Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
wie ich gleich schießen werde … Ich tue nichts, um das Duell zu vereiteln.«
    »Wenn es so ist, dann kann das Duell fortgesetzt werden«, sagte Mawrikij Nikolajewitsch zu Gaganow.
    »Meine Herren, auf Ihre Plätze!« kommandierte Kirillow.
    Wieder wechselten sie die Schüsse, wieder fehlte Gaganow, und wieder schoß Stawrogin in die Luft. Über dieses In-die-Luft-Schießen hätte man streiten können: Nikolaj Wsewolodowitsch hätte durchaus behaupten können, er schieße nach der Regel, wenn er vorhin nicht selbst eine Absicht zugegeben hätte. Er hatte seine Pistole nicht direkt gegen den Himmel oder gegen einen Baum gerichtet, sondern schien auf seinen Gegner gezielt zu haben, auch wenn er einen Arschin über dessen Hut gehalten hatte. Bei diesem zweiten Mal zielte er sogar noch tiefer, noch glaubwürdiger; aber Gaganow war nicht mehr zu überzeugen.
    »Schon wieder!« Er knirschte förmlich mit den Zähnen. »Egal! Ich bin gefordert und nehme mein Recht wahr. Ich will zum dritten Mal schießen … Koste es, was es wolle.«
    »Ihr gutes Recht«, bestätigte Kirillow brüsk. Mawrikij Nikolajewitsch sagte nichts. Die Gegner wurden zum dritten Mal auf ihre Plätze gewiesen und das Kommando gegeben; dieses Mal ging Gaganow bis dicht an die Barriere vor und begann an der Barriere, auf zwölf Schritt Entfernung, zu zielen. Seine Hände zitterten zu heftig für einen gezielten Schuß. Stawrogin stand mit gesenkter Pistole und erwartete unbeweglich seinen Schuß.
    »Zu lange, Sie zielen zu lange!« drängte Kirillow laut. »Schießen Sie! Schießen Sie!«
    Aber schon fiel der Schuß, und dieses Mal flog Nikolaj Wsewolodowitsch der weiße Castor-Hut vom Kopf. Der Schuß hatte ziemlich genau gesessen, der Hutkopf war sehr tief unten durchschossen; ein Viertel Werschok tiefer, und alles wäre zu Ende gewesen. Kirillow fing den Hut auf und reichte ihn Nikolaj Wsewolodowitsch.
    »Schießen Sie, lassen Sie den Gegner nicht warten!« rief Mawrikij Nikolajewitsch in äußerster Erregung, als er sah, daß Stawrogin seinen Schuß anscheinend vergessen hatte und mit Kirillow den Hut besah. Stawrogin zuckte zusammen, warf einen Blick auf Gaganow, wandte sich ab und schoß diesmal ohne jedes Feingefühl zur Seite, in das Wäldchen. Das Duell war zu Ende. Gaganow stand wie gelähmt da. Mawrikij Nikolajewitsch trat auf ihn zu, um ihm etwas zu sagen, aber er schien ihn nicht zu verstehen. Kirillow zog beim Fortgehen den Hut und nickte Mawrikij Nikolajewitsch zu, aber Stawrogin vergaß die Höflichkeit von vorhin; nachdem er den Schuß in das Wäldchen abgegeben hatte, drehte er sich nicht einmal mehr nach der Barriere um, drückte seine Pistole Kirillow in die Hand und ging mit schnellen Schritten zu den Pferden. Sein Gesicht hatte einen bösen Ausdruck, er schwieg. Kirillow schwieg ebenfalls. Sie saßen auf und ritten im Galopp davon.
    III
    »WARUM schweigen Sie?« rief er ungeduldig Kirillow zu, als sie schon in der Nähe des Hauses waren.
    »Was wollen Sie?« antwortete dieser, wobei er um ein Haar von seinem sich bäumenden Pferd heruntergerutscht wäre.
    Stawrogin besann sich.
    »Ich wollte diesen … Narren nicht beleidigen und habe ihn von neuem beleidigt«, sagte er leise.
    »Ja, Sie haben von neuem beleidigt«, bestätigte Kirillow abgehackt, »außerdem ist er kein Narr.«
    »Obwohl ich alles getan habe, was ich konnte.«
    »Nein.«
    »Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Nicht fordern.«
    »Noch einen Schlag ins Gesicht ertragen?«
    »Ja, noch einen Schlag ertragen.«
    »Ich verstehe gar nichts mehr«, sagte Stawrogin erbost. »Warum erwarten alle von mir etwas, was sie sonst von niemand erwarten? Warum soll ich etwas ertragen, was niemand erträgt, und mich nach einer Bürde drängen, die sonst niemand tragen kann?«
    »Ich dachte, Sie suchen selbst eine Bürde.«
    »Ich suche selbst eine Bürde?«
    »Ja.«
    »Sie haben das … gesehen?«
    »Ja.«
    »Ist das einfach so zu sehen?«
    »Ja.«
    Einen Augenblick schwiegen beide. Stawrogin schien besorgt, beinahe bestürzt.
    »Ich habe nur deshalb nicht geschossen, weil ich nicht töten wollte, weiter nichts, das versichere ich Ihnen«, sagte er hastig und unruhig, als wolle er sich rechtfertigen.
    »Man sollte nicht kränken.«
    »Wie hätte ich es denn machen sollen?«
    »Töten.«
    »Tut es Ihnen leid, daß ich ihn nicht getötet habe?«
    »Mir tut nichts leid, ich dachte, Sie wollten wirklich töten. Sie wissen nicht, was Sie suchen.«
    »Ich suche eine Bürde«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher