Böser Mann - Provinzkrimi
Dekantierer?«
»Ich trinke aus der Flasche.«
Moni stellte Gläser ab. »Er hat einen, aber nur oben neben seinem Bett«, sagte sie. »Für die Mädels. Wegen der Kultur und der Atmosphäre.«
»Wollen Sie den Wein umfüllen?«, fragte Luginger.
»Quatsch. Ich koche morgen für Freunde, und einer besteht auf einem Dekantierer.«
»So was kann man kaufen«, sagte Moni.
»Habe ich schon. Ist mir runtergefallen, und 30 Euro waren futsch.« Frau Weibel schnalzte mit der Zunge, nachdem sie einen
weiteren Schluck getrunken hatte. »Ihr Faulhuber versteht was von Rotwein. Da könnte ich mich reinlegen.«
»Und jetzt trinken Sie einen über den Durst, weil Sie Glas zerbrochen haben«, frotzelte Moni.
»Nein. Ich führe eine wichtige Befragung durch. Da darf ich mein Handy ausstellen, und niemand geht mir auf die Nerven.«
»Ihr Telefonat vorhin«, bemerkte Luginger.
»Und ob«, kam es zurück.
»Der Job«, sagte Luginger.
»Nein, meine Jungs. Einer so gelungen wie der andere.«
Luginger ging in die Küche und brachte Weißbrot.
»Essen Sie was dazu. Ist gut für den Magen.«
»Danke.«
»Bitte.«
Zwei Stunden später ließ sich Frau Weibel heimfahren. Zusammen mit Moni hatte sie fast die ganze Flasche getrunken, ehe ein Mann um die 30 aufauchte, sich als Ben vorstellte und die Wagenschlüssel aus dem Mantel seiner Mutter fischte. Ben Weibel war Schauspieler, pleite und jüngster Spross der Kommissarin.
Der Fall Fischer hatte keine Rolle mehr gespielt, als Moni und Frau Weibel ins Reden gekommen waren. Luginger hatte sich um die Gäste gekümmert und Sammy gesucht. Ganz offensichtlich war er von der Bildfäche verschwunden, weil er keine Lust gehabt hatte, einen Abend in der Nähe der Frau zu verbringen, die ihn in Schwierigkeiten bringen konnte.
Mit einem Ohr hatte Luginger immer wieder mitbekommen, was die Frauen so quatschten, und je länger sie die Köpfe zusammensteckten, desto nervöser wurde er. Während Moni kurz vor Kneipenschluss noch eine letzte Portion Kartoffelsalat mit
Würstchen an einen Tisch brachte, stellte er die Weinfasche weg.
»Die Polizistin ist raffinierter, als du denkst«, sagte er. »Die weiß, dass du mit Sammy was laufen hattest. Pass auf, Mädchen, die plaudert nicht einfach so draufos.«
»Du hörst die Flöhe husten, ja. Mensch, die hat drei Söhne, so richtige Knalltüten, da gibt’s Stoff für Geschichten, die sie sonst niemandem erzählen kann. Einer von denen wohnt in London und arbeitet als Geldvermehrer. Krise hin, Krise her. Sie sagt, am Ende des Tages gewinnen die immer. Ihr Mittlerer ist Professor für Politik in Frankfurt. Keiner ist verheiratet, keine Enkel, Eigenbrötler mit dicken Bankkonten, bis auf den Kleinen, den du gesehen hast. Und der hockt seiner Mutter auf der Pelle und jammert rum, weil sein Mädel die Biege gemacht hat. Wo ist eigentlich der Wein?«
»Hab ich weggestellt.«
»Auf den Tisch damit, Franz. Wir trinken den jetzt aus.«
»Hat sie bezahlt?«
»Ich zahle, und zwar Faulhubers Einkaufspreis«, sagte Moni entschieden.
Luginger wusste, dass jedes weitere Wort zwecklos war. Also fragte er nur: »Wo steckt eigentlich Sammy?«
»Gute Frage«, erwiderte Moni und holte frische Gläser aus dem Regal.
Montag
L uginger war alles andere als begeistert, als sich Mike im Klo die Hände wusch und ihm erzählte, dass ein Zylinderkopf im Arsch war.
»Was heißt im Arsch?«, fragte Luginger. »Im Arsch eben«, antwortete Mike und knetete seine Finger. »Die Kiste ist Schrott, Mann. Kauf dir was Vernünftiges.«
Für Luginger gab es aber nichts Vernünftigeres als seinen Dodge Ram, Baujahr 1981, ein Pick-up der ersten Serie aus Michigan, als die amerikanische Automobilindustrie noch eine gigantische Nummer war.
»Versteh mich nicht falsch«, fuhr Mike fort, »aber allein die Ersatzteile kosten dich auf Dauer ein Vermögen. Das ist doch irre.«
Luginger stöhnte leise. 2000 hatte er noch auf dem Konto, danach war Ebbe. Und 1000 waren schnell verbraten, wenn Mike loslegte.
Der Tag hatte in der Früh schon beschissen begonnen. Sammy war über Nacht weggeblieben und hatte kurz nach acht von einem Münchner Freund aus angerufen. Ich brauche drei freie Tage. Ende der Durchsage, Nachfragen unerwünscht!
Dann kein Frühstück mangels Masse, kein frisches schwarzes T-Shirt, Dauerhusten, schließlich der Komplettabsturz, als er zur Kenntnis nehmen musste, dass auch der letzte Tabakkrümel verbraucht war.
Und jetzt auch noch Mike mit seinem
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