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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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wusste, ich würde mich besser fühlen, wenn sie es tat.
    »Sie ist hier.« Barnabas kam zu mir und blieb neben mir stehen. Er hob die Schultern und sein langer Mantel schimmerte kurz auf und wich seinen Schwingen. »Ich bringe dich zu Ron«, sagte er. »Nakita kann Josh nach Hause bringen.«
    »Aber die Seraphim begann Nakita zu protestieren. Doch Barnabas warf ihr einen scharfen Blick zu und beugte sich zu ihr vor, bis sich ihre Nasen beinahe berührten.
    »Ich - bringe - sie - hin.« Dann wich er wieder zurück und seine drohende Miene war verschwunden. »Wir sehen uns, Josh.«
    Würden sie das? Ich wusste es nicht.
    »Madison?«, sagte Josh und seine Stimme klang unsicher.
    Zittrig und mit schwirrendem Kopf umarmte ich ihn. »Danke, dass du da warst«, flüsterte ich ihm zu und drückte mich an ihn, als wäre er der letzte Rest Realität, der mir geblieben war. »Ich weiß nicht, was jetzt passieren wird. Ich hoffe, sie lassen mich nicht alles vergessen.«
    »Ich auch«, sagte er, während wir uns aus unserer Umarmung lösten.
    Ich blickte kurz nach oben, als Grace’ Lampe auf einmal doppelt so hell leuchtete wie zuvor.
    »Es … tut mir leid.«
    »Was denn?«, fragte ich und Barnabas räusperte sich, damit wir uns beeilten, Josh lächelte mich traurig an. »Ich hätte mir so gewünscht, dass es funktioniert. Ich weiß, wie wichtig es dir ist.«
    Mein Bauch tat weh und ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Wir sehen uns zu Hause«, sagte ich und Barnabas zog mich zu sich hin.
    Ich biss mir auf die Lippe, damit ich nicht weinte. Dann lehnte ich mich an Barnabas’ Brust und er legte seine Flügel um mich. Begleitet von einem Gefühl, als würden wir in die Tiefe stürzen, löste sich das Busdepot unter uns auf und wir waren fort.

12
    Ich rutschte von Barnabas’ Füßen und klammerte mich keuchend an seinem Arm fest, während meine Zehen über dem Nichts baumelten. Die Welt raste unter uns dahin und geriet plötzlich ins Schwanken, als eine Windböe uns noch höher nach oben wehte. Aber in Barnabas’ Griff war ich genauso sicher wie zu Hause in meinem Zimmer. Wahrscheinlich sogar noch sicherer.
    »Ich hab dich«, murmelte er mir ins Ohr und in seiner Stimme lag eine Mischung aus Verärgerung und Beruhigung, die nur er zustande brachte. Fliegen machte mir sehr viel mehr Angst, seit ein Sturz auf die Erde wieder wirklich schlimme Folgen haben würde. Ich hatte noch immer blaue Flecken, wo ich in den Sicherheitsgurt gedrückt worden war. Da brauchte ich nicht noch mehr.
    »Ich vertraue dir«, sagte ich und blinzelte auf die Wüste hinunter, die unter uns lag. »Aber mir leider nicht.«
    Er antwortete nicht, doch er begann in einer sanften Spirale zu sinken. Wie es aussah, hielt er auf ein bescheidenes Häuschen unter uns zu. Vermutlich Rons Zuhause. Es hatte dieselbe Farbe wie der hellbraune, beinahe rosafarbene Sand ringsum. Vegetation gab es so gut wie gar keine, weder direkt beim Haus noch in der Umgebung. Ich sah keine einzige Straße, die zum Haus führte, und keine Spur von menschlichem Leben. Bloß ein einstöckiges Lehmhaus mitten im Wüstensand, in den das Wasser tiefe Furchen gegraben hatte.
    Es war still und dämmrig; die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber es würde bald hell werden. Ein trockener Wind blies mit stetiger Kraft und wehte meine Haare erst in die eine, dann in die andere Richtung. Barnabas sank kreisend auf einen rosa gefliesten Innenhof hinab, der direkt in den Wüstensand überging. Meine Nerven lagen blank. Ich wusste nicht, was in den nächsten fünf Minuten passieren würde, aber es machte mich fertig, dass ich womöglich noch nicht einmal Zeit haben würde, um mich zu verabschieden. Ich würde mich doch wohl wenigstens verabschieden dürfen, oder?
    Ich war mir ziemlich sicher, dass die Seraphim mich aus einem der folgenden drei Gründe herzitiert hatten: Erstens, ich hatte ein Stück von Tammys Seele geklaut; zweitens, ich hatte den zukünftigen weißen Zeitwächter dazu überredet, mir zu helfen, den Einsatz eines Schutzengels zu verhindern; und drittens, ich hatte meinen Körper zurück und sollte jetzt mein Amulett abgeben und meinen Job als Zeitwächterin an den Nagel hängen. Aber der Seraph hatte damals doch gesagt, ich könne es abgeben, wenn das mein Wille sei. Was, wenn mein Wille sich nun geändert hatte?
    Vielleicht hatten wir Tammy nicht retten können. Vielleicht aber doch. Da konnte man ja wohl mal ein bisschen abwarten, um es herauszufinden, oder etwa nicht?

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