Boese - Horror
aber heute war es anders. Er fühlte sich ruhelos, unbehaglich, gelangweilt. Er starrte auf das Magazin auf seinem Schoß, auf das Foto der Frau mit der Postbotenmütze. Sie war ohne Zweifel die schönste und perfekteste Frau in all den Playboys, aber heute empfand Billy keine Erregung, wenn er sie betrachtete. Er fühlte sich nicht wohl. War da etwas Vertrautes in ihren Augen? Sah ihr Mund aus wie ... seiner?
Hör damit auf, sagte er sich. Er zwang sich, ihre braunrosa Brustwarzen und die perfekt geformten Brüste anzuschauen. An ihrem Busen war nichts, was ihn an den Postboten erinnerte oder was auch nur eine Spur ungewöhnlich oder maskulin gewesen wäre. Es waren schöne, erregende Frauenbrüste.
Und doch ...
»Weißt du was?«, sagte Lane. Seine Stimme klang beiläufig, gleichgültig, aber es war keine echte Gleichgültigkeit. Billy kannte Lane fast sein Leben lang und konnte schon am Klang seiner Stimme erkennen, wann sein Freund log, und manchmal sogar, was er dachte. Deshalb wusste Billy, dass Lanes Gleichgültigkeit nur gespielt war.
»Was?«, fragte Billy ebenso cool.
Lane blickte sich langsam um, als wollte er sichergehen, dass niemand von draußen in das Hauptquartier spähte. Dann zog er einen zerknitterten, gefalteten Umschlag aus der Hosentasche und reichte ihn Billy. »Sieh dir das mal an.«
Billy besah sich die Außenseite des Umschlags. Er war an Lane adressiert; der Absender in der oberen linken Ecke lautete »Tama Barnes«. »Guck rein«, drängte Lane.
Billy nahm das gefaltete Papier heraus. Es war ein Brief, offensichtlich in weiblicher Handschrift. Er drehte den Brief um. Unter den geschwungenen Buchstaben war die kopierte Fotografie einer nackten Hispano-Frau. Sie lächelte. Ihre Hände hatte sie um die Brüste gelegt, die Beine waren weit gespreizt. Das fotokopierte Bild war zu verwaschen, dunkel und verschwommen, um Details zu erkennen, doch Billy hatte jede Menge Details in den Magazinen auf dem Boden gesehen, und sein Gedächtnis ergänzte, was seine Augen nicht sehen konnten.
»Lies den Brief«, sagte Lane und grinste.
Billy drehte den Brief um und las. Das Schreiben begann mit einer normalen Begrüßung, kam dann aber rasch auf die sexuellen Freuden zu sprechen, die Tama Lane bereiten wollte, all die Techniken, in denen sie Expertin war. Billy musste grinsen, als er las, was Tama mit Lanes »Liebespumpe« machen wollte. »Worüber lachst du?«, fragte Lane. »Ich wette, sie weiß nicht, dass du erst elf bist.«
»Ich bin alt genug«, verteidigte er sich. »Und außerdem hab ich ihr schon einen Brief zurückgeschickt.«
»Du hast was?« Billy starrte ihn an. »Lies das Ende.«
Billy drehte den Brief um. Sein Blick huschte zum letzten Absatz:
... Vielleicht könnten wir uns mal treffen. Ich glaube, wir würden viel Spaß miteinander haben. Wenn du mir zehn Dollar schickst, schicke ich dir ein paar scharfe Fotos von mir und meiner Schwester, zusammen mit unserer Adresse. Ich hoffe, bald von dir zu hören. Ich würde mich sehr freuen, wenn du kommst und mich besuchst.
Billy schüttelte den Kopf und blickte von dem Brief hoch. »Was bist du für ein Trottel. Siehst du denn nicht, dass das nur ein Trick ist, um an dein Geld zu kommen?« Billy zeigte auf das fotokopierte Bild. »Das haben sie wahrscheinlich aus einem Magazin ausgeschnitten.«
»Ach ja?«
»Ja. Außerdem ... sieh mal, wo dieses Postfach ist. New York. Selbst wenn sie dir wirklich ihre echte Adresse schickt, was wirst du dann machen? Nach New York fahren?« Er gab Lane den Brief. »Du hast keine zehn Dollar geschickt, oder?« Lane nickte. »Doch«, gab er zu.
»Blödmann«, sagte Billy und blickte seinen Freund neugierig an. »Woher hast du eigentlich das Geld?« Lane sah zur Seite. »Von meinem Alten.«
»Du hast es geklaut?« Billy war entsetzt.
»Was sollte ich denn machen? Ihm erzählen, dass ich zehn Dollar brauche, um sie Tama Barnes zu schicken, damit ich ihre Bilder und ihre Adresse kriege?«
»Du hättest das Geld nicht klauen sollen.«
»Ach, du kannst mich mal. Mein Alter hat massenweise Knete. Er hat nicht mal gemerkt, dass es weg war.«
Billy blickte auf die Zeitschrift, die aufgeschlagen auf seinem Schoß lag, und sagte nichts. Er und Lane stritten sich öfters, beleidigten sich manchmal sogar, aber jetzt lag in der Stimme seines Freundes etwas anderes - eine Härte, eine Streitlust, eine Drohung, die besagte, dass dies kein Thema für einen Streit war, zumindest nicht für ihre übliche,
Weitere Kostenlose Bücher