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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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wenn Miriam Lust hat, bring sie einfach mit, okay? Ich würde mich wirklich freuen.«
    »Ich komme gerne.« Pia umarmte die Freundin. »Auf ganz bald.«
    Es gelang ihr, ungesehen zu entkommen. Zehn nach zehn! So ein Mist. Ein totes Mädchen. Das würde eine lange Nacht werden, und da sie allein auf weiter Flur war, war sie es, der die unerfreuliche Aufgabe zufiel, mit den Eltern zu sprechen. Die Fassungslosigkeit und Verzweiflung der Angehörigen war das Schlimmste an ihrem Beruf. Während sie durch die Fußgängerzone zu ihrem Auto ging, gab ihr Handy einen klingenden Ton von sich, und das Display leuchtete auf. Der BvD hatte gesimst. Mönchhofstraße, Hattersheim-Eddersheim. An der Staustufe . Pia schloss ihr Auto auf, ließ den Motor an und die Fenster herunter, um ein wenig frische Luft hereinzulassen. Sie gab die Adresse ins Navigationsgerät ein, schnallte sich an und fuhr los.
    »Die Route wird berechnet«, verkündete die weibliche Computerstimme freundlich. »Die Route liegt in der angegebenen Richtung.«
    22,7 Kilometer. Ankunftszeit 22:43.
    *
    Hanna bog in die kleine Stichstraße am Waldrand ein, an deren Ende ihr Haus lag. Die Außenstrahler, die von Bewegungsmeldern angeschaltet wurden, tauchten es in helles Licht. Sie trat auf die Bremse. Hoffentlich wartete nicht Vinzenz als böse Überraschung oder sogar Norman! Doch dann sah sie vor der Doppelgarage einen knallroten Mini mit Münchener Kennzeichen stehen und atmete auf. Meike war offenbar einen Tag früher gekommen als angekündigt! Sie lenkte ihr Auto neben das ihrer Tochter und stieg aus.
    »Hallo, Meike!«, rief sie und lächelte, obwohl ihr nicht danach zumute war. Erst die grässliche Auseinandersetzung mit Norman, dann das Gespräch mit Wolfgang Matern. Bis um sieben hatten sie mit dem ganzen Team im Konferenzraum eine Krisensitzung gehabt, anschließend hatten Hanna und Jan sich mit einer freien Producerin getroffen, die anderthalb Stunden lang kettenrauchend in einer verqualmten, düsteren Bar voller Anzugtypen in einer Nebenstraße der Goethestraße unverschämte Forderungen gestellt hatte. Völlig verschwendete Zeit.
    »Hallo, Hanna.« Meike erhob sich von der obersten Treppenstufe. Zwei Koffer und eine Reisetasche standen vor der Haustür.
    »Warum hast du nicht angerufen, dass du heute schon kommst?«
    »Ich habe es ungefähr zwanzig Mal versucht«, erwiderte Meike vorwurfsvoll. »Wieso hast du dein Handy ausgeschaltet?«
    »Ach, es gab heute jede Menge Ärger.« Hanna seufzte. »Irgendwann hab ich das Ding einfach ausgemacht. Du hättest doch im Büro anrufen können.«
    Sie gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange, den diese mit einer Grimasse quittierte, dann schloss sie die Haustür auf und half Meike, das Gepäck ins Haus zu bringen.
    Der Umzug von Berlin nach München schien Meike gutgetan zu haben. Seitdem sie sie das letzte Mal gesehen hatte, hatte ihre Tochter zugenommen. Ihr Haar war gewachsen und ihr Kleidungsstil hatte sich ein wenig normalisiert. Vielleicht würde sie den spätpubertären Hausbesetzerlook bald endgültig ablegen.
    »Du siehst gut aus«, sagte sie.
    »Du nicht«, erwiderte Meike und betrachtete Hanna kritisch. »Du bist ganz schön alt geworden.«
    »Danke für das Kompliment.«
    Hanna streifte die Schuhe von den Füßen und ging in die Küche, um sich ein eiskaltes Bier aus dem Kühlschrank zu holen.
    Das Verhältnis zwischen Meike und ihr war schon immer kompliziert gewesen, und Hanna war sich nach diesem ersten Wortwechsel nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee von ihr gewesen war, ihre Tochter zu bitten, während ihrer Semesterferien als Produktionsassistentin einzuspringen. Das, was andere Leute hinter ihrem Rücken über sie sagten, hatte sie noch nie interessiert, aber Meikes Feindseligkeit machte ihr mehr und mehr zu schaffen. Am Telefon hatte ihre Tochter sofort klargestellt, dass sie den Job nicht etwa aus Gefälligkeit, sondern aus rein finanziellen Gründen annehmen würde. Trotzdem war Hanna froh, Meike den Sommer über bei sich zu wissen. Ans Alleinsein hatte sie sich noch nicht gewöhnt.
    Die Toilettenspülung rauschte, wenig später kam Meike in die Küche.
    »Hast du Hunger?«, erkundigte Hanna sich.
    »Nein. Ich habe schon was gegessen.«
    Erschöpft setzte Hanna sich auf einen der Küchenstühle, streckte die Beine aus und wackelte mit den schmerzenden Zehen. Hallux rigidus an beiden großen Zehen, der Preis, den dreißig Jahre Pumps gefordert hatten. Das Laufen in Schuhen mit mehr als

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