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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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kein Wort.«
    »Aber ich muss mich doch beeilen«, erwiderte Lilly atemlos und so ehrlich und ernsthaft, wie es nur ein siebenjähriges Kind sein konnte. »Wenn du schon mal da bist, will ich dir auch alles, alles, alles erzählen!«
    »Wir haben doch den ganzen Abend Zeit.«
    »Das sagst du immer«, behauptete Lilly. »Und dann klingelt dein Telefon, und du lässt Opa und mich alleine.«
    Christoph betrat die Küche, gefolgt von den Hunden. In der Hand hielt er eine Tüte, die er auf die Arbeitsplatte stellte, bevor er Pia einen Kuss gab.
    »Wo sie recht hat, hat sie recht.« Er grinste, inspizierte mit einem Blick die Zutaten, die Pia zurechtgelegt hatte und hob die Augenbrauen. »Salbeinudeln?«
    »Die hab ich mir gewünscht!«, rief Lilly. »Ich könnte für Salbeinudeln sterben! Opa hat nämlich Lammkotelett gekauft. Bäh!«
    »Wir werden schon einen Kompromiss finden«, lächelte Pia. »Nudeln und Lammkotelett passen auch ganz gut. Und vorher gibt’s eingelegte Zucchini und Auberginen.«
    »Und ganz vorher gibt’s Badewanne«, ergänzte Christoph.
    Lilly legte kritisch den Kopf schief.
    »Okay«, sagte sie nach kurzem Überlegen. »Aber nur, wenn Pia mitkommt.«
    »Abgemacht.« Pia verscheuchte alle Gedanken an die Arbeit. Die würde sie schon wieder früh genug einholen.
    *
    »Hallo, Mama.«
    Meike blieb am Fußende des Bettes stehen und zwang sich, in dem schwachen Lichtschein, den die Leselampe in der Beleuchtungsleiste über dem Bett spendete, das entstellte Gesicht ihrer Mutter zu betrachten. Die Schwellungen waren etwas zurückgegangen, aber die Blutergüsse sahen noch schlimmer aus als am Morgen.
    Wenigstens hatte man Hanna heute von der Intensiv auf eine normale Station verlegt, und vor der Tür saß der uniformierte Bulle, so, wie Kommissar Bodenstein es angekündigt hatte.
    »Hallo, Meike«, murmelte Hanna. »Nimm dir doch einen Stuhl und setz dich her.«
    Meike tat, wie ihr geheißen. Sie fühlte sich elend. Den ganzen Tag verfolgte sie der Vorwurf der Polizistin, sie sei schuld am Tod von Leonie Verges, weil sie diesen blöden Zettel zurückgehalten habe.
    Es gab dafür keine Entschuldigung oder Rechtfertigung, auch wenn sie sich eingeredet hatte, sie tue dies, um Hannas Recherche nicht zu gefährden. In Wirklichkeit war es ihr einfach egal gewesen.
    Hanna streckte die Hand aus und stieß einen Seufzer aus, als Meike sie zögernd ergriff.
    »Was ist passiert?«, fragte Hanna leise.
    Meike kämpfte mit sich. Heute Morgen hatte sie nichts von Leonie Verges’ Tod gesagt und jetzt wollte ihr das auch nicht über die Lippen kommen. Alles um sie herum schien zu zerbrechen, sich aufzulösen. Ein Mensch, den sie gekannt, mit dem sie gesprochen hatte, war tot. Qualvoll gestorben, während sie nur an sich und nicht an mögliche Konsequenzen für andere gedacht hatte. Ihr Leben lang hatte sie sich als Opfer gefühlt, ungerecht behandelt, ungeliebt. Sie hatte sich die Zuneigung anderer ertrotzen wollen, hatte sich aus Protest fett gefressen und mager gehungert, war boshaft, ungerecht und verletzend gewesen, alles in der verzweifelten Sucht nach Liebe und Aufmerksamkeit. Oft hatte sie ihrer Mutter Egoismus vorgeworfen, aber die eigentliche Egoistin war sie selbst, weil sie nur gefordert und verlangt hatte, statt zu geben. Nein, sie war kein liebenswertes Mädchen gewesen, nicht ohne Grund hatte sie nie eine beste Freundin oder gar einen Freund gehabt. Jemand, der sich selbst nicht mochte, konnte auch nicht erwarten, von anderen gemocht zu werden. Der einzige Mensch auf der Welt, der sie immer so akzeptiert hatte, wie sie war, war ausgerechnet ihre Mutter, die sie zu einem Feindbild hochstilisiert hatte, weil sie insgeheim neidisch auf sie war. Hanna war all das, was sie selbst so gern sein wollte, aber nie sein würde: selbstbewusst, schön, umschwärmt von Männern.
    »Es ist auch für dich nicht leicht, ich weiß«, murmelte Hanna undeutlich und drückte leicht Meikes Hand. »Schön, dass du da bist.«
    Die Tränen stiegen Meike in die Augen. Am liebsten hätte sie ihren Kopf in Hannas Schoß gelegt und geweint, weil sie sich so sehr für ihre Niedertracht und Gemeinheit schämte. Sie rief sich die Abscheulichkeiten, die sie ihrer Mutter gesagt und angetan hatte, ins Bewusstsein und wünschte, sie besäße wenigstens den Mumm für Reue und Aufrichtigkeit.
    Ich habe dein Auto zerkratzt und die Reifen plattgestochen, Mama, dachte sie. Ich habe in deinem Computer herumgeschnüffelt und den Zettel, den Kilian

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