Boese - Horror
herab.
»Gestern habe ich einen weiteren Brief von meiner Verlobten bekommen«, sagte Mike dann leise. »Sie schreibt, dass sie sich wieder von mir trennen will.«
»Der Brief ist gefälscht. Das wissen Sie.«
»Ich habe sie angerufen, aber sie hat gleich wieder aufgelegt. Sie wollte nicht mal mit mir reden.«
»Glauben Sie ...«
»Ich glaube, dass der Kerl ihr Briefe schreibt.« Mike holte tief Luft. Um sie herum gingen die Leute zu ihren Wagen, um nach Hause zu fahren. »Ich weiß selbst nicht, ob ich versuchen soll, diesem Kerl aus dem Weg zu gehen, oder ob ich ihn rankriegen und dafür bezahlen lassen soll.«
»Sie wissen schon, was richtig ist.«
»Was richtig ist? Wollen Sie die Wahrheit wissen? Ich mache mir Sorgen, Janine nicht zu verlieren. Nur darum geht es mir. Alles andere ist mir egal.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Doug leise. »Und Sie auch nicht. Nur deshalb reden Sie jetzt überhaupt mit mir.«
»Aber wir können nichts unternehmen! Wir haben nichts, womit wir ihn festnageln können. Wir haben keine Beweise. Ich würde dem Kerl zu gerne ein Bein stellen und ihn in den Knast bringen, aber ich kann nicht.«
»Er macht sich an der Post zu schaffen. Kriegen Sie ihn dafür dran.«
»Keine Beweise.«
»Die wird es geben, wenn das Hauptpostamt Sie zurückruft.«
»Und was, wenn es keine Beweise gibt?«
»Hier sterben Leute, Mike. Wir müssen etwas tun!«
»Ja? Was erwarten Sie denn von mir? Dass ich meine Dienstmarke an den Nagel hänge? Dass ich den Burschen abknalle?«
»Natürlich nicht.« Doch eine kleine, Furcht erregende Stimme in Dougs Innerem sagte: Ja. Ja!
»Ich halte weiterhin die Augen offen, wie ich es versprochen habe. Aber dass ich noch mehr tue, kann ich nicht garantieren.«
Doug wusste, dass der junge Cop nach Bestätigung suchte, doch er konnte ihm keine geben. Älter zu sein bedeutete nicht notwendigerweise, auch klüger zu sein - nicht in einer Situation wie dieser. Doug hatte genauso viel Angst vor dem Postboten und tappte genauso sehr im Dunkeln, was zu tun war. Trotzdem nickte er. »Mehr verlange ich auch nicht.«
»Ich muss wieder an die Arbeit. Heute Abend geht es ziemlich rau zu.«
»Ja. Ich muss auch gehen.« Doug wollte sich umdrehen, schaute Mike dann aber noch einmal an. »Seien Sie vorsichtig, Mike. Wenn er Ihrer Verlobten Briefe schickt, weiß er über Sie Bescheid.«
Der Polizist erwiderte nichts, sondern ging zwischen den Wagen zur Tribüne zurück. Schweigend ging Doug zum Bronco, wo Trish und Billy auf ihn warteten.
Er fuhr langsam und vorsichtig nach Hause, auch wenn die Betrunkenen, mit denen er rechnete, nicht auftauchten. Tatsächlich waren sehr wenige Wagen auf der Straße, und die meisten Häuser, an denen sie auf ihrer Fahrt durch die Stadt vorbeikamen, waren dunkel. Doug blickte auf die Uhr am Armaturenbrett. Halb zehn. Das war seltsam. Die Leute waren selbst an einem gewöhnlichen Freitag später unterwegs, erst recht an einem Feiertag. Es war, als führen sie durch eine Geisterstadt. Obwohl Trish und Billy bei ihm im Wagen waren, verspürte Doug das leichte Prickeln von Angst.
Willis veränderte sich.
Weder am Samstag noch am Sonntag kam Post. Als Doug am Montag zum Einkaufen ging und den Postboten sah, der einen der Kästen leerte, stellte er mit Genugtuung fest, dass Smith blasser aussah als gewöhnlich. Außerdem schien er noch dünner geworden zu sein.
Vielleicht ist er krank, dachte Doug. Vielleicht ist er krank und stirbt.
Aber das war nur Wunschdenken. Das würde nicht passieren.
Wie immer lächelte der Postbote und winkte Doug zu, als er vorbeiging.
26.
Billy raste mit dem Mountainbike durchs Gebüsch. Die breiten GMX-Reifen rollten über Pflanzen und Steine, pflügten durch dünnes Gestrüpp. Er und Lane hatten sich beide vor Wochen für den Mountainbike-Wettbewerb angemeldet. Nun trainierte Billy verbissener denn je. Dabei kam es ihm gar nicht darauf an, ob er als Erster durchs Ziel fuhr oder nicht - er wollte nur Lane schlagen. Und zwar um Längen.
Billy kurvte um einen großen Felsblock herum, den er ohne zu bremsen so scharf umrundete, wie er sich gerade noch traute. Lane und er waren an Fähigkeiten und Erfahrung etwa gleich stark; Billy wusste, dass viel Training und eiserner Wille erforderlich waren, um seinen Ex-Freund zu besiegen.
Aber er würde ihn besiegen.
Mit einem Mal stellte Billy fest, dass er den Hügel hinunter zur Ausgrabungsstätte fuhr, ohne dass sie sein Ziel gewesen wäre. Er war nicht mehr dort
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