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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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schützten, verließ ich mich auf meine Vertriebsmethode.
    Wenn ich einem Kunden nicht völlig vertraute, ließ ich ihn von meinen Leuten im Auge behalten, damit er uns nicht verpfiff. Manchmal versteckte ich die Drogen in einem Motel oder an einem anderen sicheren Ort und schickte den Kunden dann dorthin. Meist fuhr ich in San Francisco und Umgebung herum und schluckte selbst LSD. Ich warf mir immer wieder was ein, wenn ich Dealer mit guten Kontakten und zweitrangige Schieber traf, während ich meine Kunden belieferte. Dem Geschäft zuliebe mischte ich mich unters Volk, und da ich dicht war, konnte ich die verschiedenen Preise nur schwer im Kopf behalten. Eine Regel befolgte ich jedoch immer: Bring deine Kunden nie in Kontakt mit deinen Lieferanten. Das hätte meine Stellung als Vermittler gefährdet.

Kapitel 13
Der LSD-König
    O wsleys Anspruch auf den Titel »LSD-König« war unbestritten, und sein Aufstieg erfolgte fast ebenso schnell, wie das LSD sich ausbreitete. Er war ein ziemlich unabhängiger Geist – wie sein Großvater, der verstorbene Senator A. Owsley Stanley aus Kentucky, der 1922 erklärt hatte: »In Amerika darf man keine Kuh melken, ohne dass ein Inspekteur danebensteht.« Im Juni 1956 verließ der junge Owsley im Alter von 18 Jahren sein Zuhause und diente anderthalb Jahre in der Air Force. Dank seines Wissens über Elektronik bekam er eine Reihe von technischen Jobs beim Rundfunk, ehe er 1963 in die Bay Area zog.
    Nach einem Studiensemester verließ er die Universität Berkeley mit schlechten Noten 31 , aber das Schicksal war ihm hold, denn seiner Freundin Melissa, einer 24-jährigen Chemiestudentin, war es offenbar gelungen, LSD und andere verkäufliche Chemikalien herzustellen.
    Am 21. Februar 1965 durchsuchte die Polizei ihr Badezimmerlabor in Berkeley. Die Behörden hatten erfahren, dass Owsley – 1,70 Meter groß, 63 Kilo schwer und adrett wie ein Burschenschaftler – Speed an Teenager verkaufte. Doch alles, was die Beamten fanden, waren Chemiebücher, chemische Apparaturen und neun Flaschen mit einer Droge, die gerade noch legal war. Nach seiner Freilassung erwirkte der dreiste Bursche einen Gerichtsbeschluss, der die Herausgabe seiner Ausrüstung anordnete. Dann zog das Paar nach Los Angeles.
    Fast sofort danach, so berichteten Ermittler später, erwarb er zum ersten Mal Lysergsäure, den Hauptbestandteil des LSD. Mit 20 000 Dollar in Hundert-Dollar-Scheinen aus unbekannter Quelle kaufte er 500 Gramm von der Cyclo Chemical Corporation und anschließend weitere 300 Gramm von der National Chemical and Nuclear Corporation. Hierfür unterschrieb er Erklärungen, in denen stand, er brauche die Chemikalien für Forschungsarbeiten bei der (fiktiven) Baer Research Company.
    In gewisser Weise war es Forschung. Laut Polizeiinformationen produzierte und verkaufte Owsley LSD in seinem Haus mit Blick auf das California State College. Außerdem nahm er unter einer Anschrift am Sunset Boulevard Bestellungen per Post entgegen. Drogenfahnder schätzten, dass er aus den 800 Gramm Lysergsäure 1,5 Millionen Einzeldosen LSD gemacht haben könnte. So wurde Owsley als der Mann bekannt, der mit LSD eine Million Dollar verdient hatte, noch bevor die Substanz im April 1966 verboten wurde.
    In diesem Jahr tauchte Owsley in der Bay Area auf, und der Harvard-Psychologe Timothy Leary predigte Bewusstseinserweiterung für die Massen. Tausende, vielleicht auch Millionen kifften, berauschten sich oder ballerten sich schlichtweg zu. LSD, einst eine Chemikalie für wissenschaftliche Experimente, CIA-Tests und avantgardistische Intellektuelle, wurde zur Straßendroge.
    Für die meisten Leute war Owsley ein rätselhafter Zauberer, der die ganze Welt berauschen wollte, mit Grateful Dead herumhing und Kool-Aid beim berühmten »Trips Festival« in San Francisco heimlich mit LSD versorgte. Zeitungen beschrieben ihn als verrückten Wissenschaftler oder als Playboy, der auf schöne Frauen und schnelle Autos stand. Viele hatten von ihm gehört, aber wenige kannten seinen vollständigen Namen: Augustus Owsley Stanley III.
    Als führender LSD-Chemiker des Landes und wichtigster Lieferant des Clubs genoss »the Owl« (»die Eule«), wie wir ihn nannten, bei manchen Mitgliedern Kultstatus. Sie sahen über seine Arroganz hinweg und waren nachsichtig mit ihm, obwohl Sonny lieber auf diesem Prahlhans herumgetrampelt wäre, als mit ihm zu plaudern.
    Seine große Bekanntheit und Tramps Ehrfurcht flößten mir zunächst großen

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