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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Übrigens – ich verlasse mich ganz auf Sie, obwohl ich Sie mit diesen Monstern so gut wie allein lasse: Machen Sie sich keine Sorgen, die werden nichts anzeigen, sie werden es nicht wagen … Oh, auch Sie wollen heute verreisen?« rief er mit plötzlich veränderter, fröhlicher Stimme einem sehr jungen Herrn zu, der gutgelaunt auf ihn zu kam, um ihn zu begrüßen. »Ich wußte ja gar nicht, daß Sie auch den Schnellzug nehmen. Und wohin, zur Frau Mama?«
    Die Frau Mama war eine der reichsten Gutsbesitzerinnen des benachbarten Gouvernements, der junge Mann zählte zu den entfernteren Verwandten Julija Michajlownas und hatte in unserer Stadt etwa zwei Wochen besuchsweise verbracht.
    »Nein, ich fahre noch weiter, nach R., rund acht Stunden in der Eisenbahn stehen mir bevor. Nach Petersburg?« fragte der junge Mann lachend.
    »Wieso nehmen Sie an, daß ich unbedingt nach Petersburg will?« lachte auch Pjotr Stepanowitsch noch unbefangener.
    Der junge Mann drohte ihm mit einem wohlbehandschuhten Finger.
    »Zugegeben, richtig geraten«, raunte ihm Pjotr Stepanowitsch geheimnisvoll zu. »Ich habe Julija Michajlownas Briefe im Gepäck und soll sie dort drei oder vier Persönlichkeiten – Sie wissen schon, wem – überbringen. Offen gesagt, der Teufel soll sie alle holen! Eine verflixte Rolle!«
    »Aber sagen Sie, wie kommt es, daß sie so aufgescheucht ist?« jetzt flüsterte auch der junge Mann. »Nicht einmal mich hat sie gestern empfangen; meiner Meinung nach hat sie keinen Grund, für ihren Gatten zu fürchten, im Gegenteil. Er ist so effektvoll bei dem Brand zusammengebrochen, als wollte er sein Leben opfern.«
    »Ja, sehen Sie«, Pjotr Stepanowitsch lachte, »sie fürchtet, sehen Sie, daß man sich von hier aus bereits beschwert hat, das heißt, bestimmte Herrschaften … Mit einem Wort, es dreht sich hauptsächlich um Stawrogin; das heißt um Fürst K… Na ja, das ist eine lange Geschichte; ich kann Ihnen meinetwegen unterwegs einiges erzählen – natürlich nur, soweit es die Ritterlichkeit erlaubt … Gestatten Sie, ein Verwandter, Fähnrich Erkel, hier aus dem Kreis.«
    Der junge Mann, der Erkel aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, berührte leicht seinen Hut; Erkel verneigte sich.
    »Wissen Sie, Werchowenskij, acht Stunden Bahnfahrt ist ein grausames Los. Mit uns reist in der ersten Klasse Berestow, Oberst, ein ulkiger Gutsnachbar, verheiratet mit einer Garina (née de Garine) und aus der besseren Gesellschaft, wissen Sie. Sogar mit Ideen. Hat hier nur zwei Tage verbracht. Begeisterter Whist-Spieler; wie wär’s? Den vierten Mann habe ich schon im Auge – Pripuchlow, hiesiger Kaufmann, mit Bart, Millionär, das heißt ein richtiger Millionär, Sie können mir glauben … Ich werde Sie vorstellen, diesem drolligen Geldsack, wir werden uns amüsieren.«
    »Für Whist habe ich eine große Vorliebe, besonders in der Eisenbahn, aber ich fahre zweiter Klasse.«
    »Ich bitte Sie! Unter gar keinen Umständen! Setzen Sie sich zu uns! Ich werde sofort veranlassen, Ihnen in der ersten Klasse einen Platz anzuweisen. Der Oberschaffner erfüllt mir jeden Wunsch. Was haben Sie bei sich, Reisetasche? Plaid?«
    »Wunderbar, gehen wir!«
    Pjotr Stepanowitsch holte Reisetasche, Plaid und Buch und zog sogleich mit größter Bereitwilligkeit in die erste Klasse um. Erkel war ihm dabei behilflich. Das dritte Glockenzeichen wurde gegeben.
    »Also, Erkel«, Pjotr Stepanowitsch reichte ihm eilig und mit geschäftiger Miene zum letzten Mal die Hand, nun aus dem Waggonfenster, »ich setze mich also hin, um mit ihnen Karten zu spielen.«
    »Aber Sie brauchen mir nichts zu erklären, ich werde verstehen, ich werde alles verstehen, Pjotr Stepanowitsch!«
    »Also, dann auf ein angenehmes …«, plötzlich kehrte er dem Fenster den Rücken zu, da der junge Mann ihn gerufen hatte, um ihn mit den Partnern bekanntzumachen. Und Erkel sah seinen Pjotr Stepanowitsch niemals wieder!
    Er war sehr traurig, als er nach Hause zurückkehrte. Nicht, daß er erschrocken wäre, weil Pjotr Stepanowitsch sie so plötzlich verließ, aber … er hatte ihm so schnell den Rücken zugekehrt, als dieser junge Geck ihn rief und … er hätte ihm etwas anderes sagen können als »Also, dann auf ein angenehmes …« oder … oder ihm wenigstens die Hand etwas fester drücken können.
    Letzteres war eigentlich die Hauptsache. Etwas anderes begann nämlich an seinem armen Herzen zu nagen, etwas, worüber er sich selbst noch nicht im klaren war,

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