Böser Engel
mir leid.«
»Komm, wir gehen«, sagte ich. »Wir haben Lucie, Ryan und Paul aufgegabelt und sind auf dem Weg in unser Versteck. Wir sollten ihnen nach.«
»Ich fürchte, daraus wird nix«, ertönte Freds Stimme in meinem Rücken. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie er mit einem Jagdgewehr in den Händen den Ausgang blockierte.
»Vielleicht hätte ich das früher erwähnen sollen«, sagte Chester kleinlaut. »Fred hat mich als Geisel genommen.«
»Die Hände schön vor den Körper, wo ich sie sehen kann«, forderte Fred uns auf. »Ich möchte nich’, dass ihr was Verbotenes tut.«
»Was zum Beispiel?«, erkundigte ich mich.
»Ihr wisst schon, die Sünde, die ihr ständig tut«, antwortete er.
»Hä?«, fragte Chester.
»Das kann unmöglich Ihr Ernst sein«, sagte ich. »Sie glauben doch nicht wirklich, dass wir hier in Ihrem Laden an uns herumfummeln.«
»Das ist doch euer Ding, oder?«, erwiderte Fred.
»Ja, aber nicht hauptberuflich«, meinte Chester.
»Sehen Sie, Fred«, versuchte ich es mit Ruhe und Vernunft. »Wieso lassen Sie uns nicht einfach …«
»Woher kennst du meinen Namen?«, fragte Fred erstaunt.
»Weil ich seit Monaten herkomme«, erklärte ich ihm. »Jeden Sonntag kaufe ich bei Ihnen zwei Becher Kaffee zum Mitnehmen.«
»Ach, der bist du«, sagte er und machte mit abgespreizter Hand das internationale Zeichen für schwul.
»Genau der«, antwortete ich. »Kommen Sie schon, legen Sie das Gewehr weg und lassen Sie uns laufen.«
»Das geht nich’«, gab Fred zurück. »Ihr zwei müsst für eure Sünden bezahlen.«
»Bezahlen?«, fragte Chester ängstlich.
»Das Ganze gerät langsam außer Kontrolle«, überlegte ich laut.
»Daran bist du selbst schuld, Bürschlein!«
»Es reicht«, sagte ich. »Fon Pyre, komm her.«
Erwartungsvoll sah ich zur Tür. Nichts.
»Fon Pyre!«, rief ich lauter. »Ich befehle dir, auf der Stelle herzukommen.«
»Mit wem redest du da?«, wollte Fred wissen. »Haste einen Freund, der draußen wartet?«
»Ja«, sagte ich und dachte fieberhaft nach. Fon Pyre war nur deshalb nicht gekommen, weil er mich nicht hören konnte. Wenn ich Fred jedoch dazu bringen konnte, die Tür zu öffnen … »Ich habe einen Freund da draußen, der gerade die Hosen runterlässt.«
»Was?«, rief Fred und blickte wie gebannt durch die Ladentür.
»Ich sehe niemanden«, fiel Chester mir in den Rücken.
»Er ist gerade zur Seite gesprungen«, erklärte ich schnell, nicht ohne Chester einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. »Vor einer Sekunde ist er noch da gewesen, und ich schwöre, dass ich gesehen habe, wie er an sich herumgespielt hat. Überzeugen Sie sich doch selbst!«
»Aber da war gar keiner«, sagte Chester. »Ich hätte ihn doch sehen müssen.« Dann jaulte er auf. Weil ich ihn getreten hatte.
»Moment mal«, meinte Fred. »Ich glaube nicht, dass da draußen jemand ist.«
»Und ob da jemand ist«, hielt ich dagegen.
»Nein, da ist keiner«, beharrte Chester.
»Ich glaube«, sagte Fred, »dass ihr mich rausschicken wollt, damit ihr hier drinnen anfangen könnt, an euch rumzuspielen.«
»Was?«, rief ich.
»Den Gefallen tu ich euch aber nicht«, fuhr Fred fort. »Ich bin ja nich’ blöd oder so. Hände hoch.«
»O Gott!«
»Stu!«, raunte Chester. »Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen.«
Am liebsten hätte ich vor lauter Verzweiflung den Kopf geschüttelt. Das ließ ich aber doch lieber bleiben, aus Angst, Fred könnte ihn mir von den Schultern pusten. Das Ganze war der pure Wahnsinn.
»Was haben Sie mit uns vor?«, wagte Chester sich vor.
»Ihr müsst bestraft werden«, antwortete Fred, ohne dabei ins Detail zu gehen.
»Ja, sprechen Sie ruhig weiter«, sagte ich. »Welche Art von Bestrafung hatten Sie sich denn vorgestellt?«
Plötzlich zog Fred ein langes Gesicht. Es wirkte auf mich, als hätte er gar nicht richtig darüber nachgedacht, was er eigentlich mit uns anstellen sollte.
Entweder das, oder sein neuer Meister hatte ihn nicht richtig instruiert.
»Na ja, solange wir hier nur tatenlos rumstehen«, schlug ich vor, »wie wäre es mit Kaffee und Donuts? Ich trinke meinen mit einem großen Schuss Milch und einem Stück Zucker. Und einen Vanille-Donut mit Schokoglasur, bitte.«
»Okay«, meinte Fred, trat hinter den Tresen, legte die Waffe beiseite und begab sich an die Arbeit.
»Chester, wie sieht es mit dir aus?«, fragte ich, während ich mich langsam in Richtung Tür bewegte.
»Ich hätte gerne Sahne
Weitere Kostenlose Bücher