Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
be-ru-hi-gen Sie sich doch!« rief sie völlig außer sich. »Oh, mein Peiniger, mein Peiniger, mein ewiger Peiniger!«
    »Meine Liebe«, stammelte Stepan Trofimowitsch, sich an Sofja Matwejewna wendend, »warten Sie, meine Liebe, warten Sie einen Augenblick dort, ich möchte hier noch etwas sagen …«
    Sofja Matwejewna beeilte sich, die Stube zu verlassen.
    »Chérie, chérie …« Er rang nach Luft.
    »Warten Sie mit dem Reden, Stepan Trofimowitsch, warten Sie noch ein wenig, bis Sie Atem geschöpft haben. Hier, Wasser! Aber so war-ten Sie doch!«
    Sie setzte sich wieder auf den Stuhl. Stepan Trofimowitsch hielt fest ihre Hand. Es dauerte lange, bis sie ihm erlaubte zu sprechen. Er führte ihre Hand an seine Lippen und küßte sie. Sie biß die Zähne zusammen und schaute irgendwohin in eine Ecke.
    » Je vous aimais «, entrang es sich ihm endlich. Noch nie hatte sie von ihm dieses Wort in diesem Ton gehört.
    »Hm«, war die Antwort,
    » Je vous aimais toute ma vie … vingt ans .«
    Sie schwieg immer noch – zwei oder drei Minuten lang.
    »Aber als es um Dascha ging, da hast du dich parfümiert …«, flüsterte sie plötzlich unheimlich zischend. Stepan Trofimowitsch erstarrte förmlich.
    »… und eine neue Halsbinde umgebunden …«
    Schweigen, abermals ein paar Minuten.
    »Wissen Sie noch, die Zigarre?«
    »Oh, meine Freundin«, hauchte er entsetzt.
    »Die Zigarre, abends, vor dem Fenster … im Mondschein … nach der Laube, in Skworeschniki? Weißt du noch? Weißt du noch?« Sie sprang plötzlich auf, packte sein Kissen an zwei Ecken und begann es mitsamt seinem Kopf zu schütteln. »Weißt du noch, du fader, fader, unrühmlicher, kleinmütiger, ewig, ewig fader Mensch?« Sie zischte aufgebracht, sich mühsam beherrschend, um nicht laut zu schreien. Endlich ließ sie das Kissen los, sank auf den Stuhl zurück und schlug die Hände vors Gesicht. »Genug!« sagte sie bestimmt und richtete sich gerade auf. »Zwanzig Jahre sind dahingegangen, unwiederbringlich; auch ich bin eine Närrin.«
    »Je vous aimais«, wiederholte er mit gefalteten Händen.
    »Aber was hast du nur mit diesem aimais und aimais! Genug!« Sie sprang wieder auf. »Und wenn Sie nicht sofort einschlafen, werde ich … Sie brauchen Ruhe; einschlafen, sofort einschlafen, Augen zu! Oh, mein Gott, vielleicht möchte er frühstücken! Was essen Sie? Was ißt er? Ach, mein Gott, wo ist denn diese Frau? Wo ist sie?«
    Ein Tumult brach aus. Aber Stepan Trofimowitsch lallte mit schwacher Stimme, er möchte in der Tat ein wenig schlafen, une heure, und später – un bouillon, un thé … enfin, il est si heureux . Er ließ sich zurückfallen und schien einzuschlafen (wahrscheinlich hat er sich schlafend gestellt). Warwara Petrowna wartete eine Weile und schlich auf Zehenspitzen vor die Zwischenwand.
    Sie setzte sich in die Stube der Wirtsleute, warf sie hinaus und befahl Dascha, jene Person zu holen. Dann begann ein strenges Verhör.
    »Jetzt, meine Liebe, mußt du mir alles in aller Ausführlichkeit erzählen; setz’ dich zu mir, so. Also?«
    »Ich traf Stepan Trofimowitsch …«
    »Halt, kein Wort weiter. Ich warne dich, falls du mich belügst oder mir etwas verschweigst, werde ich dich auch unter der Erde finden! Also?«
    »Ich traf Stepan Trofimowitsch … gleich, als ich nach Chatowo kam …« Sofja Matwejewria rang geradezu nach Luft …
    »Halt! Kein Wort weiter; was soll das Trommelfeuer? Erstens, was bist du für ein Vogel?«
    Sofja Matwejewna erzählte ihr mehr schlecht als recht, allerdings nur in großen Zügen, von sich selbst, angefangen mit Sewastopol. Warwara Petrowna hörte schweigend zu, in kerzengerader Haltung, wobei sie der Erzählerin streng und unverwandt in die Augen sah.
    »Warum bist du so verschüchtert? Warum schlägst du immer die Augen nieder? Ich liebe Menschen, die mir fest in die Augen sehen und mir widersprechen. Weiter.«
    Sie erzählte von ihrer Begegnung, von den Büchern und wie Stepan Trofimowitsch der Bäuerin Wodka kredenzt hatte …
    »So, so, laß nicht das kleinste Detail aus«, ermunterte sie Warwara Petrowna. Und schließlich davon, wie sie aufgebrochen waren und wie Stepan Trofimowitsch unermüdlich gesprochen hatte, »sie waren schon ganz krank«, und wie er hier sein ganzes Leben, vom frühesten Anfang an, mehrere Stunden hintereinander, erzählt hatte.
    »Erzähl mir von dem Leben.«
    Sofja Matwejewna verstummte plötzlich, sie wußte weder aus noch ein.
    »Da kann ich gar nichts

Weitere Kostenlose Bücher