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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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erwähnen? Sie wird später sowieso alles erfahren.«
    »Was wird sie erfahren? Wer wurde ermordet? Was haben Sie von Mawrikij Nikolajewitsch gesagt?« Plötzlich stand Lisa in der Tür.
    »Aha! Sie haben gelauscht?«
    »Was sagten Sie gerade von Mawrikij Nikolajewitsch? Er wurde ermordet?«
    »Aha! Sie haben also nicht alles gehört! Beruhigen Sie sich, Mawrikij Nikolajewitsch ist gesund und munter, Sie können sich selbst davon überzeugen, weil er hier an der Straße sitzt, am Parkgitter … und es sieht so aus, als hätte er die ganze Nacht dort gesessen; er ist naß bis auf den letzten Faden, im Offiziersmantel … Ich fuhr vorbei, er hat mich gesehen …«
    »Das ist nicht wahr. Sie sagten ›ermordet‹ … Wer wurde ermordet?« beharrte sie mit qualvollem Mißtrauen.
    »Ermordet wurde nur meine Frau, ihr Bruder Lebjadkin und ihre Magd«, sagte Stawrogin mit fester Stimme.
    Lisa fuhr zusammen, bleich wie der Tod.
    »Ein verrückter, einmaliger Zufall, Lisaweta Nikolajewna, das primitivste Beispiel eines Raubmords«, schnatterte Pjotr Stepanowitsch sofort weiter, »eines Raubüberfalls gelegentlich einer Feuersbrunst; geht auf das Konto des Räubers Fedjka des Zuchthäuslers und des Dummkopfs Lebjadkin, der überall sein Geld herumgezeigt hat … deshalb bin ich hierhergeflogen … wie ein Stein vor die Stirn. Stawrogin ist um ein Haar zusammengebrochen, als ich es ihm berichtete. Wir haben hier beraten: Sollen wir es Ihnen sofort berichten oder nicht?«
    »Nikolaj Wsewolodowitsch, sagt er die Wahrheit?« Die Frage kam Lisa nur mühsam über die Lippen.
    »Nein, die Unwahrheit.«
    »Wieso Unwahrheit!« fuhr Pjotr Stepanowitsch auf. »Was soll das heißen!«
    »Mein Gott, ich werde wahnsinnig!« rief Lisa aus.
    »Aber begreifen Sie doch, daß er im Augenblick unzurechnungsfähig ist!« schrie Pjotr Stepanowitsch mit höchster Lautstärke. »Es ist immerhin seine Frau, die ermordet wurde. Sehen Sie doch, wie bleich er ist … Er ist doch die ganze Nacht mit Ihnen zusammen gewesen, er hat sich doch nicht einen Augenblick entfernt, wie darf man ihn verdächtigen?«
    »Nikolaj Wsewolodowitsch, sagen Sie wie vor Gott, sind Sie schuldig oder sind Sie es nicht, und ich werde Ihrem Wort wie dem Wort Gottes glauben und Ihnen, das schwöre ich, bis ans Ende der Welt folgen, oh, ich werde Ihnen folgen! Folgen wie ein Hündchen …«
    »Warum foltern Sie sie, Sie Phantast!« Pjotr Stepanowitsch geriet zusehends außer sich. »Lisaweta Nikolajewna, ich schwöre, Sie können mich im Mörser zu Mehl machen, er ist unschuldig, im Gegenteil, er ist selbst tödlich getroffen und redet irre, Sie sehen’s doch. Er ist unschuldig, unschuldig, sogar in Gedanken! … Es waren nur Räuber, die man bestimmt nächste Woche fassen und auspeitschen wird … Es war Fedjka der Zuchthäusler und die Schpigulinschen … Davon schnattert die ganze Stadt, folglich auch ich.«
    »Ist es so? Ist es so?« Zitternd erwartete Lisa ihr endgültiges Urteil.
    »Ich habe nicht gemordet und war dagegen, aber ich wußte, daß man sie ermordet, und hielt die Mörder nicht zurück. Verlassen Sie mich, Lisa«, sagte Stawrogin und ging in den Saal zurück.
    Lisa schlug die Hände vors Gesicht und ging. Pjotr Stepanowitsch wollte ihr schon nacheilen, kehrte aber sogleich um und folgte Stawrogin in den Saal.
    »So ist das mit Ihnen? So ist das? Sie haben also vor nichts Angst?« fuhr er in völliger Raserei Stawrogin an, er stammelte zusammenhanglos, offenbar fehlten ihm die Worte, Schaum stand ihm vor dem Mund.
    Stawrogin stand mitten im Saal und antwortete nicht. Mit der linken Hand hatte er ein Büschel seiner Haare gepackt und lächelte verloren. Pjotr Stepanowitsch riß ihn am Ärmel.
    »Sie geben also auf? So steht es jetzt mit Ihnen? Sie werden alle verraten und sich in ein Kloster zurückziehen oder zum Teufel gehen … Aber ich werde Ihnen sowieso den Garaus machen, auch wenn Sie keine Angst vor mir haben!«
    »Ach, Sie sind es, der hier schnattert?« Stawrogin schien ihn endlich zu erkennen. »Laufen Sie«, er wachte plötzlich auf, »laufen Sie hinter ihr her, lassen Sie anspannen, verlassen Sie sie nicht … Laufen Sie, laufen Sie doch! Bringen Sie sie nach Hause, keiner soll es merken, und sie darf nicht dorthin … zu den Leichen … zu den Leichen … heben Sie sie mit Gewalt in den Wagen … Alexej Jegorytsch! Alexej Jegorytsch!«
    »Halt, schreien Sie nicht so! Sie liegt bereits in den Armen von Mawrikij … Und Mawrikij wird

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