagen musste, weil ihr es wirklich zu weit getrieben hattet – an dem Tag war es vorbei. Weißt du, dass ich insgeheim fast froh darüber war? Geschieht ihr ganz recht, habe ich gedacht, dass sie in das Auto eingestiegen ist. Furchtbar, so was zu denken, ich weiß. Wenn ich mir Chaya ansehe, meine Älteste, wird mir bewusst, wie jung wir damals alle noch waren – niemand hat es verdient, dass ihm so etwas zustößt wie Djuna … nicht einmal Djuna.»
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
«Was weißt du noch von dem Tag?», fragte Celia.
«Nein», gab Becky zurück. «Du erzählst mir jetzt, was du noch weißt. Zwanzig Jahre habe ich darüber nachgedacht, und ich finde, ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren. Abgesehen von Djuna selbst hast du mehr gesehen als wir alle, und sie wird mich wohl kaum hier aufspüren.»
An einem weiter entfernten Tisch teilten zwei jüngere Versionen von Becky – beide schwanger, beide von hungrigen kleinen Mäulern umgeben – gelassen wie Croupiers in einer Spielbank Bagels aus. Die älteren Kinder reichten Servietten herum, mit dem gleichen gelangweilt effizienten Gesichtsausdruck wie ihre Mütter.
Celia schloss die Augen und holte Luft.
«Ich weiß noch, dass es ein schöner Tag war», sagte sie. «So ein Tag, an dem man eigentlich nur rauswill. Als wir fünf uns auf den Weg gemacht haben –»
«Ich hatte solche Angst», sagte Becky. «Wir wussten doch genau, dass wir da nicht zu Fuß langlaufen sollten. Die Straße war ja fast schon eine Autobahn. Keine Gehwege. Und dieser Wahnsinnsverkehr. Auf so einer Straße treiben sich nur ungezogene Kinder herum. Und zu der Zeit war ich kein ungezogenes Kind.»
«Djuna und ich sind vor euch hergelaufen», fuhr Celia fort. «Wir haben uns über irgendwas gestritten, und kurz vor einer Kurve ist Djuna abgezischt –»
«Ihr habt euch wegen Leanne gestritten», unterbrach Becky sie. «Ich habe Djuna noch nie so wütend gesehen, und das will etwas heißen bei euch zwei Kampfhennen. Wir waren an einer großen Biegung, es gab nirgends Leitplanken oder so … nur die Straße, den Schotterstreifen und dann die Bäume. Du hast zu uns gesagt, du würdest ihr nachgehen, wir sollten so lange warten, und du hattest uns so gut im Griff, dass wir eine Zeitlang ganz brav genau das getan haben.»
«Djuna ist in den Wald gelaufen, als wir um die Kurve gebogen sind», sagte Celia. «Ich bin hinter ihr her,
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