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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myla Goldberg
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Ich bin heute noch schwer beeindruckt, wenn ich an dich auf dieser Straße denke. Ich wäre vermutlich ebenfalls mitgefahren, obwohl ich wusste, wie schrecklich verkehrt das war, aber ich wäre in den Wagen eingestiegen, weil Djuna schon drinsaß. Wie hast du es bloß geschafft, dich da rauszuhalten? Das hat mich mehr beschäftigt, als ich gern zugeben möchte.»
    «Becky», sagte Celia. «Da war kein Auto.»
    Sie hatte es leise sagen wollen, doch die Frauen am Nachbartisch drehten sich zu ihnen um. Becky lächelte und sagte etwas in einer für Celia unverständlichen Sprache. Die Frauen lachten. Beckys Augen wanderten prüfend durch den Speiseraum, dann löste sich der angespannte Zug um ihren Mund wieder. Der Blick, mit dem sie Celia ansah, war weich.
    «Hör zu, Celia», sagte sie. «Ich habe eine ganz schlichte Antwort für dich.» Sie beugte sich zu ihr hin, und in der Neigung ihres Halses erspähte Celia ein Mädchen, das in umgegrabener Erde nach Artefakten sucht. «Sag Leanne, dass es dir leidtut. Um Verzeihung zu bitten kann viel bewirken. Meinem Vater hätte ich das Gleiche geraten, wenn er mich je danach gefragt hätte.»
    Becky sah auf ihre Uhr, stand auf und hielt Celia die Hand hin. Als Celia sich ebenfalls erhob, nahm Becky ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie auf die Wangen. « Sej gesunt , Celia. Mach’s gut.» Sie war fort, bevor Celia das Geld für die Rechnung bemerkte und ihr etwas davon wiedergeben konnte.
    ***
    Dass Celia unversehrt zu Hause ankam, verdankte sie einer schnurgeraden Straße mit wenigen Autos – sechzig Meilen Highway, die Raum für alles ließen, was ihr durch den Kopf ging. Beckys Worte hatten etwas losgeschlagen, etwas seltsam Geformtes mit schartigem Rand. Celia wusste nicht mehr, wie es mit den täglichen Bewertungen angefangen hatte, nur dass Leanne allmorgendlich zur Musterung angetreten war. Manchmal band sie sich das strähnige Haar zu einem schlaffen Pferdeschwanz, manchmal erschien sie statt in abgetragenen Cordhosen in einem ausgeblichenen Kleid. Einmal wies sie stolz Fingernägel in einem Rotton vor, den sie ihrer Mutter aus der Schublade stibitzt hatte; der Lack verlief über die abgekauten Nägel hinaus bis auf Nagelhaut und Fingerspitzen. Zu schlampig in der Ausführung, hatten sie ihr erklärt, das gab Minuspunkte. Und dann das eine Mal, als Celia und Djuna Leanne in der Mädchentoilette überrascht hatten. Mit ein wenig Hilfestellung konnte Djuna über die Kabinentür zu Leanne hinuntersehen, die mit der Unterhose um die Knöchel dasaß. Leanne kreischte auf, als hätte man ihr ins Gesicht geschlagen. «Bloß eine Kontrolle», hatte Djuna gesagt, bevor sie und Celia kichernd hinaus auf den Flur liefen.
    Als sie in der Schubert Street die Haustür aufschloss, hörte Celia das Telefon klingeln. Sie raste hin. Bestimmt war das Mrs. Linke; und sicherlich würde sie es nur dieses eine Mal probieren.
    «Hallo?», keuchte sie.
    «Cee?»
    Jeremy hatte die Stimme eines Radiomoderators aus dem Spätprogramm; zu Beginn hatte sie wie ein alberner Witz gewirkt, der erste Schritt zum Umbau in der Pubertät, der einen schmächtigen, glattwangigen Jungen auf einmal klingen ließ wie Isaac Hayes. Der anfängliche Schock über dieses verquere Timing hatte sich nie ganz gelegt. Selbst jetzt sprach Jeremy immer noch leise, als bäte er weiterhin um Entschuldigung für eine Diskrepanz, die längst behoben war.
    «Was ist los?», fragte Celia. Ihr Puls raste. Das letzte Mal hatte ihr Bruder angerufen, um Daniels Geburt zu verkünden, und davor konnte sie sich an kein Telefonat erinnern. Die Besuche anlässlich der Feiertage hatten immer ausgereicht; die Lücken dazwischen wurden von ihren Eltern gefüllt.
    «Nichts», sagte er, was, wie ihr aufging, völlig zutreffend war. Das hier war nicht ihr Telefon und nicht ihr Haus, hier herrschten andere Vorstellungen von normal und nicht normal. «Aber was ist mit dir?», fragte er. «Du klingst ein bisschen komisch.»
    «Entschuldige. Ich wusste plötzlich nicht mehr, wo ich bin. Als das Telefon geklingelt hat, habe ich einfach –»
    «Keine Bange», sagte er. «Ich rufe nur wegen Samstag an. Mom war sich nicht ganz sicher, ob dir Brunch oder Abendessen lieber wäre, und ich wollte eine Nachricht hinterlassen, dass uns beides passt.» Er schwieg einen Moment. «Hat mich übrigens ein bisschen überrascht, von Mom zu hören, dass du da bist.»
    «Es war ziemlich spontan», sagte Celia.
    «Stimmt irgendwas nicht? Du bist doch

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