Böser kleiner Junge (German Edition)
unser Liebesleben genießen.
Das taten wir auch. Elf Monate später ließ sich die rote Tante nicht mehr blicken. Carla war katholisch erzogen worden, seit dem College jedoch nicht mehr in der Kirche gewesen. Sobald sie mit Sicherheit wusste, dass sie schwanger war, ging sie wieder hin und schleppte auch mich zum Gottesdienst in die St.-Andrews-Kirche. Wenn sie der Meinung war, wir hätten Gott den Braten in der Röhre zu verdanken, wollte ich ihr nicht widersprechen.
Im siebten Monat erlitt sie eine Fehlgeburt. An jenem Sonntag gingen wir wie immer zur Kirche. Nach der Messe wollten wir in der Stadt nett zu Mittag essen und dann nach Hause fahren. Carla würde die Füße hochlegen und sich ausruhen, ich wollte mir das Footballspiel anschauen. Ich sah den bösen kleinen Jungen sofort, als ich aus der Kirche trat. Dieselben weiten Shorts, derselbe Pullover, dieselben kleinen Brüste und der runde Bauch. Die Mütze, die ich im Briefkasten gefunden hatte, war blau gewesen. Die, die er jetzt trug, war grün, besaß aber ebenfalls einen Plastikpropeller. Ich war von einem Kind zu einem Mann mit den ersten grauen Haaren herangewachsen. Der böse kleine Junge war nach wie vor sechs Jahre alt. Höchstens sieben.
Er hielt sich etwas abseits. Vor ihm stand ein anderes Kind. Ein ganz gewöhnlicher Junge von der Sorte, die irgendwann älter wird. Er wirkte verlegen und verängstigt und hatte etwas in der Hand. Es sah aus wie der Ball des Bolo Bouncers, den mir Mama Nonie vor so vielen Jahren geschenkt hatte.
Na los, sagte der böse kleine Junge. Sonst nehme ich dir die fünf Dollar wieder weg, die ich dir gegeben habe.
Ich will nicht, sagte der gewöhnliche Junge. Ich hab’s mir anders überlegt.
Carla bekam von alldem nichts mit. Sie stand oben auf den Kirchenstufen und redete mit Father Patrick, erzählte ihm, wie gut ihr die Predigt gefallen habe und dass sie jetzt viel habe, worüber sie nachdenken könne. Es waren ziemlich hohe Stufen, und sie waren aus Granit.
Ich glaube, ich wollte ihren Arm nehmen. Vielleicht auch nicht. Möglicherweise war ich starr vor Schreck, genau wie damals bei Vicky, als ich den Jungen nach dem misslungenen Vorsprechen für The Music Man gesehen hatte. Noch bevor ich irgendetwas tun oder sagen konnte, trat der böse kleine Junge einen Schritt vor. Er griff in die Tasche seiner Shorts und holte ein Feuerzeug heraus. Sobald er es anzündete, wusste ich, was damals in der Fair-Deep-Mine geschehen war und dass der Unfall nichts mit den Sohlennägeln an den Stiefeln meines Vaters zu tun gehabt hatte. Irgendetwas auf der Oberseite des kleinen roten Balls, den der gewöhnliche Junge hielt, zischte und sprühte Funken. Er warf ihn weg, nur um ihn endlich los zu sein, und der böse kleine Junge lachte. Es war ein tiefes, rotziges Kichern. Huarrharrharr, so ungefähr.
Das Ding traf seitlich gegen die Treppe unterhalb des schmiedeeisernen Geländers, prallte ab und explodierte mitten im Flug mit einem gelben Lichtblitz und einem ohrenbetäubenden Knall. Das war kein Knallfrosch, noch nicht mal ein Böller, sondern ein ausgewachsener Kanonenschlag. Er erschreckte Carla genau so, wie Carla damals Vicky im Lagerraum vom Fudgy-Acres-Wohnheim erschreckt haben musste. Ich wollte sie festhalten, streifte jedoch nur ihren Ellbogen. Sie hielt eine von Father Patricks Händen mit ihren beiden umfasst, sodass sie zusammen die Treppe hinunterfielen. Er brach sich den rechten Arm und das linke Bein, Carla einen Knöchel. Sie erlitt eine Gehirnerschütterung. Und verlor das Baby.
Der Junge, der den Kanonenschlag geworfen hatte, erschien am nächsten Tag mit seiner Mutter auf der Polizeiwache und gab alles zu. Natürlich war er völlig zerknirscht und sagte, was Kinder eben so sagen und auch meistens glauben, wenn etwas schiefgeht: Es sei ein Unfall gewesen, er habe niemand wehtun wollen. Er habe den Knallkörper ja gar nicht werfen wollen, aber der andere Junge habe ihn angezündet und er habe Angst um seine Finger gehabt. Nein, sagte er, den anderen Jungen habe er noch nie zuvor gesehen. Seinen Namen wisse er auch nicht. Dann gab er dem Polizisten die fünf Dollar, die er von dem bösen kleinen Jungen erhalten hatte.
Nach diesem Vorfall war mit Carla im Schlafzimmer nicht mehr viel los, und sie ging auch nicht mehr zur Kirche. Ich schon, und so kam es, dass ich mich bei ConQuest engagierte. Diese Einrichtung ist Ihnen ja bekannt, Mr. Bradley. Nicht weil Sie katholisch sind, sondern weil sie in einer gewissen
Weitere Kostenlose Bücher