Böser Engel
Tod. Die Sache wurde für »Whispering Bill« Pifer zu heiß, darum ließ er sein Motorrad stehen und lief fort. »Lasst ihn gehen«, hörte er einen Angel sagen. »Ein Lkw wartet auf ihn.«
Am Straßenrand wies Pifer seinen Sohn an, auf seinem eigenen Motorrad zu verschwinden. »Stell keine Fragen, und komm nicht zurück«, sagte er. Dann stellte er sich als Anhalter an die Straße. Zwei junge Männer in einem 1950er Chevrolet nahmen ihn mit, aber er wurde misstrauisch, als der Fahrer einem Lkw zublinkte, der ihnen von Banning aus folgte. Pifer zog eine Waffe und befahl dem Fahrer, die Hände am Steuer zu lassen und an einem Drive-in-Restaurant zu halten.
Das Auto hielt und Pifer sprang heraus. Als einer der Männer nach einer Waffe zu greifen schien, feuerte er ein paar Schüsse ab, um seine Flucht abzusichern. Er entkam in eine Menschenmenge und fuhr mit einem Taxi zu einem Busbahnhof und von dort zurück in die Bay Area.
Eines Tages im Jahre 1972 ging Pifer ins Polizeirevier von Antioch, um seine Geschichte zu erzählen. Er hoffte, man würde ihn und seine Familie schützen. Zwei Beamte hörten ihm zu, schienen ihm aber nicht zu glauben. Sechs bis acht Wochen vergingen, ohne dass die Polizei sich bei ihm meldete. Dann begegnete Pifer dem Polizeiinspektor Frank Tiscareno aus Pittsburg, dem Bruder eines seiner Bikerkumpels. Sie kamen ins Gespräch, und Pifer enthüllte, er habe Krebs im Endstadium. Den Club erwähnte er nicht.
Eine Woche später schickte er seine Tochter zu Tiscareno, um diesen zu einem Besuch abzuholen. Während sie Kaffee tranken, gab Pifer ein paar Informationen über den Club preis. Dann erzählte er die ganze Geschichte.
Tiscareno handelte sofort. Nach einigen vorausgehenden Ermittlungen bei lokalen und staatlichen Behörden wurde Pifer nach Ukiah gebracht, wo er unsere Ranch als Grabstätte identifizierte. Es wurde ein Durchsuchungsbefehl erlassen, in dem Pifer den Decknamen SFT-1 trug, und am 30. Oktober 1972, als der Prozess gegen Sonny und drei andere Angels wegen Mordes anberaumt wurde, legte uns die Polizei den Durchsuchungsbefehl vor.
Kapitel 30
Eine Familie in Gefangenschaft
UKIAH – Das Büro des Sheriffs berichtete, man habe drei Leichen in einem sogenannten Hells-Angels-Friedhof gefunden und werde die grausige Suche heute fortsetzen. Die Leichen von zwei Männern und einer Frau wurden auf einer 62 Hektar großen Ranch zehn Kilometer südwestlich von hier mit einem Tiefbohrgerät aus Brunnenschächten ausgegraben. Die Eigentümer der Ranch, George Wethern, 33, ein 120 Kilo schwerer Bauarbeiter, und seine Frau Helen, 29, wurden wegen Drogenbesitzes verhaftet und ins Bezirksgefängnis überführt. Die Kaution wurde auf jeweils 100 000 Dollar festgesetzt ...«
San Francisco Chronicle , 1. November 1972
UKIAH – Wie Sheriff Reno Bartolomie gestern berichtete, blendete sich der ehemalige Hells Angel George Wethern am Dienstagabend beinahe selbst, als er sich mit Bleistiften in die Augen stach. Er sagte: »Wethern drehte einfach durch ... Er erklärte mir, er sei völlig entnervt und stehe unter so großem Druck, dass er nicht gewusst habe, was er tue ... Er liebe seine Frau sehr und habe ihr nicht schaden wollen ...«
San Francisco Chronicle , 10. November 1972
A m Tag nach meinem Selbstmordversuch fühlte ich mich hilflos und allein. Meine Augenverletzungen ließen mich in fast totaler Dunkelheit zurück. Ich war verwirrt und wusste nicht einmal, ob Helen noch lebte – bis sie und meine Schwester zu meiner Zelle geführt wurden.
Als sie sich näherten, neigte ich den Kopf weit nach hinten und lugte unter einem geschwollenen Augenlid hindurch, sodass ich ein klein wenig sehen konnte, wenn auch nur verschwommen. Ich trug Hand- und Fußfesseln, die straff gespannt waren. Meine Augen waren auf doppelte Größe angeschwollen, schwarz umrahmt und mit Brandmalen gesprenkelt. In jedem Augenlid klaffte ein Bleistiftloch. Als ich ans Gitter humpelte, zuckte meine Schwester sichtlich zusammen, obwohl sie als Krankenschwester verstümmelte Unfallopfer versorgte. Helen fiel in Ohnmacht und wurde in ihre Zelle zurückgetragen. Immerhin hatte sie sich davon überzeugen können, dass ich nicht tot war, und ich wusste nun, dass ich sie nicht schwer verletzt hatte.
Das Treffen gab mir Hoffnung. Ich wollte unbedingt überleben. Darum erkundete ich meine Zelle und lernte, mich darin zu bewegen, ohne zu stolpern oder an die Möbel zu stoßen. Meine einzige Begleitung war das Klimpern
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