Böser Engel
gab sich die größte Mühe, mit gefesselten Armen aufzustehen.
»Leg die Waffe weg, Junge«, ertönte Officer Harpurs tiefe Stimme. »Du fährst nirgendshin.«
»Hallo!«, sagte Fon Pyre, ließ sich hinter meiner Schulter sehen und winkte dem Polizisten mit seinem Reptilienarm zu.
Harpur stieß einen undefinierbaren Schrei aus und lief davon.
Anders als der Hüne. Er blieb regungslos stehen.
»Du wirst nicht schießen«, brummte er.
Mir war klar, dass nicht wirklich er selbst, sondern Mr. Brightly durch ihn mit mir sprach. »Leg die Waffe weg und komm mit mir.« Der Riese machte einen Schritt auf mich zu und streckte den Arm aus, um nach der Waffe zu greifen. Womöglich hätte er sein Ziel auch erreicht – wenn Chesters Fuß nicht in seinem Schritt gelandet wäre.
»Netter Einfall, Chester«, sagte ich und half ihm auf, während der Hüne zu Boden ging. »Rein mit dir in den Wagen.«
»Den Polizeiwagen?«, fragte er. »Wir stehlen einen … Hey!«, rief er, als ich ihm einen Tritt in den Allerwertesten verpasste.
Ich stieg ein, und nachdem ich Chester auf den Beifahrersitz geschoben hatte, kletterte Fon Pyre von meinem Rücken herunter. Der Zündschlüssel steckte.
Ich ließ den Motor an, trat aufs Gaspedal und fuhr aus der Stadt heraus.
Als ich in dem gestohlenen Polizeiwagen auf den Highway auffuhr, fühlte ich mich alles andere als wohl in meiner Haut. Sich mit einem gefallenen Engel anzulegen war eine Sache, das Gesetz zu übertreten eine gänzlich andere.
»Alles klar bei dir, Chester?«, fragte ich ihn.
»Wenn mich endlich mal jemand von den Fesseln befreien würde, ja«, antwortete er.
»Fon Pyre, wärst du so nett?«
»Schon erledigt«, erwiderte der Dämon und durchtrennte im Nu das Seil, das Chesters Hände zusammenhielt.
»Danke«, sagte Chester und rieb sich die Handgelenke. »Danke, dass du mich gerettet hast, Stuart. Als die unser Versteck gestürmt haben, dachte ich, alles sei aus. Ich nehme an, dass du den Engel nicht erledigt hast, oder?«
»Nein«, gab ich zurück. »Hör zu, Chester, ich kann es kaum abwarten, die Einzelheiten von deiner Gefangennahme zu hören, aber das muss noch warten. Fon Pyre, ich würde gerne wissen … Weshalb bist du zu mir zurückgekommen?«
»Weil du mich vor dem Engel gerettet hast«, entgegnete der Dämon. »Der Ehrenkodex der Dämonen schreibt vor, dass ich dir diene und dich beschütze.«
»Oh, cool«, sagte ich. »Für wie lange?«
»Bis in alle Ewigkeit«, antwortete er.
Ich ließ die Worte des Dämons sacken. Er war jetzt mein Bodyguard. Für immer und ewig. Und das, obwohl ich derjenige war, der ihn überhaupt erst in diese lebensbedrohliche Situation gebracht hatte.
»Aber ich habe dich doch erst in diese Situation gebracht«, warf ich ein. »Du hättest mit dem Engel gar nichts zu schaffen gehabt, wenn …«
»Das spielt keine Rolle«, erwiderte Fon Pyre. »Regeln sind Regeln. Ob es dir gefällt oder nicht, ich bin jetzt dein Partner. Für den Rest deines Lebens.«
Ich war mir nicht sicher, ob ich mich darüber freuen sollte oder nicht. In der gegenwärtigen Lage war es natürlich angenehm und äußerst hilfreich, einen schnellen und starken Beschützer an der Seite zu haben. Aber was würde mich anschließend erwarten? Würde Fon Pyre in der Schule neben mir sitzen, mich zu meinen College-Seminaren begleiten, mit zur Arbeit gehen und am Tag meiner Hochzeit neben mir stehen? Das wäre im besten Fall bizarr.
Davon abgesehen: Mochte ich ihn überhaupt? Wollte ich wirklich den Rest meines Lebens in seiner Gesellschaft verbringen? Eher nicht.
Ich verlor mich beinahe in meinen Grübeleien, bis Chester mich auf seine charmante Art abrupt in die Gegenwart zurückholte.
»Ich erzähle es dir trotzdem«, riss er mich aus den Gedanken. »Wir lagen alle auf dem Kellerboden und haben versucht einzuschlafen, als plötzlich eine Horde von Leuten in den Keller gestürmt kam und uns packte. Mr. Reader, der Typ, dem der Supermarkt gehört, war dabei und außerdem Mr. Samuels, wenn mich nicht alles täuscht. Ist auch egal, ich habe mich losreißen können und bin weggelaufen.«
Nicht wirklich verwunderlich, dachte ich bei mir.
»Ich bin überzeugt, dass du alles Menschenmögliche getan hast, um Jane und die anderen zu retten«, bemerkte ich stattdessen sarkastisch.
»Was? Na ja, nicht wirklich. Ich bin einfach die Treppe rauf und aus dem Haus gerannt.«
»Hast du zufällig gesehen, wo sie die anderen hingebracht
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