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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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das Chaos zu bekommen. Innerhalb von Sekunden hatte sich die friedliche Idylle des festlich geschmückten Gartens in ein Schlachtfeld verwandelt. Rings um sie herum umarmten sich schluchzende, schockierte Menschen, die Musiker der Jazzband standen wie eingefroren mit ihren Instrumenten in der Hand auf dem Podest, Männer, Frauen und Kinder riefen in Panik nacheinander. Einer der Toten hing auf seinem Stuhl, die Beine überkreuzt, die Arme verschränkt, als würde er noch immer einer Rede lauschen, doch die Hälfte seines Kopfes fehlte – ein grauenhafter Anblick! Der andere Mann war zur Seite gekippt, er musste seinem Sitznachbarn direkt in den Schoß gesackt sein. Was für ein Horror! Pia blickte sich hilflos um. Oberstaatsanwalt Markus Maria Frey stand mitten in dem Durcheinander, schockstarr und schneeweiß im Gesicht, in der Hand hielt er eine Pistole und zu seinen Füßen lag die Dunkelhaarige in dem rosa Kleid. Eine weißhaarige Frau hatte sich über einen am Boden liegenden Mann geworfen, ob er tot war oder verletzt, konnte Pia nicht erkennen. Die Weißhaarige schrie wie eine Wahnsinnige, eine jüngere, dunkelhaarige Frau versuchte weinend, sie von ihm wegzuziehen. Pia erblickte Emma in der zweiten Reihe. Die Freundin saß reglos da mit schreckgeweiteten Augen. Das sonnengelbe Kleid, ihr Gesicht, ihre Arme und Haare waren über und über mit Blut bespritzt, und für einen Augenblick fürchtete Pia, sie sei tot. Neben Emma stand ein Kind und starrte mit leerem Blick auf die Toten, die direkt vor ihr saßen. Es war der Anblick des kleinen Mädchens, der Pia unvermittelt in die Realität katapultierte. Entschlossen stieß sie einen Stuhl zur Seite, packte Emma am Arm und zerrte sie hoch, dann schnappte sie rasch das Kind und trug es weg. Emma stolperte benommen hinter ihr her.
    »Was ist da passiert?«, fragte Pia, deren Knie vor Schreck noch immer ganz weich waren. Vorsichtig ließ sie das Kind herunter.
    »Die Frau … die Frau …«, stammelte Emma. »Plötzlich … plötzlich stand sie da und … und hat geschossen … überall war … war Blut … Ich habe gesehen, wie der Kopf von dem Mann vor mir zerplatzt ist wie … wie eine … Wassermelone.« Erst jetzt erwachte sie aus ihrem Schock, blickte ihre Tochter an, deren Rücken ebenfalls voller Blut war. »Oh mein Gott, Louisa! Oh Gott!«
    »Setz dich hin.« Pia war besorgt. Emma war hochschwanger! »Wo ist dein Mann?«
    »Ich … ich weiß nicht …« Emma sackte auf einen Stuhl und zog ihr Kind in die Arme. »Er … er hat neben mir gesessen und hatte Louisa auf dem Schoß …«
    Von ferne näherte sich Sirenengeheul, ein Hubschrauber kreiste über den Baumwipfeln. Wenig später rauschten zwei Streifenwagen durch den Park.
    Es widerstrebte Pia jedes Mal, Angehörigen von Mordopfern Fragen zu stellen, wenn sie noch unter dem Eindruck der Ereignisse standen, aber erfahrungsgemäß war es der beste Zeitpunkt, denn die Erinnerungen waren noch frisch und unverfälscht.
    »Kennst du die Frau?«, fragte sie deshalb.
    »Nein.« Emma schüttelte den Kopf. »Ich habe sie noch nie gesehen.«
    »Was genau hat sie getan?«
    »Sie … sie stand plötzlich da, wie aus dem Boden gewachsen«, erwiderte Emma, ihre Stimme zitterte. »Sie blieb vor meinem Schwiegervater stehen und sagte irgendetwas.«
    »Kannst du dich daran erinnern, was das war?« Pia zückte ihren Notizblock und kramte in ihrer Tasche nach einem Kugelschreiber. Das war für sie Routine, und es gab ihr ein wenig Sicherheit.
    Emma dachte angestrengt nach und streichelte mit mechanischen Bewegungen den Rücken ihrer Tochter, die sich an sie geschmiegt hatte und am Daumen lutschte.
    »Ja.« Sie hob den Kopf und blickte Pia an. » Freust du dich nicht, deine kleine Prinzessin wiederzusehen ? Genau das hat sie gesagt und dann hat sie … geschossen. Erst auf meinen Schwiegervater und dann sofort auf die beiden Männer, die neben ihm saßen. Das waren alte Freunde von ihm.«
    »Weißt du, wer die beiden waren? Kennst du ihre Namen?«
    »Ja. Hartmut Matern war der Patenonkel meines Mannes, der andere Mann hieß Dr. Richard Mehring.«
    Pia nickte und machte sich Notizen.
    »Kann ich in unsere Wohnung hochgehen?«, bat Emma. »Ich muss mich und Louisa umziehen.«
    »Ja, natürlich. Ich weiß ja, wo ich dich finde, wenn ich noch Fragen habe.«
    Sanitäter schoben die Rolltrage mit Emmas Schwiegervater in einen Rettungswagen, der nur ein paar Meter entfernt geparkt war. Die weißhaarige Frau von

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