Böser Engel
ganze Abende vor ihrem Fernseher, aßen, leisteten einander Gesellschaft und naschten.
An Partyabenden vernachlässigten wir sie, und wir sprachen selten richtig mit ihnen, aber wir sorgten auf andere Weise für sie. Wir verschafften ihnen eine solide religiöse und schulische Bildung in katholischen Schulen, gute Kleider, reichlich Essen und mehr Spielsachen, als ihre Freunde hatten. Die Angels behandelten sie wie Berühmtheiten, weil Bobby und Donna so ziemlich die einzigen Clubkinder waren, die bereits eine gut entwickelte Persönlichkeit besaßen. Die Kleinen bekamen Geschenke, Fünf-, Zehn- und Zwanzig-Dollar-Scheine von Zorro, kleine Trommeln von Winston. Animal ließ mit ihnen Drachen steigen oder spielte Soldat mit ihnen. Einige Jungs drehten mit ihnen in der Nachbarschaft ein paar Runden auf ihren Motorrädern, was Bobby am aufregendsten fand.
Bobby war von den Angels begeistert, Donna fürchtete und bewunderte die meisten von ihnen. Doch beide waren neugierig und fasziniert von dem, was sie vom Flur aus heimlich beobachteten.
Sie sahen ihre Mutter, die ständig high war, in Marihuana-Lethargie und ihren Vater mal in hektischer Manie, mal in fast komatöser Erstarrung auf allen vieren. Und sie sahen die Freunde ihrer Eltern, Desperados, von denen sie in Zeitungen gelesen und in der Schule gehört hatten. Während dieser Marathonorgien gab es Dutzende von skurrilen Szenen. Sonny hatte ein fasziniertes Publikum, darunter Sharon, wenn er damit prahlte, dass er sich wieder einmal einem Strafverfahren habe entziehen können. Dabei schaufelte er sich löffelweise Kokain in die Nase. Magoo, der Clubsanitäter mit Zylinderhut, machte seine Runden, strich sich den Zottelbart und guckte prüfend in Teegläser, während er Vitamine, Penicillin und andere Tabletten aus seiner ramponierten Arzttasche holte und verteilte.
Mittlerweile versuchte Monk, ehrenamtlicher Ernährungsberater des Clubs, einige von uns davon zu überzeugen, dass Katzenfleisch wie Huhn schmeckte, doch als er uns zum Essen einlud, drückten sich alle und behaupteten grinsend, »Katzensalami« munde ihnen nicht. Monk war ein bärbeißiger, muffig riechender Kerl, aber er und Little Bonnie, seine ebenso übel riechende wahre Liebe, himmelten einander an wie Clark Gable und Myrna Loy. Einmal wälzten sie sich sogar auf dem Fußboden und bumsten vor aller Augen.
Auf der anderen Seite des Zimmers schauten ein paar Frauen gebannt zu, wie »Boomer« Baker sein Talent vorführte: Ohne einen einzigen Zahn im Mund verzehrte er knackige Äpfel. In einer Ecke zog Tramp am Schlüpfer einer jungen Göre herum, die auf einem LSD-Trip war. Durt stand mit Sherri, seiner Frau, auf der Vordertreppe und diskutierte mit dem vier Jahre alten Sohn eines Nachbarn über die Mysterien des Kosmos. Der schnurrbärtige »Foo Manchu« Griffin kam vorbei, um mit mir über LSD-Geschäfte zu reden, während »Super Sharon«, seine Frau, mit einigen Jungs über Chopper quatschte, mit denen sie geschickt umging. Sie war eine der wenigen Frauen, denen man zuhörte, denn sie hatte so viel Mumm, dass sie Tramp sogar einmal in den Hintern trat.
Big Al und Okie saßen abseits und rieben sich aneinander wie »ein paar Nigger in der 14th Street«, so sagten sie. Hi Ho Steve, ein anderer Angel aus Oklahoma, schüttelte seinen Kopfschmuck im Mohikanerstil, schwang ein Kriegsbeil und stieß einen Schlachtruf aus. »Green Power soll leben! Zum Teufel mit Black Power!« Dann erzählte er jemandem von seinen neuen Lautsprechern an seinem vier Meter hohen Totempfahl aus Benzinfässern vor seinem Haus.
Aber es wurde auch über ernstere Themen gesprochen. Winston und seine zuckerwatteblonde Frau Pat schwärmten von ihren exotischen Raubkatzen. Zorro, der nach seiner Zählung mit sieben Frauen neun Kinder hatte, flirtete mit einer anderen, behielt aber die Haustür im Auge für den Fall, dass seine derzeitige Freundin Linda auftauchen sollte. Raymond Dale »Stork« Keefauver, ein großer, knochiger Mann mit rabenschwarzem Haar und satanischen Gesichtszügen, brüstete sich damit, er werde nie wieder ins Gefängnis zurückkehren. Und »Pops«, der eher wie ein alternder Beatnik aus North Beach aussah als wie ein Marineveteran, zeigte wieder einmal schmutzige Bilder herum.
Ganz in der Nähe standen Tiny und Johnny Angel und luden die Leute an ihren neuen Craps 30 -Tisch ein. Gary Popkin, ein 1,80 Meter großer und über hundert Kilo schwerer Kerl mit kalten Augen und Ricky-Nelson-Gesicht,
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