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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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dem Moment losgehen, wenn ich gerade bei meinem Dad war und so tat, als würde ich ins Bett gehen.
    Im Augenblick waren Tammy und Johnny beide nicht zu Hause. Barnabas und ich beobachteten das Gebäude, um sicherzugehen, dass das auch so blieb.
    In dem Mehrfamilienhaus auf der anderen Straßenseite regte sich nun Leben; Lichter gingen an und man hörte das Plärren zu vieler Fernseher, Vom Waschsalon aus hatten wir gesehen, wie die Polizeistreife, die Tammy tatsächlich gerufen hatte, vor einer Stunde wieder gefahren war. Es hatte fast drei Stunden gedauert, bis sie hier gewesen waren, und vierzig Minuten, bis sie wieder fuhren. Beide Polizisten lachten noch über Tammys Geschichte, als sie wieder in den Wagen stiegen und davonbrausten. Das war echt ziemlich daneben, denn schließlich waren wirklich drei verrückte Leute in ihrer Wohnung gewesen, aber die Polizisten hatten Tammy einfach nicht ernst genommen. Gleich nachdem der Streifenwagen abgefahren war, hatten Tammy und Johnny die Wohnung verlassen. Johnny nörgelte vor sich hin, als seine Schwester ihn im Sonnenuntergang den Bürgersteig hinunterzerrte und mit ängstlichem Gesicht in den verbeulten Zweitürer ihrer Freundin Jennifer stieg. Ich hätte erleichtert sein sollen, dass sie auf meine Warnung gehört und die Wohnung verlassen hatte, aber die Angst, dass die beiden zu früh wiederkommen würden, machte mich ganz hibbelig.
    Inzwischen war es dunkel geworden und die Scheinwerfer der Autos, die zwischen uns und dem Gebäude auf der anderen Straßenseite hindurchfuhren, bildeten helle Lichtflecken in der bleiernen Nacht. Nakita war gerade auf einem Erkundungsflug durch die Umgebung. Während ich mit dem Rücken an den roten Backsteinen lehnte, die Knie bis zum Kinn angezogen, ließ ich mein Amulett an seiner Silberkette hin und her baumeln und versuchte halbherzig, mich darauf zu konzentrieren, seine Form zu verändern. Nakita hatte mir beigebracht, wie das ging.
    Wenn Josh doch hier wäre. »Barnabas«, sagte ich leise. Ich fühlte mich einsam, obwohl er neben mir saß. »Du hast eine Seele. Wie könntest du keine haben?«
    Er antwortete nicht und beobachtete nur, wie ich mit dem glänzenden schwarzen Stein spielte, der sicher in seiner Silberfassung saß. Ich konzentrierte mich auf das Amulett und wickelte das Licht darum herum, bis es wie ein kleines silbernes Kreuz mit einem schwarzen Stein in der Mitte aussah.
    »Du bist der Beste von uns allen«, redete ich weiter und betrachtete das Amulett. Ich war ziemlich zufrieden mit dem Ergebnis, auch wenn es sich in meiner Hand noch immer wie ein ovaler, rund geschliffener Stein anfühlte. »Wunderschön und vollkommen. Du musst eine Seele haben.«
    »Engel sind nicht für ein Leben auf der Erde geschaffen«, erwiderte er. »Nur wer auf der Erde lebt, hat eine Seele.«
    »Mag sein, aber du hast doch den Himmel verlassen, um auf der Erde zu leben«, entgegnete ich, denn ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Gott so grausam sein sollte. Obwohl… man musste sich ja bloß mal ansehen, was er mir für ein Schicksal aufgebürdet hatte. »Vielleicht bedeutet das ja, dass du wirklich hierhergehörst. Dass du die ganze Zeit über eine Seele hattest und es einfach nur nicht wusstest. Es ist ja nicht so, als würden alle Engel gleich aussehen oder handeln. Und wenn es nicht die Seele ist, die uns voneinander unterscheidet, was dann?«
    In meiner Hand schmolz das Kreuz zu einem Paar schwarzer Engelsflügel. Barnabas betrachtete es schweigend. Dann murmelte er: »Ich bin gegangen, weil ich nicht mehr bleiben durfte, nicht weil ich mit einer Seele gesegnet bin.«
    Gesegnet, dachte ich. Ich bezweifelte, dass es ihn auch nur im Geringsten gestört hätte, dass er womöglich keine Seele besaß, wenn Nakita das Thema gar nicht erst aufgeworfen hätte. Wenn sie nicht behauptet hätte, dass sie ein Stück von meiner in sich trug und mit ihr die Erinnerungen, die die Schwarzflügel mir gestohlen hatten. Erinnerungen an die Angst vor der Dunkelheit, vor dem Tod, davor, dass eines Tages alles zu Ende sein würde. »Nakita hat gesagt, du bist rausgeflogen, weil du dich in ein Menschenmädchen verliebt hast.«
    Die Eingangstür des Waschsalons ging auf und eine Angestellte kam mit klappernden Absätzen herausgestakst. Sie vergewisserte sich noch einmal, dass die Tür abgeschlossen war, und machte sich dann auf den Weg zu einem der in der Nähe geparkten Autos. Schweigend sahen wir ihr nach, bis ihr roter Pinto dröhnend zum

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