Böser Engel
stellte schnell fest, dass es von Chesters Zähnen kam.
»Ist das …?«, keuchte er. »Ich meine, ist das wirklich …?«
»BUH!«, rief Fon Pyre, woraufhin Chester mit einem weiteren Schrei erneut einen Satz nach hinten machte.
»Ha!«, meinte der Dämon. »Das hat Spaß gemacht!«
»Das freut uns alle zutiefst«, entgegnete ich. »Aber jetzt halt die Klappe und hör mir zu. In unserer Stadt passieren seltsame Dinge, die vermutlich etwas mit einem Dämon zu tun haben. Meine Freunde und ich würden gerne von dir wissen, was los ist.«
Fon Pyre hörte mir zu, während ich ihm haarklein erzählte, was Chester und mir in den letzten Tagen alles zugestoßen war. Zur Sicherheit schob ich die Geschichten von Father Reedy hinterher. Einzig die Tatsache, dass es sich um seinen Bruder handelte, ließ ich unter den Tisch fallen. Es gab keinen Grund, ihn mit dieser Information zu füttern.
Je länger ich sprach, desto unruhiger wurde Fon Pyre. Wie seine Antwort auch ausfallen mochte: Jedenfalls schien er mir sein Wissen nur höchst ungern preisgeben zu wollen.
»Besteht ein Zusammenhang zwischen den Vorfällen?«, fragte ich abschließend.
»Ja«, antwortete Fon Pyre.
»Was ist der Auslöser für diese drei Zwischenfälle?«, wollte ich wissen, woraufhin Fon Pyre sich wegdrehte und etwas Unverständliches murmelte.
»Ich habe dich nicht verstanden«, sagte ich. »Wiederhole deine Antwort.«
Wieder nur Genuschel.
»Wiederhole deine Antwort lauter«, befahl ich ihm.
»Gefallene Engel!«, zischte Fon Pyre. »Na toll, jetzt habe ich dich in eines der größten Geheimnisse der Unterwelt eingeweiht, wofür ich mit Sicherheit büßen muss. Bist du endlich zufrieden?«
»Gefallene Engel?«, fragte ich. »Was genau meinst du damit?«
»Ich meine damit, dass es sich um Engel handelt«, sagte Fon Pyre. »Und diese Engel sind gefallen. Ist das deutlich genug?«
»Soll das heißen, wir haben es mit Dämonen zu tun?«, ergriff nun Father Reedy das Wort.
»Mit einem wie dir rede ich überhaupt nicht«, trotzte Fon Pyre. »Stuart ist der Einzige, dem ich Rechenschaft schuldig bin, Bibelheini.«
»Beantworte seine Frage«, befahl ich Fon Pyre. »Sind gefallene Engel Dämonen?«
»Nein«, lautete die unfreiwillige Antwort.
»Was sind sie dann?«, beharrte ich.
»Engel, die gefallen sind«, antwortete Fon Pyre, als hätte er es mit einem Haufen Schwachsinniger zu tun.
»So kommen wir nicht weiter«, seufzte Father Reedy.
»Wer nicht fragt, bleibt dumm«, murmelte Fon Pyre.
»Wie können Engel fallen?«
»Sie plumpsen aus dem Himmel«, erwiderte der Dämon.
»Weshalb?«, hakte ich nach und sah Fon Pyre an, dass er sich innerlich wand. Nicht mehr lange, und ich erhielt eine Antwort, mit der sich etwas anfangen ließ.
»Sie heißen deshalb gefallene Engel, weil sie den gelobten Engelsschwur gebrochen haben.«
»Und was bitte schön«, fragte ich, »ist der gelobte Engelsschwur?«
»Eine Art Gesetz zwischen den Engeln und Gott.«
Es verging eine weitere halbe Stunde, in der ich vorsichtig formulierte Fragen stellte, bis wir alle nötigen Antworten erhielten.
Wenn ein Engel fiel, bedeutete das, dass es zwischen ihm und Gott einen unlösbaren Konflikt über den Umgang mit den Menschen gegeben hatte. Gott hatte die Engel ins Leben gerufen, damit sie über uns wachten und uns führten, jedoch nicht, damit sie über uns richteten. Wenn ein Engel sich nicht davon abbringen ließ, dass ein bestimmtes Verhalten oder ein gewisser Lebensstil bestraft gehörten, verließen sie den Himmel und kamen auf die Erde.
»Gott schmeißt sie nicht raus«, erklärte Fon Pyre. »Sie gehen freiwillig, wenn sie sich eingestehen müssen, den Schwur gebrochen zu haben. Beim Verlassen des Himmels nehmen sie zwar menschliche Gestalt an, behalten aber einen Großteil ihrer Macht. Es ist also ein Kinderspiel für sie, die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung zu beeinflussen.«
»Das heißt also«, fasste ich zusammen, »dass ein Engel, der felsenfest der Meinung ist, dass es gleichgeschlechtliche Liebe nicht geben darf, den Himmel verlassen muss? Er kann auf die Erde kommen, ein Mensch werden und dafür sorgen, dass die Menschen um ihn herum Homosexuelle ebenso wie er hassen?«
»So ist es«, bestätigte Fon Pyre.
»Dann haben wir einen gefallenen Engel in der Stadt«, meinte Chester, »der etwas gegen Selbstbefriedigung hat.«
»Sehr scharfsinnig. Was für ein kluges Bürschchen du doch bist«, spottete der Dämon.
Um die Neuigkeit
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