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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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kaum verlassen konnte, erst diesen Vormittag auf dem Markt ein Kinderpfeifchen aus Ton für eine Kopeke gekauft). Erkel hatte Schatow bereits unterwegs angekündigt, daß man pfeifen würde, so daß dieser keinerlei Verdacht schöpfte.
    »Seien Sie unbesorgt, ich werde einen Umweg machen, und sie werden mich überhaupt nicht bemerken«, flüsterte Schigaljow bedeutsam und schlug, bedächtig und ohne den Schritt zu beschleunigen, den Heimweg durch den dunklen Park ein.
    Heute ist vollständig aufgeklärt, bis auf das kleinste Detail, wie diese entsetzliche Szene ablief. Zuerst nahm Liputin die beiden, Erkel und Schatow, unmittelbar vor der Grotte in Empfang. Schatow grüßte ihn nicht und reichte ihm nicht die Hand, sondern sagte sofort und mit lauter Stimme:
    »Also, wo haben Sie hier einen Spaten und vielleicht auch noch eine zweite Laterne? Sie brauchen keine Angst zu haben, hier ist keine Menschenseele, und in Skworeschniki wird man jetzt nichts hören, selbst wenn Sie hier mit Kanonen schießen. Hier, genau hier, an dieser Stelle …«
    Und er stieß mit dem Fuß auf die Erde, tatsächlich zehn Schritte von der hinteren Ecke der Grotte in Richtung auf den Wald entfernt. In diesem Augenblick sprang Tolkatschenko, der sich hinter einem Baum versteckt hatte, ihn von hinten an, und Erkel packte ihn ebenfalls von hinten an den Ellbogen. Liputin stürzte sich von vorne auf ihn. Alle drei warfen ihn sofort nieder und drückten ihn an den Boden. Da sprang Pjotr Stepanowitsch mit seinem Revolver herzu. Man sagt, Schatow habe noch den Kopf nach ihm umwenden können, ihn gesehen und erkannt. Drei Laternen beleuchteten die Szene. Schatow schrie plötzlich kurz und verzweifelt auf; aber er hatte keine Zeit mehr zu schreien: Pjotr Stepanowitsch setzte ihm den Revolver genau mitten auf die Stirn, drückte ihn fest an und schoß. Der Schuß muß nicht sehr laut gewesen sein, in Skworeschniki jedenfalls hat man nichts gehört. Gehört hat ihn natürlich Schigaljow, der kaum weiter als dreihundert Schritt zurückgelegt hatte – er muß den Schrei und den Schuß gehört haben, war aber, laut seiner eigenen späteren Aussage, nicht umgekehrt und nicht einmal stehengeblieben. Der Tod trat fast augenblicklich ein. Völlige Souveränität – Kaltblütigkeit, wie ich glaube, schwerlich – bewahrte nur Pjotr Stepanowitsch. Er kauerte sich vor den Ermordeten hin und durchsuchte eilig, aber mit sicherer Hand, seine Taschen. Geld fand sich keines (das Portemonnaie lag unter Marja Ignatjewnas Kopfkissen). Zum Vorschein kamen ein paar Zettel, alle belanglos: eine Quittung, ein Buchtitel und eine alte Restaurantrechnung, noch aus dem Ausland, die aus unerfindlichen Gründen zwei Jahre in seiner Rocktasche überlebt hatte. Die Zettel steckte Pjotr Stepanowitsch in die eigene Tasche, und als er plötzlich gewahr wurde, daß alle dastanden, die Leiche anstarrten und nichts taten, herrschte er sie aufgebracht und grob an. Tolkatschenko und Erkel kamen zu sich, stürzten davon und schleppten sogleich aus der Grotte zwei schon am Vormittag bereitgelegte Steine herbei, jeder etwa zwanzig Pfund schwer, die bereits präpariert, das heißt fest und sicher mit Stricken umwickelt waren. Da vorgesehen war, den Leichnam zum nächstliegenden (dritten) Teich zu bringen und ihn dort zu versenken, machten sie sich daran, die Steine an ihm festzubinden, an den Beinen und am Hals. Das Festbinden übernahm Pjotr Stepanowitsch, Tolkatschenko und Erkel hielten die Steine und reichten sie ihm nacheinander zu. Erkel war als erster an der Reihe; während Pjotr Stepanowitsch murrend und schimpfend die Füße des Leichnams mit einem Strick zusammenband und diesen ersten Stein an ihnen befestigte, hielt Tolkatschenko während dieser ziemlich langen Zeit seinen Stein vor sich in den Händen, den Oberkörper stark und irgendwie ehrerbietig geneigt, um ihn auf den ersten Wink unverzüglich anreichen zu können, und kam überhaupt nicht auf den Gedanken, seinen Stein solange auf die Erde zu legen. Als beide Steine endlich angebunden waren und Pjotr Stepanowitsch sich aufrichtete, um die Physiognomien der Anwesenden in Augenschein zu nehmen, geschah plötzlich etwas Sonderbares, etwas vollkommen Unerwartetes und fast für alle Verwunderliches.
    Wie gesagt, fast alle standen da und waren völlig untätig, Tolkatschenko und Erkel machten gewissermaßen eine Ausnahme. Wirginskij war zwar, als alle sich auf Schatow stürzten, auch vorgestürzt, hatte Schatow aber nicht

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