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Boese - Horror

Boese - Horror

Titel: Boese - Horror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bentley Little
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Wenn er unbekannt ist, werfe ich den Brief weg.«
    »Ich werfe alle Briefe weg, selbst wenn sie von Leuten kommen, die ich seit Jahren kenne. Der letzte Brief, den ich aufgemacht habe, war von Bill Simms, der mir vorgeworfen hat, ich hätte seinen Hund vergiftet. Kannst du das glauben?« Die alte Frau leckte sich unruhig über die Lippen, und Trish wurde klar, dass ihre Freundin Angst hatte. Große Angst. Sie runzelte die Stirn. Irene war keine Frau, die sich leicht einschüchtern ließ, und allein schon, sie in diesem Zustand zu sehen, machte Trish nervös. Es musste mehr geben als ein paar hasserfüllte Briefe, die Irene so sehr verängstigt hatten.
    Trish stellte ihr Glas Eistee ab. »Was ist?«, fragte sie. »Was ist los? Da ist doch mehr als nur Bill Simms.«
    Irene schüttelte den Kopf. »Nein. Da ist nichts.«
    »Es ist nicht nichts, verdammt! Nun sag schon.«
    Überrascht von der Heftigkeit ihrer Reaktion, starrte Irene sie an. Dann nickte sie. »Okay. Du willst wissen, was es ist? Dann komm mit.« Ihre Stimme war leise, verschwörerisch und klang sehr ängstlich.
    Trish folgte ihr über den Flur in den verschlossenen Raum, der das Zimmer von Irenes Mann gewesen war. Es diente jetzt nur noch als Abstellkammer, voller Gegenstände und schmerzlicher Erinnerungen an die Vergangenheit - Dinge, die Irenes verstorbenem Ehemann gehört hatten. Trish schaute sich um. Sie war noch nie in diesem Zimmer gewesen. Nun sah sie, dass es von Bücherregalen beherrscht wurde, die an zwei gegenüberliegenden Wänden vom Boden bis zur Decke reichten. Kleidung und persönliche Gegenstände lagen aufgestapelt auf einem alten Esstisch aus Eiche, der in der Mitte des Zimmers neben anderen unbenutzten Möbeln stand.
    »Da«, sagte Irene. Ihre Stimme bebte.
    Trishs Blick folgte dem ausgestreckten Zeigefinger der Frau. Auf dem geöffneten Sekretär - neben einem Stapel alter, eingestaubter Taschenbuch-Western - lag eine kleine Schachtel, noch halb in das braune Packpapier gewickelt, in dem der Postbote sie zugestellt hatte. In der Staubschicht auf dem Schreibtisch war eine unregelmäßige, saubere Spur, wo die Schachtel über die Schreibplatte gerutscht war. Offensichtlich war sie hastig dorthingeworfen worden.
    Irene blieb an der Tür stehen und umklammerte fest den Messingknauf. »Das wurde mir gestern geschickt«, sagte sie und schluckte mit offensichtlicher Mühe. Ihre Hände zitterten, und Trish konnte in der Stille des Raumes ihren unregelmäßigen Atem hören. »Da ist ein Zeh drin.«
    »Was?«
    »Da ist ein Zeh in der Schachtel.«
    Trish ging langsam vorwärts. Ihr Herz schlug laut. Sie erreichte den Sekretär, nahm die Schachtel, öffnete sie.
    Sie wusste, worauf sie sich gefasst machen musste, aber es war trotzdem ein Schock. Auf dem Boden der Schachtel lag ein Zeh, ein menschlicher Zeh, der sich leuchtend weiß vom Braun der Pappe abhob. Es war ein kleines Ding, aber erschreckend wirklich. Trish konnte die glatte, abgerundete Spitze erkennen, die Hautfalten am Gelenk, einzelne Haare auf der glatten Haut unterhalb des rosafarbenen Nagels. Der Zeh war sauber abgetrennt worden, aber da war kein Blut, kein einziger Tropfen.
    Trish stellte die Schachtel hin. Ihr war leicht übel. Der Zeh rollte herum, und sie konnte das rote Fleisch, Adern und in der Mitte den runden weißen Knochen erkennen. Plötzlich erschien ihr der Raum zu klein, zu eng, und sie wich vom Sekretär zurück.
    »Jasper hat seinen großen Zeh 1954 bei einem Unfall beim Holzfällen verloren«, sagte Irene.
    Ausgestattet mit einer dokumentierten Vergangenheit, erschien Trish der abgetrennte Körperteil plötzlich noch unheimlicher. Sie sah ihre Freundin an. Irene war blass und voller Angst. Zum ersten Mal, seit Trish sie kannte, sah sie älter aus, als sie war.
    Sie verließen den Raum. Irene schloss die Tür, und sie gingen schweigend zurück ins Wohnzimmer. Noch ehe Irene sich aufs Sofa setzte, nahm sie ihr Glas Eistee. Die Eiswürfel klirrten im Glas. »Er war damals im Tonto National Forest beschäftigt«, erzählte sie, »in der Nähe von Payson, und arbeitete mit der Axt. Er wollte einen Ast vom Stamm eines gefällten Baumes abschlagen, hat sich stattdessen aber den großen Zeh abgehackt. Ich weiß nicht, wie Jasper den Zeh erwischt hat und die anderen nicht oder warum er sich nicht ein ganzes Stück vom Fuß abgehackt hat, aber er hat nur den Zeh erwischt. Er hat gesagt, er habe so laut geschrien, dass die Waldarbeiter es kilometerweit gehört haben. Das

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