Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
Vom Netzwerk:
vermisse es so sehr, dich zu umarmen, wann immer ich will. Es wäre wunderbar, dich in den Armen zu halten, ohne dass Gitterstäbe uns trennen. Wenn du das nächste Mal Pater Roger oder sonst jemanden triffst, dann soll er den alten Reno [den Sheriff] um Erlaubnis bitten, dass wir eine Zeitlang zusammen sein dürfen, und wenn es nur eine Stunde ist. Am besten schicke ich diesen Brief ab, bevor ich vor Geilheit zusammenbreche. ...«
    Sie antwortete: »Ich werde beim Sheriff noch einmal beantragen, dass wir uns an unserem Hochzeitstag eine Zelle teilen dürfen. Ich glaube, das versteht er. Er scheint ein richtiger Familienmensch zu sein. Als ich ihn zum letzten Mal sah, trug er eine rosa Krawatte, die seine neunjährige Tochter ihm geschenkt hat. Sie fürchtete, dass er sie nicht tragen würde, also trug er sie für das Kind. Ich sagte zu ihm: ›Sie sind ein sehr guter Vater.‹ Es war ein grelles Rosa.«
    Später am selben Tag schrieb ich: »Nach dir und den Kindern liebe ich wohl schöne Musik am meisten. Fast jede Musik ist auf ihre Art schön. Ich glaube, ich habe nach 13 Jahren Ehe endlich gelernt, das Beste in der Musik und in den Menschen zu sehen. Ich liebe alle, aber ich habe auch gelernt, dass ich nicht allen helfen kann. Wir haben hier einen Typen, der so durcheinander ist, dass er jeden als Mörder bezeichnet und ihn umbringen will. Ich habe ihm Perlen vom Rosenkranz angeboten, und er sagte: ›Nein, danke.‹ Ich sagte, ich wolle ihm nur helfen, und er erwiderte, er wolle mich abstechen. Er tat mir leid. Darum betete ich für ihn. Armer Kerl, ich weiß, dass er die Hölle durchmacht. Ich war auch dort.«
    Am nächsten Tag berichtete ich: »Ein Seelenklempner aus dem Bezirk Contra Costa war hier und unterhielt sich mit mir über meine geplante Zeugenaussage. Alles ging glatt. Der Psychiater war nicht zu sehen. Ich glaube, er beantwortete mehr Fragen, als er stellte. Wir kamen sogar auf die griechische Mythologie zu sprechen, wegen meiner Augen. Er meinte, ich hätte die Idee von König Ödipus übernommen, der sich die Augen mit zwei Gewandspangen ausgestochen hat. Aber ich klärte ihn auf und sagte ihm, warum ich geglaubt hatte, ich müsse sterben. ... Doch genug davon. Ich danke Gott dafür, dass ich dich habe, du kleiner Drachen. Du hast Klasse und Rasse. Du bist schön, sexy, geradlinig, sanft, gut erzogen und intelligent. Und vor allem gehörst du mir. Die einzige Frage ist: Wie komme ich zu dir? Hast du eine Säge? Vielleicht einen kleinen Schneidbrenner? Oder wenigstens eine gute Nagelfeile? ...«
    An Thanksgiving schrieb sie: »Tja, heute ist der typisch amerikanische Truthahntag. Draußen sieht alles knusprig aus. Die Sonne ging mit Orange- und Rosatönen auf, dann wurde der Himmel allmählich grau, blau und lila. ...«
    Ich antwortete: »Ich habe über vieles nachgedacht, was ich getan habe, und ich möchte dir sagen, dass es mir leid tut, dir jemals körperlich und seelisch wehgetan zu haben. Ich bin wild entschlossen, es bei dir und den Kindern wieder gutzumachen. »Vielleicht können wir andere davor bewahren, sich mit Drogen einzulassen, damit nicht auch sie die Hölle durchmachen. Es ist meiner Dummheit zu verdanken, dass ich eine ganze Menge über Drogen weiß, aber ich kann dieses Wissen wohl auch nutzen, um anderen Menschen zu helfen. Wenn ein Teil dieser verfluchten Drogen durch meine Bemühungen vom Markt verschwindet, gibt es vielleicht auch weniger Morde. Und wenn das, was ich hier schreibe, auch nur ein Leben rettet, dann hat es sich gelohnt.« ... Genug mit dem ›vielleicht‹. Ich höre mir jetzt die Übertragung des Footballspiels an und warte auf den Truthahn.«
    Am folgenden Tag bekamen wir einen Brief von den Kindern:
    »Liebe Mama, lieber Papa, wie geht es euch? Wir hoffen, es geht euch gut. Uns geht es gut, und es macht Spaß, bei einer Frau zu wohnen, deren Mann Hilfssheriff ist. Wir lieben euch ganz doll und hoffen, dass Gott Papas Augen gesund macht und dass wir alle bald zusammen sind. ...«
    Und Helen schrieb: »Schatz, ich hab eben den Brief der Kinder bekommen. Du hast recht gehabt, ich sollte mir keine Sorgen um sie machen. ... Hast du die Musik draußen gehört? Der Nikolaus ist da. Ein Lieferwagen ist mit Hornisten auf der Ladefläche herumgefahren, und Nikolaus mit seinem Schlitten war auch dabei. ... Es war nichts Besonderes, aber es berührte mich. Als ein paar Kinder auf Nikolaus zuliefen, musste ich weinen, weil ich mir selbst leidtat. ...«
    Am 27. November

Weitere Kostenlose Bücher