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Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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nicht gesehen.«
    Â»Keine Ahnung. Ich habe sie auch lange nicht gesehen.« Julius hält die Stille aus, bis Ottos Lächeln langsam erlischt.
    Â»Und warum bist du dann hier?«, fragt dieser endlich.
    Julius legt langsam die Fotos auf die Ladentheke. »Für dieses Mädchen bräuchte ich einen Ausweis. Schnell.«
    Otto wirft einen Blick auf die Bilder und lacht müde. »Mit den Fotos kannst du das vergessen.«
    Julius schweigt und guckt ihn einfach weiter an. Otto wird klar, dass das nicht mehr der kleine schüchterne Junge ist. Julius meint es ernst.
    Â»Aber ich denke, ich habe Fotos, die nach zwei Waschmaschinen wie ein Foto deiner Freundin aussehen«, fügt Otto endlich an.
    Julius guckt durch das schmierige Fenster auf die Straße. Er kann den Mann nicht mehr ansehen. Zu viele Bilder kommen in ihm hoch. »Wie viel?«, fragt er mit abgewandtem Blick.
    Â»Fünftausend. Gib mir deine Nummer, dann melde ich mich.«
    Â»Alles klar.« Julius hebt nur kurz die Hand zum Abschied. Er hat noch keine Ahnung, wie er das Geld besorgen soll. Aber er muss jetzt sofort raus, um nicht brechen zu müssen. Draußen atmet er gierig die frische Luft.
    Bis zum Abend hat Julius reichlich Zeit. Plötzlich spürt er die Müdigkeit. Eine Schwere nimmt von ihm Besitz ein. Auf dem Weg zu seinem Rad isst er einen Döner, in seinem Zimmer angekommen, legt er sich sofort aufs Bett und gönnt sich einen kleinen Traum zum Einschlafen. Er sieht sich und Lotta im Sand sitzen. Der Sand ist weiß. Der Himmel ist blau. Es gibt keine Zwischenfarben. Alles ist klar und echt.
    So wie er es eben nicht kennt und so vermisst.
    Fünfzehn Minuten später geht sein Wecker. Noch ein paar Augenblicke länger und er wäre in den Tiefschlaf gefallen, in dem er so anfällig ist für die Erinnerungen mit den scharfen Zähnen.

Ein hoher Preis
    E milias Blick flattert. Sie hat Mühe, etwas zu fixieren. Doch sie erkennt schemenhaft die Gesichter ihrer Eltern. Julius hatte sich nicht getäuscht über die Wirkung der kleinen blauen Pille. Eigentlich hätte die länger anhalten sollen. Aber Julius hatte nicht mit Emilias Lebenswillen gerechnet. Mit ihrem ungeheuerlichen Drang, sich an die Oberfläche ihrer wirren Träume zu strampeln.
    Â»He, Süße. Schön, dass du wach bist«, hört Emilia ihre Mutter. »Schlaf jetzt bitte nicht gleich wieder ein, okay?«
    Die Stimme ihres Vaters kommt von der anderen Seite. »Dein Schönheitsschlaf hat jetzt wirklich lange genug gedauert. Noch schöner kannst du nicht werden.« Seine Stimme klingt irgendwie belegt.
    In Emilias Kopf purzeln die Gedanken durcheinander. Als würde jemand einen Föhn in ihren Kopf halten und alles aufwirbeln. »Lotta« ist der erste Gedanke, den sie festhalten kann. Und plötzlich denkt sie an diesen Pfleger. Sie sieht seine Locken vor sich. Sie macht die Augen kurz zu, versucht, sich zu konzentrieren.
    Â»Nicht einschlafen. Bleib bitte, bitte wach«, hört sie sofort ihre Mutter.
    Sie ist sich plötzlich sicher. Sie hat ihm erzählt, wo Lotta ist. Er wollte ihr helfen. Wo ist er? Sie schluckt zweimal trocken. »Charlotta«, flüstert sie dann.
    Â»Es geht ihr gut«, lügt ihre Mutter spontan. Ist nicht die Devise, dass Emilia sich nicht aufregen darf?
    Â»Sehen«, fordert Emilia.
    Â»Sie darf dich nicht besuchen. Es muss dir erst besser gehen«, mischt sich Michael Brandt ein. »Sobald du wieder fit bist, kommt sie und ihr könnt stundenlang über alles reden, was wichtig ist. Also Klamotten, Facebook und Typen.« Das ist sein Versuch, witzig zu sein.
    Emilia atmet tief ein. Es geht Charlotta gut. Das ist das Einzige, was zählt.
    Â»Sophie?«, fragt Emilia jetzt.
    Â»Du möchtest Sophie sehen?«, wundert Dagmar sich.
    Emilia nickt ganz kurz. Es strengt sie sichtbar an. »Will streiten«, sagt sie dann.
    Dagmar und Michael gucken sich an. Beide haben Tränen in den Augen. Weil in Emilias Kopf alles noch an seinem Platz ist.
    Uwe Brandt starrt auf den Bildschirm. Er kann es nicht glauben. Er hatte eigentlich gehofft, Tipps zu bekommen. Er hatte auf neue Möglichkeiten gehofft, als er verschwundene Kinder bei Google eingegeben hatte. Nun ist er auf einer Seite gelandet, auf der Eltern nach ihren Kindern suchen. Mit Tränen in den Augen liest er von Natalie, Ines, Michael, Jonas, Eva und wie sie alle heißen. Kinder und

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