Böse Freundin (German Edition)
können.
«Ceel», sagte Huck. «Sei nicht so streng mit dir. Du tust dein Bestes.»
«Aber was ist, wenn alle so reagieren wie Mommy und Becky?», fragte sie. «Was ist, wenn niemand mir glaubt?»
Sie spürte, was als Nächstes kommen würde, und schüttelte schon den Kopf, bevor Huck die Frage stellte.
«Meinst du denn, es besteht die Möglichkeit, dass Becky recht hat?»
Celia hielt den Atem an.
«Lass mich ausreden», sagte Huck. «Ich will damit nicht unterstellen, dass Becky oder deine Mutter tatsächlich recht haben. Ich frage lediglich, ob für den Fall, dass jemand etwas falsch in Erinnerung hat, dieser Jemand unter Umständen du sein könntest?»
Sie atmete aus.
«Das musst du nicht tun», sagte sie.
«Was?»
«Irgendwas finden, das mich freispricht.»
«Das tue ich doch gar nicht», sagte Huck. «Ich frage mich nur, ob –»
«Da gibt es nichts zu fragen, Huck.» Celia schloss die Augen und sah Djuna in Zeitlupe fallen. «Ich weiß , was ich getan habe. Und es erklärt so vieles.»
«Ceel, es gibt nichts zu –»
«Doch, gibt es. Jeder weiß, dass es nicht an dir liegt. Seit Jahren übst du dich in Geduld, lenkst dich mit deinen Schülern und den zwei Süßen ab.»
«Also bitte, Ceel. Bella und Sylvie waren deine Idee!»
«Ja, klar waren sie das!», fauchte sie. «Aber ohne sie hättest du mich vermutlich schon vor langer Zeit verlassen.»
Celia zitterte am ganzen Leib; es war keine Kälte, die sie durchschüttelte. Sie stand vom Bett auf, als wolle sie ihre Worte zurückholen. Das Schweigen am anderen Ende der Leitung war wie die Pause zwischen dem Fallenlassen eines Steins und dem Moment, in dem er auf dem Boden aufschlägt.
«Weißt du», sagte Huck, «als du am Montag weggefahren bist, ist mir erst klar geworden, wie bedrückt ich in letzter Zeit war.»
Celia wickelte sich in ihre alterssteife Steppdecke. «Als sähe man einen Autounfall in Zeitlupe», sagte sie. «Ein langsames, stetiges Ausbluten.»
«Nicht weinen», sagte Huck. «Das Letzte, was ich will, ist, dich zum Weinen zu bringen.»
Ihr Schweigen ließ die Entfernung noch weiter anwachsen; über Hunderte von Meilen nichts als Traurigkeit.
«Ceel?»
Sie kniff sich in den Nasenrücken, spürte die Spannung an einem Punkt zusammenlaufen und verfliegen.
«Ruf mich heute Abend an, wenn deine Eltern schlafen», sagte er. «Ruf an, und wir reden über was anderes.»
«Wieso?»
«Weil ich jetzt zusehen muss, dass Jackson nicht in einem Flur nach dem anderen die Spinde vollsprüht, und dann muss ich nach Hause fahren, bevor Bella und Sylvie die Küche vollpinkeln. Wir hätten gar nicht davon anfangen sollen … nicht so, nicht am Telefon … aber nachdem es nun mal passiert ist, will ich nicht das im Kopf haben, wenn ich schlafen gehe.»
«Leg noch nicht auf», sagte sie.
«Ich liebe dich, Ceel.»
«Versprochen?» Sie kam sich vor wie eine Fünfjährige.
«Versprochen», antwortete er, und sie sagte sich, dass es ihr schon wieder besser ging.
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10. Kapitel
Beim Abendessen hielt Celia sich vor Augen, dass der leere Stuhl am Tisch nur vorübergehend unbesetzt war; dennoch blieb das Gefühl, als habe sich jemand aus dem Haus einer Notoperation unterziehen müssen. Bei Hucks erstem Besuch waren ihre Eltern so begeistert gewesen, endlich mehr als nur einen Namen am Telefon präsentiert zu bekommen, dass sie ihn auch hofiert hätten, wenn er Kettenraucher, doppelt so alt wie Celia oder Fernfahrer gewesen wäre. Stattdessen war er ein strebsamer Geschichtslehrer, der über Warrens Witze lachte und den sie aufnahmen wie einen Sohn. Trotzdem fragte Noreen Celia noch bis zum übernächsten Weihnachten immer nur nach ihrem Leben in Chicago, erst danach begann sie, sich auch nach Hucks Wohlergehen zu erkundigen. Celia hatte die bedächtige Art ihrer Mutter geerbt. Bei Hucks erstem Besuch war sie abwechselnd redselig und still, angespannt und ungezwungen und brach schließlich in der letzten Nacht, neben ihm im Bett, in Tränen aus. «Du bist immer noch da!», stammelte sie nah an seinem warmen Hals, sich wohl bewusst, wie albern sie sich anhörte und welcher Stein ihr vom Herzen fiel. An diesem Abend nun legte Warren sich ins Zeug, um Hucks Abwesenheit auszugleichen, mühte sich stimmgewaltig, die Lücke zu füllen. Noreen hatte dort, wo Hucks Teller hätte stehen sollen, Krüge mit Wasser und Eistee aufgetischt.
«Habt ihr zwei euch heute schon gesprochen?», fragte sie, als könnte die Erwähnung von
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