Böser Engel
worden. Mom hatte mich eiskalt vor die Tür gesetzt und sich nicht einmal die Mühe gemacht, mich vorher darüber zu informieren.
Aber so einfach würde ich es ihr nicht machen. Ich klingelte Sturm und hämmerte gegen die Tür.
»Aufmachen!«, rief ich. »Mach auf der Stelle die Tür auf!«
Keine Antwort. Hinter mir vernahm ich Schritte, die sich näherten. Dann merkte ich, wie sich sanft eine Hand auf meine Schulter legte.
»Komm schon, Stuart«, meinte Father Reedy leise. »Ich werde später mit deiner Mutter reden und versuchen, eine Lösung zu finden. Aber im Augenblick ist es am besten, wenn wir einfach gehen.«
Ich wehrte mich nicht, als er mich vom Haus wegführte. Wir luden so viel von meinen Sachen ins Auto, wie wir konnten, stiegen ein und fuhren los. Ich warf einen letzten Blick auf das Haus, in dem ich aufgewachsen war, und sah Josh am Fenster seines Zimmers.
Ich zeigte ihm den Mittelfinger.
Als wir am leerstehenden Eisenwarenladen angekommen waren, luden wir meine Ausrüstung aus und kletterten die Feuerleiter hinauf. Es grenzte schon an ein kleines Wunder, dass sich niemand an meiner Magieausrüstung und den dazugehörigen Büchern vergriffen hatte. Man muss sich eben auch über kleine Dinge freuen können. Father Reedy meinte, es sei ein Beweis dafür, dass Gott auf unserer Seite stünde. Angesichts der Ironie, dass der Allmächtige uns dabei half, einen Dämon heraufzubeschwören, hätte ich beinahe losgelacht.
Chester hatte natürlich keinen blassen Schimmer, worüber wir sprachen. Im Grunde wäre es mir lieber gewesen, ihn nicht in mein kleines Hobby einweihen zu müssen, aber mir blieb keine andere Wahl. Als ich ihm davon erzählte, nahm er es so gut auf, wie er eben konnte.
»Red keinen Blödsinn!«, sagte er. »Du machst Witze, stimmt’s? Father Reedy? Das ist nur ein Scherz, oder?«
»Ich wünschte, dem wäre so«, antwortete Father Reedy.
»Aber das ist eine Sünde!«, rief Chester. »Mrs. Farmson hat gesagt, Okkultismus wäre …«
»Die Farmson redet viel, wenn der Tag lang ist«, unterbrach ich ihn. »Vertrau mir, okay? Ich habe alles unter Kontrolle.«
Chester sah nicht übermäßig glücklich aus, folgte uns aber dennoch in den Keller. Dort machte ich mich umgehend daran, die Kerzen aufzustellen und das Dreieck zu zeichnen. Als Father Reedy mir seine Hilfe anbot, lehnte ich dankend ab. Ich benötigte meine volle Konzentration für das, was vor mir lag.
Außerdem hätte mir seine Hilfe Gelegenheit gegeben, darüber nachzugrübeln, dass meine Mom mich abserviert hatte. Und solche Gedanken können einen schon ziemlich ablenken.
»Alles in Ordnung mit dir, Stu?«, raunte Chester.
»Ja«, antwortete ich. »Warum fragst du?«
»Weil du gerade die Flasche mit dem Wasser angezündet hast«, erklärte er.
Genau das meinte ich. Konzentration ist das A und O in einer solchen Situation.
Nachdem ich den brennenden Flaschendeckel gelöscht hatte, nahm ich die Kerze, die ich eigentlich hatte anstecken wollen. Wenig später war alles, wie es sein sollte, und ich stimmte den Zauberspruch an. Mit entsetztem Gesicht wich Chester einen Schritt zurück. Father Reedy stand mit gerunzelter Stirn da, als würde er jeden Augenblick seinem Erzfeind in die Augen sehen müssen. In gewisser Weise stimmte das ja auch.
Die Luft begann zu knistern, und die Kerzen brannten heißer. Mist, ich hatte schon wieder vergessen, mich nicht so dicht vor die Kerzen zu setzen.
Als ein Donnern die Luft zerriss, schrie Chester. Von Anfang an hatte ich meine Zweifel gehabt, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn mitzunehmen. Aber jetzt war es zu spät, ihn wegzuschicken. Der Geruch nach einem teuflisch sauberen Badezimmer breitete sich aus, und Fon Pyre erschien an seinem Platz.
»Kein Kaffee dieses Mal?«, begrüßte er mich. »Und was ist mit der Kamera?«
»Fon Pyre, hiermit unterwerfe ich dich meinem Willen und befehle dir, nichts als die Wahrheit zu sprechen«, sagte ich mit fester Stimme. »Und, nein, es gibt ausnahmsweise mal keinen Kaffee. Ich hatte einen ziemlich miesen Tag.«
»Als ob mich das interessiert«, erwiderte der Dämon. »Wie ich sehe, haben wir dieses Mal Gesellschaft. Und noch dazu einen Diener Gottes. Ein kleiner Ausflug auf die Gegenseite, oder wie?«
»Beachten Sie ihn gar nicht«, wies ich Father Reedy an. »So was macht er immer. Er ist eben … na ja, ein Dämon.«
»Verstehe«, antwortete Father Reedy.
Ein lautes Klappern ertönte, und ich
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