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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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ich wunderte mich, wie genau Warwara Petrowna die Sache zu erklären vermochten. Eine Dame von hohem Verstand!). ›Jedenfalls‹, sagen sie, ›habe ich selbst an ihm eine gewisse ständige Unruhe und einen Hang zu besonderen Neigungen beobachtet. Aber ich bin die Mutter, und Sie sind ein Außenstehender. Sie sind also in der Lage, sich bei Ihrer Intelligenz eine unabhängigere Meinung zu bilden. Ich flehe Sie an‹ (so wurde gesagt: ›Ich flehe Sie an‹), ›mir endlich die volle Wahrheit zu sagen, ohne Mätzchen, und wenn Sie mir das Versprechen geben, später niemals zu vergessen, daß ich mit Ihnen konfidentiell gesprochen habe, können Sie mit meiner unbegrenzten und künftig immerwährenden Bereitschaft rechnen, Ihnen bei jeder Gelegenheit meine Dankbarkeit zu beweisen.‹ Nun, wie finden Sie das?«
    »Sie … Sie haben mich so frappiert«, stammelte Stepan Trofimowitsch, »daß ich Ihnen nicht glaube …«
    »Nein, überlegen Sie«, fuhr Liputin fort, als habe er Stepan Trofimowitsch nicht gehört, »überlegen Sie, wie groß müssen die Aufregung und die Sorge sein, wenn man sich von solcher Höhe mit einer solchen Frage an einen solchen Menschen wie mich wendet und sich so weit herabläßt, daß man höchstpersönlich um Vertraulichkeit bittet. Was kann das bedeuten? Ob vielleicht irgendwelche unerwarteten Nachrichten über Nikolaj Wsewolodowitsch eingetroffen sind?«
    »Ich weiß nicht … keine Nachrichten … Wir haben uns einige Tage nicht gesehen … aber … aber ich gebe Ihnen zu bedenken …«, stammelte Stepan Trofimowitsch, der sichtlich kaum noch in der Lage war, seine Gedanken zu sammeln, »aber ich gebe Ihnen zu bedenken, Liputin, daß Sie, wenn Ihnen etwas konfidentiell mitgeteilt wurde und Sie jetzt vor allen …«
    »Strengstens konfidentiell! Der Blitz soll mich treffen, wenn ich … Aber wenn ich hier … was kann schon dabei sein? Sind wir vielleicht Fremde, sogar, wenn wir Alexej Nilytsch mitrechnen?«
    »Ich teile diese Ansicht nicht; wir drei werden ohne Zweifel das Geheimnis wahren, aber Sie, den vierten, fürchte ich, und ich traue Ihnen nicht über den Weg!«
    »Aber was sagen Sie denn da! Ich bin ja mehr als alle anderen daran interessiert, denn mir ist ewige Erkenntlichkeit in Aussicht gestellt worden! Und ich wollte gerade aus demselben Anlaß auf einen außerordentlich sonderbaren Umstand hinweisen, eher psychologischer Natur, sozusagen, als bloß sonderbarer. Gestern abend, unter dem Eindruck der Unterredung bei Warwara Petrowna (Sie können sich vorstellen, wie gewaltig der Eindruck war!), richtete ich an Alexej Nilytsch die vorsichtige Frage: ›Sie haben‹, sage ich, ›schon früher im Ausland und in Petersburg mit Nikolaj Wsewolodowitsch verkehrt; was denken Sie‹, sage ich, ›bezüglich seines Verstandes und seiner Fähigkeiten?‹ Darauf antworteten sie lakonisch, wie es ihre Art ist, daß er ein Mann, sagten sie, ›von scharfem Verstand und gesundem Urteilsvermögen‹ ist. ›Und haben Sie nicht‹, sage ich, ›im Laufe der Jahre‹, sage ich, ›gewisse abwegige Ideen an ihm bemerkt oder ausgefallene Gedankenrichtungen oder eine gewisse‹, sage ich, ›wie soll man’s ausdrücken, Geistesverwirrung?‹ Mit einem Wort, ich wiederhole die Frage von Warwara Petrowna höchstpersönlich. Und stellen Sie sich vor: Alexej Nilytsch wurden plötzlich nachdenklich und runzelten die Stirn ganz genau so wie jetzt: ›Ja‹, sagen sie, ›manchmal kam mir einiges sonderbar vor.‹ Bedenken Sie, wenn schon Alexej Nilytsch einiges sonderbar vorkam, wie mochte es sich dann in Wirklichkeit verhalten haben? Oder?«
    »Ist das wahr?« wandte sich Stepan Trofimowitsch an Alexej Nilytsch.
    »Ich wünsche darüber nicht sprechen«, antwortete Alexej Nilytsch, indem er plötzlich mit funkelnden Augen den Kopf hob. »Ich will Ihr Recht bestreiten, Liputin. Sie haben überhaupt kein Recht über mich in diesem Fall. Ich sagte überhaupt nicht meine ganze Meinung. Obwohl ich in Petersburg mit ihm bekannt gewesen, das ist lange her, und obwohl ich ihn jetzt wieder traf, kenne ich Nikolaj Stawrogin sehr wenig. Ich bitte, mich aus dem Spiel zu lassen, und … das alles ist wie Klatsch.«
    Liputin hob mit der Miene gekränkter Unschuld die Schultern.
    »Dann bin ich eben ein Klatschmaul! Vielleicht gar ein Spion? Sie haben leicht kritisieren, Alexej Nilytsch, weil Sie sich alles vom Leibe halten. Sie werden es kaum glauben, Stepan Trofimowitsch, daß selbst Hauptmann Lebjadkin,

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