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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Carter
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einzige Aktion blieb. Entweder nahm ich das Messer und durchtrennte meine Fußfesseln. Oder ich versuchte, den Dämon zu befreien, der mich zum Sterben im Wandschrank zurückgelassen hatte.
    Oberflächlich betrachtet war es eine einfache Entscheidung. Deswegen weiß ich bis heute nicht, was mich dazu getrieben hat, das Messer zu ignorieren und Mr. Brightly stattdessen mit aller Wucht gegen das Knie zu treten. Mit einem gellenden Schrei kippte der Engel zur Seite und schleuderte im Fallen den Dämon von sich. Als Fon Pyre durch das Fenster flog, ertappte ich mich dabei, wie ich hoffte, er würde den Sturz überleben.
    Was in drei Teufels Namen war nur über mich gekommen?
    Ich beschloss, mich später darüber zu wundern. Als ich sah, wie Mr. Brightly auf dem Boden saß und sich das verwundete Bein rieb, witterte ich meine Chance. Zwar war Fon Pyre nicht mehr in meiner Nähe, und somit gab es nichts, das die Macht des Engels eindämmen konnte. Aber ich hatte das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Wenn ich es sinnvoll nutzte, konnte ich den Engel womöglich besiegen.
    Ich schnappte mir das Messer, warf mich auf Mr. Brightly, so dass ich auf ihm saß und ihn mit Hilfe meiner Knie auf dem Boden hielt. Ich riss das Messer in die Höhe und …
    … konnte es nicht tun. Das wäre Mord gewesen. Ich brachte es einfach nicht über mich.
    So schnell meine Chance gekommen war, so schnell war sie wieder verstrichen. Einen Augenblick später packte meine Mutter mich, zog mich von Mr. Brightly herunter und riss mir die Klinge aus der Hand.
    »Wie konntest du nur?«, kreischte sie und hielt das Messer in die Höhe, wie ich es vor wenigen Sekunden selbst getan hatte.
    »Nein«, befahl Mr. Brightly. »Fessele ihn an den Stuhl. Wir haben schließlich noch das kochende Wasser, um ihn zu bestrafen.«
    O nein. Plötzlich erschien mir die Vorstellung, von der eigenen Mutter erstochen zu werden, geradezu in rosigem Licht.

 
     
     
     
     
     
     

     
     
    Nie zuvor wurde ich gefesselt und wartete darauf, gefoltert zu werden. Dieses Mal wurde ich vorsichtshalber an den Stuhlbeinen und Armlehnen festgebunden, damit ich nicht wieder die Flucht nach vorne antreten konnte. Ich saß also mit gespreizten Beinen da und hatte keinerlei Möglichkeit, meinen Schoß vor dem zu beschützen, was ihm unweigerlich bevorstand.
    »Womit wollen wir anfangen?«, fragte meine Mom Mr. Brightly, als sie den Wasserkocher erneut einschaltete. »Mit dem Verbrühen oder den Tomaten?«
    »Erst das Wasser«, meinte Brightly. »Dadurch dürfte er weniger Widerstand leisten, wenn wir ihn mit den Tomaten füttern.«
    Die beiden unterhielten sich, als planten sie ein Picknick im Grünen. Meiner Meinung nach klang das Ganze mehr als nur ein bisschen gruselig.
    »Wollen Sie mich eigentlich gar nichts fragen?«, meldete ich mich zu Wort. »Ich meine, wenn man jemanden foltert, dann doch meistens, um Informationen aus ihm herauszupressen.«
    »Mein Junge, was wir tun, hat nichts mit Folter zu tun«, erklärte mir Mr. Brightly. »Es handelt sich dabei um eine ausgeklügelte Form der Bestrafung. Damit du deine Fehler erkennst und Buße tust. Außerdem brauche ich keine Informationen mehr von dir. Ich habe bereits deine Gedanken gelesen und alles herausgefunden, was ich wissen muss.«
    »Wie zum Beispiel?«, fragte ich, wenngleich ich mir sicher war, was er antworten würde.
    »Du weißt genau, was ich dir antworten werde«, sagte Brightly.
    Ich stöhnte. Er hatte das Versteck gefunden und Chester, Jane und die anderen gefangen genommen.
    Ich verlor den Mut. All unsere Mühen waren umsonst gewesen. Wir waren alle von diesem geisteskranken Engel …
    »Das verbitte ich mir!«
    … und seinem Mob geschnappt worden. Und das war einzig und alleine meine Schuld. Genau genommen hatte ich sogar zweimal Schuld auf mich geladen: erstens, weil ich mich von diesem gestörten Engel …
    »Ich warne dich, mein Junge!«
    … hatte einfangen lassen, damit er meine Gedanken lesen und vom Geheimversteck erfahren konnte. Und zweitens, weil ich mich von meinem Bruder beim Ihr-wisst-schon-was hatte erwischen lassen, wodurch der ganze Schlamassel überhaupt erst ausgelöst worden war.
    »Wo du recht hast, hast du recht«, sagte Brightly. »Dein Fehlverhalten hat eine Menge Kummer heraufbeschworen, junger Mann. Bist du bereit, Buße zu tun?«
    »Ich denke schon«, antwortete ich.
    »Prima«, gab Brightly zurück. »Morgen, wenn die beiden Jugendgruppen aufeinandertreffen, wirst du vor allen

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