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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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verstehen, bevor du es gleich auf den Kopf stellst. Die Seraphim singen. Ich kann sie bis hier unten hören. Die Dinge ändern sich - du siehst es nur nicht. Vielleicht musst du ja einfach noch eine Weile etwas tun, was dir nicht gefällt, bevor du einen Weg findest, das System komplett zu ändern.«
    Darauf konnte ich nichts erwidern, ich war zu niedergeschlagen. Als ihm klar wurde, dass ich nichts sagen würde, senkte er den Kopf und drehte sich zu Nakita um. Er musste fast rennen, um sie einzuholen.
    »Nakita!«, rief er ihr hinterher und ich starrte ihm nach, mein Amulett fest umklammert. Ich glaube, das war das Längste, was er jemals zu mir gesagt hatte, und jetzt fühlte ich mich nur noch schlechter.
    »Ich bin ja so ein Dummkopf«, flüsterte ich Grace zu.
    »Aber du bist unser Dummkopf«, schrillte sie und ich zuckte zusammen.
    »Was soll ich denn jetzt machen?«, fragte ich und begann, den beiden zu folgen. Meine Sneakers schienen am Asphalt festzukleben.
    »Als Erstes musst du mal die Zeitlinie wieder loslassen, damit die Zeit weiterlaufen kann«, sagte sie, »bevor Ron Wind davon bekommt, was hier los ist.«
    »Äh ja, gute Idee.« Die Zeitlinie loslassen, okay. Und wie ging das?
    »Und ich glaube, dann solltest du dich mal zu Hause bei deinem Dad blicken lassen, bevor er dahinterkommt, dass ich die Uhr zwei Stunden zurückgedreht habe«, fügte Grace hinzu. »Er denkt, es ist… so halb elf. Genau wie hier.«
    »Oh Mann. Danke, Grace.« Ein winziges Körnchen Hoffnung keimte in mir auf und ich setzte ein Mit-Nakita-Reden auf meine geistige To-do-Liste. Sie sah furchtbar niedergeschlagen aus, wie sie da neben Barnabas herschlurfte, den Kopf gesenkt, während er permanent auf sie einredete.
    »Tja, einmal Schutzengel, immer Schutzengel«, erwiderte Grace resigniert, wenn eine glühende Lichtkugel denn resigniert klingen konnte. »Und nach deinem Abstecher bei dir zu Hause treffen wir uns auf dem Friedhof und denken uns was aus, wie wir die Sache mit Tammy wieder geradebiegen. Die Seraphim sind wirklich ziemlich sauer. Wann hast du eigentlich gelernt, wie man eine Aura verändert?«
    »Kurz bevor ich gelernt habe, wie man die Zeit anhält«, entgegnete ich und fand es verdammt ungerecht, dass die Tatsache, dass ich endlich Fortschritte machte, mir direkt solchen Ärger mit den Seraphim eingebrockt hatte. Mal wieder.
    »Ganz toll«, sagte Grace knapp. »Wie wär’s, wenn du sie dann mal wieder zum Laufen bringst? Das hier wird allmählich langweilig. Wenn du nur ein bisschen fester zugepackt hättest, wären auch deine eigenen Todesengel in der Zeit erstarrt.«
    Ich nickte und ließ das Bild der Zeitlinie in meinem Bewusstsein erscheinen. Sie war heller als normalerweise und ich bekam langsam Kopfschmerzen davon. Entspann dich , ermahnte ich mich und ließ die Schultern sacken. Dann riss ich die Augen auf, als mit einem Mal die Geräusche und Farben in die Welt zurückkehrten, als wäre gar nichts gewesen.
    »Gut gemacht!«, lobte Grace und schwebte ein paarmal auf und nieder, als die Scheinwerfer der Autos über uns hinwegstreiften und ein wütender Schrei aus dem Polizeirevier zu uns herausdrang. »Und jetzt lass uns abhauen.«
    Ich rannte hinter Barnabas und Nakita her, froh, dass die Zeit nun weiterlief, aber die unangenehmen Zweifel nagten noch immer an mir. Gut, ich hatte meinen Körper gefunden, aber das schien ja irgendwie niemanden zu interessieren. Oder besser gesagt, es wäre ihnen lieber gewesen, wenn ich ihn nicht gefunden hätte. Was bitte sagte das denn über mein Leben aus, wenn die Sache, die ich mir am meisten wünschte, gleichzeitig eine war, mit der ich viele Leute enttäuschte?

7
    Es war schon fast stockdunkel, als Barnabas die Flügel zurückschlug und mich sanft auf dem Dach unseres Hauses absetzte. Es sah nach Regen aus und die Wolken ließen den Himmel bedrohlich wirken. Das matte Schwarz war geradezu erdrückend, wie eine Decke. Es schien aus meinem dunklen Zimmerfenster zu sickern und die ganze Welt zu erfüllen, bis alles nur noch ein riesiges Nichts war. Genau so fühlte ich mich.
    Mein Haar flatterte hoch, als Barnabas seine Schwingen zusammenfaltete, und ich fuhr mir mit den Händen darüber, um es wieder zu glätten. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf seine Flügel, bevor sie verschwanden. Dann stand er mit gesenktem Kopf vor mir, so als wollte er mir etwas sagen.
    Den Rückflug hatten wir schweigend verbracht - ich hatte über Nakita nachgegrübelt und er über wer weiß

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