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Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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immer wieder kleine Tiger-, Löwen- oder Katzengesichter zu kreieren. Sie denkt sich ihre eigenen Mottos aus. Heute: der blanke Horror.
    Â»Soll ich dir eine hübsche Einschusswunde auf die Stirn machen?«, fragt sie gerade einen höchstens sechsjährigen Jungen. Der reißt seine Augen auf und sucht sofort den Schutz seiner Mutter.
    Â»Kann ich eine böse Narbe haben? So wie Harry Potter?«
    Emilia grinst den Jungen vor sich an. »Klar. Aber wie wäre es, wenn du noch einen schönen Cut bekommst? Der passt gut zu deinen blonden Haaren.«
    Der Junge nickt stumm. Als Emilia mit ihm fertig ist, sieht er nicht nach Harry Potter, sondern nach einem schlimmen Autounfall aus. Aber dem Jungen gefällt es. Emilia kommt langsam in Fahrt.
    Â»Willst du ein blaues Auge?«, fragt sie ein kleines Mädchen.
    Während sie die Farbe verteilt, sagt sie über die Schulter zu Charlotta. »Du hast die Decken gestern Abend geholt, oder?«
    Charlotta nickt.
    Â»Die müssen noch in den Keller. Den Eimer müssen wir auch noch organisieren.«
    Charlotta nickt.
    Â»Kommst du wenigstens mit?«, fragt sie leise.
    Emilia spürt die Angst zwischen den Worten.
    Â»Um neun an der Kläranlage«, beendet Emilia die leise Unterhaltung. Und fügt noch schnell an: »Aber nur, wenn ich dir noch eine klaffende Wunde auf die Schulter zaubern darf.«
    Â»Du weißt doch, dass du mir sogar das Herz brechen darfst«, lacht Charlotta und setzt sich auf den Schminkhocker.

Worte verschluckt. Ganz schnell
    D ie Tür zum Keller knirscht, als Emilia sie öffnet. Feuchter, modriger Geruch steigt ihnen entgegen.
    Ich kann das nicht. Die Worte liegen auf Charlottas Zunge. Aber sie schluckt sie runter. Sie will die Freundin nicht enttäuschen. Sie weiß, dass sie da jetzt durchmuss. Sie weiß nur noch nicht, wie. »Ich habe hier in der Nacht wirklich null Licht. Ich werde nichts sehen«, stellt sie fest.
    Â»Wozu brauchst du Licht?«
    Â»Ich hätte einfach gerne die Möglichkeit, Licht zu machen, wenn ich will.« Wenn ich Angst bekomme, fügt sie in Gedanken hinzu.
    Â»Warum sollte ein Entführer dir da eine Lampe installieren? Was hätte er davon? Ich kann dich verstehen, aber das geht nicht. Komm jetzt.«
    An Emilias Hand geht Charlotta die steile Treppe runter. Emilia trägt kratzige Winterhandschuhe. Aber nicht nur deswegen hat sie eine Gänsehaut. Sie schaut sich um, als würde sie den Raum zum ersten Mal sehen. Sie hatte ihn nicht so dreckig in Erinnerung.
    Â»Wo willst du schlafen?«
    Â»Zu Hause.«
    Â»Süße«, Emilia umarmt Charlotta von hinten. »Wo willst du dir hier dein Bettchen machen? Unter dem Fensterschacht? Da hast du morgens als Erstes Licht.«
    Charlotta nickt.
    Â»Und wo kommt dein WC hin?«
    Emilia versucht, gute Laune zu verbreiten. Sie erträgt es fast nicht, die Angst in Charlottas Augen zu sehen.
    Â»Mir egal.«
    Emilia stellt den Eimer, den Charlotta noch gekauft hat, in eine Ecke. »Du hättest vielleicht besser einen mit Deckel genommen.«
    Das ist zu viel für die Freundin. »Jetzt lass mich mit dem Scheiß in Ruhe«, zischt Charlotta.
    Zwei Sekunden später prusten beide los. »Genau. Mit dem Scheiß«, kichert Emilia.
    Sie riecht, dass er da ist, noch ehe sie seine Stimme hört. Sie liebt diese Mischung aus Aftershave, Zitronen-Shampoo und der besonderen Papa-Note. Erstaunt bleibt Emilia in der Küchentür stehen.
    Ihr Vater springt sofort auf. »Da bist du ja endlich. Ich warte hier schon seit Stunden.« Er umarmt sie und sie saug t den Geruch ganz tief in ihre Bronchien.
    Â»Was machst du hier?«
    Â»Das klingt ja sehr freundlich.« Emilias Vater tut entsetzt. »Da ihr mich in den Ferien ja offensichtlich nicht besuchen wollt, musste ich mich ja wohl ins Auto setzen und hierher kommen. Kann ja wohl nicht sein, dass ich meine Töchter diesen Sommer gar nicht sehe.«
    Â»Wie lange bleibst du?« Emilia versucht, durch die Fragen Zeit zu gewinnen, um mit der Situation klarzukommen. Es gelingt ihr nicht wirklich.
    Â»Bis Montag leider nur.«
    Â»Das ist aber schlecht, Dad«, mischt Sophie, die auch am Küchentisch sitzt, sich ein. »Emilia hat nämlich am Wochenende ein ominöses Date. Sie wird stundenlang an ihrem Outfit feilen, das Date absolvieren und den ganzen lieben Sonntag heulend im Bett liegen, weil der Typ sie mit Sicherheit nie wieder

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