Böse Freundin (German Edition)
aber bevor ich bei ihr war, ist sie gestürzt. Ich habe es gesehen, und als sie nicht gleich wieder aufgestanden ist, bin ich auf demselben Weg wieder zurückgegangen. Ich habe sie einfach dagelassen.»
In Beckys Miene stand etwas, aus dem Celia nicht schlau wurde.
«Becky», sagte sie. «Ich habe euch damals angelogen. Ich habe euch erzählt, dass Djuna in ein Auto gestiegen ist, aber das stimmt nicht. Sie ist nie aus dem Wald herausgekommen.»
Becky atmete langsam aus, genauso wie bei ihrem Telefonat am Morgen. Celia wurde klar, dass Becky wahrscheinlich nur rauchte, wenn sie sich allein wähnte.
«Ich würde es gern genauer beschreiben können», sagte Celia, «aber ich kann es mir nur so erklären, dass sie in ein Loch oder etwas in der Art gefallen sein muss. Im einen Moment war sie noch da und im nächsten weg, und ich habe nicht –»
«Celia.»
Celia kam es vor, als hätte man sie aus einem Traum gerissen.
«Erinnerst du dich noch an meinen Vater?», fragte Becky und musterte Celia über den Tisch hinweg. «Blöde Frage. Natürlich tust du das. Tja, offenbar kann er sich nicht daran erinnern, meine Mutter je geschlagen zu haben.»
Celia wedelte mit den Händen, wie um Beckys Worte zu verscheuchen.
«Ich weiß!», rief Becky. «Nicht zu fassen, oder? Vor ungefähr fünf Jahren habe ich mit ihm darüber geredet. Zum ersten Mal wieder, seit ich dreizehn war. Er erinnert sich daran, dass er einmal eine Lampe an die Wand geschmissen hat. Ein Erbstück. Von der Großmutter meiner Mutter. Das tut ihm immer noch furchtbar leid. Das falsche Ende für eine Ehe, die irgendwie ein Ende finden musste, hat er gemeint.» Becky lächelte. «Ich hab nichts dazu gesagt. Sinnlos. Außerdem hat er mich nicht nach meiner Meinung gefragt. Aber du hast jetzt nachgefragt, also sage ich dir Folgendes: Ich weiß noch, dass ich am Straßenrand stand, während du mit Djuna im Streit abgezogen bist. Leanne hatte nichts in der richtigen Farbe an. Bis dahin hatte sie es immer mit irgendwas versucht – lavendelblaue Socken oder ein rosa Gürtel. An dem Tag hatte ich das Gefühl, als hätte sie es geradezu darauf angelegt, zu weit zu gehen. Du hast nichts von dem Haarschnitt gesagt, zum Glück, mir wird heute noch schlecht, wenn ich daran denke. Spulen wir vor zu dem, was an der Straße passiert ist. Bis zu dem Tag habt ihr, Djuna und du, zumindest was Leanne anging, immer am selben Strang gezogen. Dass dir auf einmal Bedenken gekommen sind, als wir unterwegs waren … das hat Djuna stinksauer gemacht. Ihr zwei wart gerade um die Kurve verschwunden. Leanne stand bei Josie und mir und hat euch nachgeschaut, mit diesem fast schon gierigen Blick.» Becky schüttelte den Kopf. «Da habe ich beschlossen, etwas zu sagen. Und musste es dann gar nicht mehr.»
Becky starrte Celia an, als hätte sie vergessen, wo sie war. «Wenn ich nur ein bisschen früher um die Kurve gekommen wäre, hätte ich Djuna einsteigen sehen. Das hätte es für mich wohl schwerer gemacht, weil ich dann den Gedanken nicht mehr losgeworden wäre, dass ich es irgendwie hätte verhindern können. Aber das Auto fuhr da schon los. Dem Polizisten konnte ich später nur sagen, dass es braun war. Du hast uns erzählt, jemand hätte ihr angeboten, sie heimzubringen, und wir müssten sofort zu ihr nach Hause, um sicherzugehen. Keine Ahnung, wieso, aber du hast das so überzeugend gesagt, dass ich nicht widersprochen habe. Auf dem Rückweg habe ich gedacht, das wäre ein Neuanfang, und du und ich, wir könnten wieder so befreundet sein wie früher. Es hat mir so imponiert, dass du ihr die Stirn geboten hast, dass wir beide zur selben Zeit das Gefühl hatten: bis hierher und nicht weiter. Ich hatte mir vorgenommen, wenn wir bei Djuna wären, dich vor ihr zu fragen, ob du noch mit zu mir kommen wolltest. Dann standen wir vor ihrem Haus, und Mrs. Pearson kam an die Tür, und Djuna war natürlich nicht da. Daraufhin hast du gesagt, du hättest den Fahrer nicht gekannt, und da erst habe ich begriffen, warum wir zu Djuna nach Hause gegangen waren. Bei dem Wort ‹Fremder› hat es mir gedämmert. Im Zusammenhang mit ‹Auto› kann das nur eins bedeuten. Das Gehirn ist gut im selektiven Vergessen – Yoshi, unser Jüngster, ist keine sechs Monate alt, und ich habe seine Geburt nur noch verschwommen in Erinnerung –, aber ich weiß noch, wie ich da auf dem Gartenweg vor Djunas Haus stand und erst merkte, dass ich mir in die Hose gemacht hatte, als es mir am Bein entlangrann.
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